Yoga und Religion

Yoga steht nicht in Konkurrenz zu irgendeiner Religion. Jeder Mensch kann Yoga praktizieren. Meine Schüler sind Katholiken, Protestanten, Juden und so weiter. Ich sage meinen Schülern nicht, dass sie ihre Religion aufgeben müssen. Wahre Spiritualität verlangt nicht, eine Religion aufzugeben. Wenn du bei deiner eigenen Religion bleibst und zugleich das spirituelle Leben praktizierst, wirst du fähig sein, dem Ziel sehr schnell entgegenzulaufen. Deine eigene Religion wird dir stets Vertrauen in das geben, was du tust. Andererseits wirst du vielleicht die Notwendigkeit verspüren, über die Religion hinauszugehen. In jedem Fall besteht dein Ziel darin, Gott zu verwirklichen, der alle Religionen verkörpert und zur gleichen Zeit über sie hinausgeht.

Für die Praxis der Spiritualität ist es unwesentlich, welcher Religion man angehört. Jede Religion hat ihre eigene Art und Weise, sich in Bezug auf den unbegrenzten Einen auszudrücken. Aber leider ist dieser Ausdruck selbst begrenzt. Eine Religion ist nur ein Haus und niemand kann behaupten, dass dieses Haus alles beinhaltet.

Ein echter spiritueller Sucher wird den tiefsten Respekt und die höchste Verehrung für alle Religionen besitzen. Jede Religion ist wie ein Zweig des Gottesbaumes. Wie können wir den Wert der Zweige bestreiten, wenn wir den Baum als unser eigen betrachten? Jede Religion ist auf ihre eigene Weise richtig, vollkommen richtig, doch wenn wir nach der höchsten Wahrheit streben und wenn wir einmal das spirituelle Leben annehmen, dann wird die Liebe zu Gott zu unserer einzigen Religion. Und wenn wir Gott lieben, dehnt sich alles in uns aus. Unsere Liebe zu Gott ist die ständige Ausdehnung unseres ganzen Wesens.

Das Problem mit der Religion ist, dass sie versucht, unsere Liebe zu Gott zu begrenzen. Die Religion sagt: „Nur wenn du Gott so liebst, wie ich Gott liebe, tust du das Richtige.“ Jede Religion wird sagen: „Liebe Gott, aber auf meine Art. Deine Gottesliebe wird nur vollkommen sein, wenn du in die Kirche, in den Tempel, in die Moschee kommst. Alle anderen Wege sind falsch.“

Doch Gottesliebe ist anders. Wenn ich Gott liebe, wird Gott zu mir sagen: „Warum sollen im Garten der Religionen nur Rosen wachsen? Es können ebenso auch andere Blumen da sein.“ Der eine Mensch wird die Rose bewundern und ein anderer wird eine andere Blume bewundern. Wir müssen Gott auf jede erdenkliche Art lieben – durch das, was wir sagen und tun, durch immerwährende Selbsthingabe auf jeder Stufe unseres Bewusstseins. Wir müssen Gott auf Gottes eigene Art und Weise lieben. Dann werden wir niemals in den religiösen Begrenzungen gefangen sein und werden auch nie versuchen, andere Menschen zu begrenzen.