Meditation: Fragen & Antworten

Aus dem Buch Meditation - Menschliche Vervollkommnung in göttlicher Erfüllung von Sri Chinmoy
1. Meditation: Die Sprache Gottes
2. Das Wichtigste zuerst: Wie beginnt man?
3. Stille im Verstand
4. Dein spirituelles Herz – das Heim des Friedens
5. Konzentration, Meditation & Kontemplation
6. Zwei Flügel zum Fliegen: Gebet und Meditation
7. Die Kraft der Mantren
8. Musik und Meditation: Klang und Stille
9. Empfänglichkeit: Sich dem Licht öffnen
10. Wie kann ich gut meditieren?
11. Die Freude bewahren
12. Deine tägliche Meditation: Nahrung für die Seele
13. Gib niemals auf!
14. Meditation: Die Lösung für praktische Probleme
15. Meditation in der Praxis: Der Dienst an anderen
16. Der Guru: Dein Privatlehrer
17. Meditation als Schüler Sri Chinmoys
18. Das Verstehen der inneren Erfahrungen
19. Samadhi: Die Höhe des göttlichen Bewusstseins
Wie meditiert man?
Sri Chinmoy: Es gibt zwei Wege, wie man meditieren kann. Ein Weg ist, den Verstand still zu machen. Ein gewöhnlicher Mensch denkt, dass er zum Narren wird, wenn er den Verstand zum Schweigen bringt. Er hat das Gefühl, dass der Verstand alles verloren hat, wenn er nicht denkt. Aber das trifft nicht auf das spirituelle Leben zu. Im spirituellen Leben sehen wir, dass eine neue Schöpfung, ein neues Versprechen an Gott in unserem Verstand dämmert, sobald wir ihn zur Ruhe bringen. Bis jetzt haben wir unser Versprechen an Gott nicht erfüllt; wir haben unsere Existenz nicht völlig Gott gewidmet. Wenn wir den Verstand still machen können, sind wir in der Lage, Gott zu erfreuen und zu erfüllen. Ein anderer Weg der Meditation ist, das Herz leer zu machen. Im Augenblick ist das Herz voller emotionaler Verwirrungen und Probleme, die durch das unreine Vitale verursacht werden und nun das Herz einhüllen. Das Herz ist ein Gefäß. Im Augenblick ist das Herz voller ungöttlicher Dinge, Dinge die uns begrenzen und binden. Wenn wir unser Herzensgefäß leeren können, gibt es jemanden, der es mit göttlichem Frieden, Licht und Wonne füllen wird; mit Dingen, die uns befreien werden. Wenn wir unser Herz von Unwissenheit befreien, wird Gottes Weisheitslicht kommen und es füllen.
Kann jemand meditieren, der nicht an Gott glaubt?
Sri Chinmoy: Wenn jemand nicht an Gott glaubt, kann er meditieren, doch er wird vielleicht nichts erreichen. Meditation ist der Weg, der zu Gott führt. Wenn du nicht an Gott glaubst, wirst du natürlich auch nicht diesem Weg folgen.
Ist Meditation die höchste Wirklichkeit?
Sri Chinmoy: Man kann sagen, dass Meditation für einen Anfänger die höchste Wirklichkeit ist. Aber wenn man zum fortgeschrittenen Sucher wird, weiß man, dass Meditation nur zur höchsten Wirklichkeit führt. Wenn jemand in Unwissenheit gelebt hat, wenn er noch nie in seinem ganzen Leben auch nur eine Minute lang gebetet oder meditiert hat, dann ist Meditation natürlich die höchste Wirklichkeit, die sein Bewusstsein erreichen kann. Aber wenn man ein paar Jahre lang Meditation geübt hat, weiß man, dass Meditation selbst nicht die höchste Wirklichkeit ist. Die höchste Wirklichkeit ist etwas, das man erreicht oder zu dem man wird, indem man dem Weg der Meditation folgt.
Ändert sich der Schwerpunkt der Meditation, wenn sich eine Person spirituell entwickelt und die Verwirklichung erreicht?
Sri Chinmoy: Nachdem man die Verwirklichung erreicht hat, braucht man nicht mehr auf die Art und Weise zu meditieren, wie ein Sucher meditiert. Wenn jemand die Verwirklichung erlangt hat, was Einssein mit dem Supreme bedeutet, dann befindet er sich ständig in Meditation. Wenn ein Sucher Gott verwirklicht hat, muss er nicht mehr meditieren, um etwas zu erreichen oder um über etwas hinauszugehen. Er meditiert, um Frieden, Licht und Wonne für die Menschheit herabzubringen oder um das Bewusstsein anderer zu erwecken.
Ich möchte in meinem Leben mehr Freude haben, doch ich fühle mich nicht sicher genug, mit der Meditation zu beginnen, um diese Freude zu erhalten.
Sri Chinmoy: Wenn du am Leben nicht genug Freude hast, du aber fühlst, dass du mehr Freude brauchst, bedeutet das, dass du spirituell hungrig bist. Wenn du spirituell hungrig bist, möchtest du spirituelle Nahrung essen. Wenn du nicht hungrig bist, möchtest du nichts essen. Fünfzehn oder zwanzig Jahre lang hast du dich nicht aufrichtig oder intensiv um das spirituelle Leben gekümmert. Deshalb wirst du, wenn du auf einmal in das Meer der Spiritualität springen möchtest, nicht fähig sein zu schwimmen. Du kannst deine Natur nicht über Nacht ändern. Es muss langsam und stetig geschehen. Zuerst bewegst du dich im Wasser und allmählich lernst du, wie man schwimmt. Schließlich kommt die Zeit, wo du gut schwimmen kannst. Da du inneren Hunger verspürst, heißt das, dass du bereit bist, Schwimmen zu lernen.
Müssen wir notwendigerweise zu Hause meditieren oder spielt es keine Rolle, wo wir meditieren?
Sri Chinmoy: Im Moment bist du noch ein Anfänger. Du kannst nur dann gut meditieren, wenn du alleine in deinem Zimmer vor deinem Altar sitzt oder hier im Meditationszentrum bist. Wenn du versuchst, beim Autofahren, beim Gehen oder in der U-Bahn zu meditieren, wird es dir nicht gelingen, sehr tief zu gehen. Es ist aber auch nicht genug, einfach vor deinem Altar zu sitzen. Während du vor deinem Altar sitzt, musst du in deinem Herzen einen inneren Altar fühlen; ansonsten wirst du keine zufriedenstellende Meditation haben. Beim Meditieren solltest du immer ins Herz gehen, wo du den lebenden Altar Gottes sehen und fühlen kannst. Vor deinem inneren Altar bist du sicher und geschützt. Du wirst dort von den göttlichen Kräften beschützt. Wenn du vor diesem inneren Altar meditieren kannst, dann machst du zweifellos den schnellsten Fortschritt, denn dort wirst du auf keinen Widerstand stoßen. Wenn du mehrere Jahre lang mit großer Aufrichtigkeit meditiert und eine gewisse innere Stärke entwickelt hast, wirst du überall meditieren können. Selbst wenn du an der U-Bahnstation stehst oder die Straße entlang gehst, wird dich das nicht stören. Mit der Zeit musst du lernen, dich in der höchsten Meditation zu befinden und dir gleichzeitig bewusst zu sein, was sich auf der irdischen Ebene ereignet.
Während der Meditation oder des Gebets konzentrieren sich manche Leute auf bestimmte Gegenstände wie Fotografien oder andere Dinge. Ist es für sie ratsam, an diesen Dingen zu haften oder wäre es weiser, auf etwas zu meditieren, das formlos ist, das man nicht sehen kann?
Sri Chinmoy: Wenn du auf etwas meditierst, betest du nicht einen speziellen Gegenstand als Gott an. Du erhältst von diesem Gegenstand nur Inspiration. Wenn ich auf eine Kerze schaue und die Flamme sehe, betrachte ich die Flamme nicht als Gott. Ich betrachte die Flamme als eine Quelle der Inspiration. Die Flamme inspiriert mich und verstärkt mein inneres Streben, mit einem glühenden inneren Schrei emporzusteigen. Während ich meditiere, kann ich eine Blume vor mich stellen. Diese Blume ist nicht Gott, obwohl Gott in der Blume ist. Doch die Blume inspiriert mich und schenkt mir Reinheit. Ich kann Räucherstäbchen anzünden. Die Räucherstäbchen stellen für mich nicht Gott dar, doch der Duft der Räucherstäbchen gibt mir ein Gefühl von Reinheit und hilft mir bei meinem spirituellen Fortschritt. Ich werde alles benützen, was mich inspiriert, um mein inneres Streben zu vergrößern, egal, ob es ein Bild, eine Kerze oder eine Blume ist. Denn wenn meine Inspiration und mein Streben wachsen, spüre ich, dass ich einen weiteren Schritt in Richtung meines Zieles getan habe. Die Kerze, das Bild oder die Blume selbst sind jedoch nicht Gegenstand meiner Verehrung.
Wenn wir schließlich Gott verwirklichen, werden diese Dinge dann wegfallen?
Sri Chinmoy: Wenn wir zum Experten in unserem strebenden Leben werden, dann wird keine äußere Form bestehen bleiben. Wir werden mit dem Formlosen eins werden. Doch am Anfang ist es notwendig, sich Gott durch die Form zu nähern. Am Anfang liest ein Kind laut. Es muss seine Eltern überzeugen, und es muss sich selbst überzeugen, dass es die Worte lesen kann. Wenn es nicht laut liest, glaubt es, dass es überhaupt nicht liest. Sobald es jedoch erfahrener wird, liest es leise. Zu diesem Zeitpunkt wissen das Kind und seine Eltern, dass es wirklich lesen kann, und deshalb kann die äußere Form wegfallen. Diese äußere Form ist jedoch im Vorbereitungsstadium des Suchers von größter Wichtigkeit. Sie wird schließlich wegfallen, wenn keine Notwendigkeit mehr dafür besteht.
Kann man unmittelbar nach dem Essen meditieren, oder ist es besser zu fasten?
Sri Chinmoy: Es ist nicht gut, wenn man unmittelbar nach einer großen Mahlzeit meditiert. Der Körper besitzt Tausende von subtilen spirituellen Nerven. Diese Nerven werden nach einer großen Mahlzeit schwer und erlauben dir dann nicht, die höchste Meditation zu haben. Der Körper wird schwer sein, das Bewusstsein wird schwer sein, die Nerven werden schwer sein und deine Meditation wird nutzlos sein. Wenn du richtig meditierst, spürst du, dass deine gesamte Existenz wie ein Vogel sehr, sehr hoch fliegt. Doch wenn dein Bewusstsein schwer wird, sinkst du sofort ab. Es ist daher immer ratsam, mit leerem Magen zu meditieren. Zwischen deiner Mahlzeit und dem Zeitpunkt, wo du dich hinsetzt und meditierst, sollten mindestens zwei Stunden vergehen. Wenn du jedoch beim Meditieren von Hunger gequält wirst, wird deine Meditation auch nicht zufriedenstellend sein. Wie ein Äffchen wird dich dein Hunger ständig belästigen. Du musst das Äffchen füttern, um es für ein paar Minuten ruhig zu halten. Ich würde dir in diesem Fall raten, vor deiner Meditation einfach ein Glas Milch oder Fruchtsaft zu trinken. Dies wird deine Meditation nicht ruinieren. Richtiges Fasten jedoch ist keineswegs notwendig, um gut zu meditieren. Durch Fasten kannst du dich bis zu einem gewissen Grad reinigen. Wenn du willst, kannst du einmal im Monat einen Tag lang fasten, um dein Wesen von äußeren Aggressionen und Begehren zu reinigen. Doch wenn du jeden Tag fastest, dann näherst du dich eher dem Tod als Gott. Fasten ist nicht die Antwort. Die Antwort ist ständiges, seelenvolles Meditieren, uneingeschränkte Liebe zu Gott und bedingungslose Hingabe an Gott.
Ist es notwendig vegetarisch zu leben, wenn man ein spirituelles Leben führen will?
Sri Chinmoy: Die vegetarische Lebensweise spielt im spirituellen Leben eine wichtige Rolle. Für den Strebenden ist Reinheit von größter Wichtigkeit. Wir müssen diese Reinheit im physischen, vitalen und mentalen Bereich fest verankern. Wenn wir Fleisch essen, dringt das aggressive tierische Bewusstsein in uns ein. Unsere Nerven werden erregt und rastlos. Das kann unsere Meditation stören. Wenn ein Sucher nicht aufhört, Fleisch zu essen, wird er normalerweise keine subtilen Erfahrungen, subtilen Visionen oder subtilen Verwirklichungen haben. Es gab eine Zeit, zu der das tierische Bewusstsein für die Bewegung notwendig war. Tiere sind von Natur aus aggressiv, doch zugleich ist hier im Tierbewusstsein ein dynamischer Vorwärtsdrang enthalten. Wenn wir keine tierischen Eigenschaften gehabt hätten, wären wir träge geblieben wie die Bäume oder wir wären im Steinbewusstsein verharrt, in welchem es keine Bewegung, keine Aktivität gibt. Doch leider enthält das tierische Bewusstsein auch viele unerleuchtete und zerstörerische Eigenschaften. Jetzt, da wir das spirituelle Leben beginnen, hat das Tierische seine Rolle gespielt. Vom tierischen Bewusstsein sind wir zum menschlichen Bewusstsein gekommen und nun versuchen wir zum göttlichen Bewusstsein zu gelangen. Die milden Eigenschaften von Früchten und Gemüse helfen uns, sowohl in unserem inneren Leben als auch in unserem äußeren Leben, die Eigenschaften von Güte, Wärme, Einfachheit und Reinheit zu festigen. Vegetarier zu sein hilft uns also, unser inneres Wesen in seiner eigenen Existenz zu stärken. Innerlich beten und meditieren wir; äußerlich hilft uns die Nahrung der Mutter Erde ebenfalls, indem sie uns nicht nur Energie, sondern auch Strebsamkeit schenkt. Manche Leute glauben, Fleisch gebe ihnen Kraft. Doch wenn sie tief in sich gehen, entdecken sie, dass es ihre eigene Vorstellung vom Fleisch ist, die ihnen Kraft gibt. Man kann diese Vorstellung ändern und fühlen, dass nicht Fleisch uns Kraft gibt, sondern die spirituelle Energie, die den Körper durchdringt. Diese Energie kommt sowohl von der Meditation als auch von richtiger Ernährung. Die Kraft, die man vom spirituellen Streben und der Meditation erhalten kann, ist unendlich viel stärker als die Kraft, die man vom Fleisch bekommt. Viele spirituelle Sucher sind zur Erkenntnis gelangt, dass sie als Vegetarier im spirituellen Leben schnelleren Fortschritt machen können. Doch zusammen mit der vegetarischen Ernährung muss man beten und meditieren. Sobald man inneres Streben besitzt, wird die vegetarische Ernährung beträchtlich helfen; die Reinheit des Körpers wird dem inneren Streben helfen, intensiver und seelenvoller zu werden. Andererseits heißt es nicht, dass man Gott nicht verwirklichen wird, wenn man kein Vegetarier ist.
Ich habe erst mit der Meditation begonnen und kann meine Gedanken noch nicht beherrschen. Wie kann ich eine erfolgreiche Meditation haben?
Sri Chinmoy: Wenn du ein Anfänger bist, solltest du nur göttlichen Gedanken erlauben, in dich einzutreten. Besser wäre es, während der Meditation überhaupt keine Gedanken zu haben, doch zu Beginn ist es fast unmöglich, den Verstand von Gedanken frei zu halten. Du kannst deshalb damit anfangen, gute Gedanken zu haben: "Ich möchte gut sein, ich möchte spiritueller sein, ich möchte Gott mehr lieben, ich möchte nur für Ihn existieren." Lasse diese Ideen in dir wachsen. Beginne mit einer oder mit zwei göttlichen Ideen: "Heute möchte ich ganz rein sein. Ich werde keinem schlechten Gedanken, sondern nur dem Frieden erlauben, in mich einzutreten." Wenn du einem göttlichen Gedanken erlaubst, in dir zu wachsen, wirst du sofort sehen, dass sich dein Bewusstsein zum Positiven hinwendet. Beginne mit göttlichen Ideen: "Heute möchte ich mich als wirkliches Kind Gottes fühlen." Dies wird nicht nur ein bloßes Gefühl, sondern eine tatsächliche Wirklichkeit sein. Fühle, dass die Jungfrau Maria das Jesuskind hält. Fühle nun, dass die göttliche Mutter dich wie ein Kind im Arm hält. Fühle dann: "Ich möchte wirklich Weisheitslicht haben. Ich möchte mit meinem Vater gehen. Wohin Er auch geht, ich werde mit Ihm gehen. Ich werde Licht von Ihm bekommen." Manche Leute haben keine solchen Ideen. Sie erhalten keine kreativen Gedanken oder Ideen. Es herrscht nur Leere. Du fragst vielleicht, was ist besser - viele dumme Botschaften im Verstand zu haben oder überhaupt keine. Doch es gibt eine negative, unbewusste Art der Meditation, die kein Leben in sich birgt. Das ist nicht der stille Verstand. Eine solche Meditation ist nicht produktiv. In wirklicher Meditation ist der Verstand still, doch gleichzeitig ist er bewusst.
Wäre es am besten, wenn man während der Meditation alle Gedanken von sich weist?
Sri Chinmoy: Es ist am besten, wenn man keinen Gedanken in sich eindringen lässt, egal ob es nun ein guter oder ein schlechter Gedanke ist. Es ist so, als ob du in deinem Zimmer bist und jemand an deine Türe klopft. Du hast keine Ahnung, ob es ein Feind oder ein Freund ist. Göttliche Gedanken sind deine wahren Freunde, und ungöttliche Gedanken sind deine Feinde. Du möchtest deinen Freunden gerne erlauben einzutreten, aber du weißt nicht, wer deine Freunde sind. Und selbst wenn du weißt, wer dein Freund ist, siehst du vielleicht beim Öffnen der Tür, dass deine Feinde auch da sind. Bevor deine Freunde die Schwelle überschreiten können, werden deine Feinde eintreten. Es ist auch möglich, dass du keine ungöttlichen Gedanken siehst, doch während die göttlichen Gedanken kommen, werden sich die ungöttlichen Gedanken wie Diebe einschleichen und fürchterliche Verwirrung stiften. Wenn sie einmal da sind, ist es sehr schwierig, sie wieder fortzujagen. Dazu brauchst du die Kraft solider spiritueller Disziplin. Fünfzehn Minuten lang hegst du vielleicht spirituelle Gedanken, und dann kommt plötzlich ein ungöttlicher Gedanke, und deine Meditation ist ruiniert. Es ist deshalb am besten, während der Meditation keinem Gedanken zu erlauben, in dich einzudringen. Halte einfach die Türe von innen verschlossen. Deine wirklichen Freunde werden nicht weggehen. Sie denken sich: "Heute stimmt etwas nicht mit ihm. Normalerweise ist er so nett zu uns. Es muss einen bestimmten Grund geben, weshalb er die Tür nicht öffnet." Sie haben mitfühlendes Einssein und warten unbegrenzte Zeit. Doch deine Feinde warten nur ein paar Minuten. Dann verlieren sie die Geduld und sagen: "Es ist unter unserer Würde, unsere Zeit hier zu verschwenden." Diese Feinde haben ihren Stolz. Sie sagen sich: "Was macht das schon? Wer braucht ihn? Lasst uns gehen und jemand anderen angreifen." Wenn du einem Äffchen keine Aufmerksamkeit schenkst, wird es schließlich weggehen und jemand anderen beißen. Doch deine Freunde sagen: "Nein, wir brauchen ihn, und er braucht uns. Wir warten unbegrenzte Zeit auf ihn." Nach einigen Minuten werden deine Feinde weggehen. Dann kannst du die Tür öffnen: deine liebsten Freunde warten dort auf dich. Wenn du regelmäßig und ergeben meditierst, dann wirst du nach einiger Zeit innerlich stark. Du wirst fähig, nur göttliche Gedanken hereinzulassen und die ungöttlichen Gedanken zu verjagen. Wenn du einen Gedanken voll göttlicher Liebe, göttlichen Friedens oder göttlicher Kraft bekommst, dann wirst du diesem Gedanken erlauben, in dich einzutreten und sich in dir auszudehnen. Du wirst ihn im Garten deines Verstandes spielen und wachsen lassen. Während der Gedanke spielt und während du mit dem Gedanken spielst, wirst du sehen, dass du in ihn hineinwächst. Jeder göttliche Gedanke, den du hereinlässt, wird eine neue und erfüllende Welt für dich erschaffen und dein gesamtes Wesen mit Göttlichkeit erfüllen. Nach einigen Jahren der Meditation wirst du ausreichend innere Stärke besitzen, um selbst schlechte Gedanken hereinzulassen. Wenn ein schlechter Gedanke in deinen Verstand eindringt, wirst du ihn nicht zurückweisen; du wirst ihn umwandeln. Wenn ein ungöttlicher Gedanke an deine Türe klopft, dann kannst du ihm die Tür öffnen, sofern du genug Kraft hast ihn zu zwingen, sich anständig zu benehmen. Mit der Zeit musst du die Herausforderung annehmen und diese falschen Gedanken besiegen, sonst werden sie immer wieder zu dir zurückkommen und dich belästigen. Du musst dich wie ein göttlicher Töpfer verhalten. Wenn sich der Töpfer davor fürchtet, den Ton zu berühren, dann wird der Ton immer Ton bleiben, und der Töpfer wird nicht in der Lage sein, der Welt etwas anzubieten. Aber wenn der Töpfer keine Angst hat, dann kann er den Ton zu etwas Schönem und Nützlichem formen. Es ist deine Pflicht, ungöttliche Gedanken umzuformen, aber erst, wenn du in der Lage bist, es gefahrlos zu tun.
Wie geht man am besten mit ungöttlichen Gedanken um, die während der Meditation kommen?
Sri Chinmoy: Sobald ein schlechter oder falscher Gedanke in deinen Verstand eindringt, musst du dein inneres Streben gebrauchen, um ihn abzuweisen, denn während der Meditation ist alles sehr intensiv. Wenn du sprichst oder irgendetwas Gewöhnliches machst, dann kannst du jede Art von Gedanken haben, denn dann sind deine Gedanken nicht intensiv. Doch wenn während der Meditation ein negativer Gedanke kommt, dann verstärkt die Kraft deiner Meditation diesen Gedanken, intensiviert ihn. Sobald dein Verstand während der Meditation selbstnachgiebigen Gedanken freien Lauf lässt, wird dein spirituelles Leben geschwächt. Wenn ein guter Gedanke kommt, versuche, ihn so weit wie möglich auszudehnen. Wenn die guten Gedanken auf einem niedrigen Niveau sind, kannst du versuchen, sie auf ein höheres Niveau zu heben. Doch wenn du einen schlechten Gedanken hast, versuche, ihn sofort abzuschneiden. Wie macht man das? Wenn der Gedanke, der dich angreift, aus der äußeren Welt kommt, dann versuche den Willen deiner Seele aus deinem Herzen hervorzubringen und ihn unmittelbar vor deine Stirn zu projizieren. Sobald der Gedanke, der in dich eintreten will, den Willen deiner Seele sieht, wird er unweigerlich verschwinden. Ärgere dich nicht, wenn du die innere Fähigkeit nicht hast, dies zu tun. Wenn während der Meditation falsche Gedanken auftauchen, hat der Sucher manchmal das Gefühl, die Macht dieses falschen Gedankens sei so groß, dass all sein Bemühen vergeblich gewesen sei, auch wenn er zwei oder drei Stunden lang meditiert hat. Ein einziger gewöhnlicher oder falscher Gedanke taucht auf, und er fühlt, er habe alles verloren. Das ist lächerlich. Solange du deinem Verstand nicht erlaubst, auf diese Gedanken einzugehen, solltest du den falschen Gedanken in diesem Augenblick keine Aufmerksamkeit schenken. Wenn während der Meditation emotionale Gedanken, niedere vitale Gedanken oder sexuelle Gedanken kommen und du sie nicht von dir fernhalten oder hinauswerfen kannst, dann versuche zu fühlen, dass diese Gedanken so bedeutungslos wie Ameisen sind. Schenke ihnen einfach keine Aufmerksamkeit. Wenn du spüren kannst, dass die spirituelle Kraft, die du von deiner Meditation erhalten hast, unendlich viel stärker ist als die Kraft des falschen Gedankens, dann kann dieser falsche Gedanke deine meditative Kraft nicht für seine eigenen Zwecke missbrauchen. Doch es kommt häufig vor, dass der Sucher große Angst vor diesen Gedanken bekommt und sich an ihnen festklammert. Auch wenn du nur über sie nachdenkst oder dich vor ihnen fürchtest, gibst du ihnen Lebenskraft. Es ist wahr, dass falsche Gedanken während der Meditation an Intensität gewinnen. Aber du kannst leicht gute Gedanken hervorbringen, die unendlich viel stärker sind. Wenn während deiner Meditation falsche Gedanken kommen, versuche sofort, dir eine deiner angenehmsten oder höchsten göttlichen Erfahrungen in Erinnerung zu rufen. Gehe in deine eigene Erfahrung hinein, die du vor zwei Tagen oder vor zwanzig Jahren hattest, und versuche, sie in dein mentales Bewusstsein zu bringen. Du wirst sehen, dass der Gedanke der niederen Ebene dich unweigerlich verlässt, sobald du dich völlig in deine eigene Erfahrung vertiefst, denn hier wird sich die höchste, tiefste und reinste Freude in deinem Bewusstsein ausbreiten. Göttliche Freude ist unendlich viel mächtiger als Begehren. Die Nektar-Wonne deiner eigenen spirituellen Erfahrung ist unendlich viel mächtiger als deine niederen vitalen Kräfte. Auf diese Weise kannst du das Problem lösen, ohne deine Meditation abzubrechen. Falsche Gedanken kommen, um dich anzugreifen und deine göttlichen Gefühle, göttlichen Gedanken und deine göttliche Kraft hinwegzunehmen. Doch wenn du deine gesamte Aufmerksamkeit auf göttliche Gedanken richtest und dich selbst nur göttlichen Gefühlen öffnest, dann gehen in vielen Fällen die falschen Gedanken von selbst weg. Sie sagen sich: "Er kümmert sich nicht um uns. Das ist nicht der richtige Ort für uns." Auch falsche Gedanken haben ihren Stolz; sie sind schrecklich eifersüchtig auf die göttlichen Gedanken. Sie machen sich nichts aus uns, wenn wir uns nicht um sie kümmern. Bis jetzt habe ich über die Gedanken gesprochen, die von außen kommen. Doch manchmal entstehen ungöttliche Gedanken im Inneren. Am Anfang ist es schwierig, Gedanken, die von außen kommen, von Gedanken zu unterscheiden, die von innen her entstehen. Doch mit der Zeit wirst du den Unterschied erkennen können. Die Gedanken, die von außen kommen, können schneller abgewehrt werden als die Gedanken, die dich von innen her angreifen. Wenn ein völlig unreiner und unerleuchteter Gedanke von innen her entsteht, dann kannst du zweierlei tun. Du kannst versuchen zu spüren, dass oben in deinem Kopf ein Loch ist. Dann lasse diesen Gedanken hinausfließen - wie einen Fluss, der nur in eine Richtung fließt und nicht zurück. Dann ist er weg, und du bist von ihm befreit. Die andere Methode besteht darin, sich als grenzenloser Ozean zu fühlen, der völlig ruhig und still ist und wo dieser Gedanke wie ein Fisch an der Oberfläche schwimmt. Dem Ozean ist das Kräuseln, das der Fisch verursacht, gleichgültig.
Weshalb werde ich ständig von Gedanken belästigt?
Sri Chinmoy: Du wirst deshalb ständig von Gedanken belästigt, weil du versuchst in deinem Verstand zu meditieren. Es ist die ureigenste Natur des Verstandes, Gedanken willkommen zu heißen, seien es gute Gedanken, schlechte Gedanken, göttliche Gedanken oder ungöttliche Gedanken. Wenn du versuchst den Verstand mit deinem menschlichen Willen zu beherrschen, dann ist es, als wenn du ein Äffchen oder eine Fliege bitten würdest, dich nicht zu belästigen. Es liegt in der Natur eines Äffchens zu beißen und zu kneifen und es liegt in der Natur einer Fliege, Leute zu belästigen. Der Verstand braucht eine höhere Kraft, um ruhig gehalten zu werden. Diese höhere Kraft ist die Kraft der Seele. Du musst das Licht der Seele aus dem Inneren deines Herzens zum Vorschein bringen. Du besitzt zwei Räume: den Herzensraum und den Verstandesraum. Im Augenblick ist der Verstandesraum dunkel, unerleuchtet und unrein; er wehrt sich dagegen, Licht hereinzulassen. Doch der Herzensraum ist immer offen für das Licht, denn in ihm wohnt die Seele. Wenn du dich statt auf den Verstand auf die Wirklichkeit in deinem Herzen konzentrierst und darauf meditieren kannst, dann wird diese Wirklichkeit zum Vorschein kommen. Wenn du dich die ganze Zeit im Verstandesraum aufhältst, mit der Hoffnung, dass er von innen her erleuchtet wird, dann verschwendest du deine Zeit. Um eine Kerze anzuzünden, muss ich eine Flamme verwenden, die bereits brennt, die bereits leuchtet. Glücklicherweise ist der Herzensraum bereits erleuchtet. Wenn du einmal im Herzen fest verankert bist, wenn du erfüllt bist vom Licht der Seele, kannst du in deinen Verstandesraum gehen und den Verstand erleuchten. Doch zuerst musst du das Licht der Seele hervorbringen, das im Herzen am kraftvollsten verfügbar ist. Das Licht der Seele wird den Verstand weder quälen noch bestrafen. Im Gegenteil, es wird sich wie eine liebevolle Mutter benehmen, die fühlt, dass die Unvollkommenheiten ihres Kindes ihre eigenen Unvollkommenheiten sind. Das Herz wird dem Verstand sein Licht geben und versuchen, die Natur des Verstandes zu verwandeln.
Während der Meditation versuche ich, meinen Verstand im Zaum zu halten, so dass er nicht ständig umherwandert. Doch ich habe sehr wenig Erfolg.
Sri Chinmoy: Du benutzt nicht die Fähigkeit deines Herzens; du benutzt nur die Kraft deines Verstandes. Wenn ich mich auf dich konzentriere, sehe ich sehr oft, dass sich dein Verstand wie ein Rad dreht. Wenn sich der Verstand dreht, dann ist es für den Supreme sehr schwierig, in deinem Verstand zu wirken. Doch wenn dein Herz auch nur eine Sekunde lang strebt, dann öffnet der Supreme die Türe und kommt herein. Fühle bitte von nun an, dass du überhaupt keinen Verstand besitzt. Wenn du fühlst, dass du keinen Verstand hast, dann bist du noch lange kein Wilder oder ein Tier. Nein! Der menschliche Verstand ist nicht notwendig, denn du hast ein höheres Instrument: das Herz. Auch wenn du nicht betest oder meditierst, wird sich dein Bewusstsein heben, wenn du fünf Minuten lang in deinem Herzen bleiben kannst. Das Herz ist wie ein Brunnen von Frieden, Freude und Liebe. Du kannst am Rande des Brunnens sitzen und dich an ihm erfreuen. Es ist nicht nötig, für dieses und jenes zu Gott zu beten, denn Du wirst von diesem Brunnen alles bekommen, was du möchtest, und unendlich viel mehr. Doch du wirst es auf Gottes eigene Weise erhalten. Wenn du Gott gefällst, indem du immer in der Gegenwart dieses Brunnens bleibst, dann werden sich deine Wünsche auf eine höchst lichtvolle Weise erfüllen. Vielleicht sind es dieselben Wünsche, die du immer gehegt hast, doch sie werden auf einem sehr hohen Niveau von großer Helligkeit berührt. Bevor Er sie erfüllt, wird der Supreme jeden dieser Wünsche durch Sein Licht in spirituelles Streben umwandeln.
Ist es besser, während der Meditation ein Geräusch in die Meditation einzubeziehen, oder sollte man versuchen, sich diesem zu verschließen und mit der Meditation fortzufahren?
Sri Chinmoy: Jeder Sucher muss das Niveau seiner Meditation selbst kennen. Wenn du am Anfang stehst, dann solltest du alles, was nicht zur Meditation gehört, als einen Eindringling betrachten, und du solltest keinem Eindringling erlauben, in dich einzutreten und dich zu stören. Wenn du jedoch weit fortgeschritten bist und während deiner Meditation irgendeinen störenden Lärm oder ein störendes Geräusch hörst, dann kannst du tief in dieses Geräusch eindringen und versuchen, es zu assimilieren. Wenn du die Fähigkeit hast, dann kannst du in deinem eigenen Bewusstsein den Angriff eines mächtigen und herausfordernden fremden Elements in innere Musik verwandeln, die dir bei deiner Meditation wirklich helfen wird.
Wenn während der Meditation in unserem Verstand eine Inspiration auftaucht, sollten wir dieser Inspiration folgen oder sollten wir im Herzen bleiben?
Sri Chinmoy: Sobald du eine positive Idee erhältst, solltest du diese Idee als einen Segen des Supreme betrachten. Doch du solltest darauf achten, welcher Art diese Inspiration ist. Wenn es eine lichtvolle Inspiration ist, dann solltest du ihr folgen. Wenn es eine kreative Inspiration ist und du etwas wirklich Gutes tun willst, folge ihr. Du solltest allen kreativen Gedanken, allem, was dir ein höheres Ziel schenkt, folgen. Wenn eine bestimmte Inspiration etwas Neues in dein Leben bringt und dein Leben verwandeln kann, dann solltest du dieser Inspiration folgen. Du glaubst vielleicht, Inspiration gebe es nur im Verstand, während es inneres Streben nur im Herzen gebe. Doch inneres Streben kann auch im Verstand sein, und Inspiration kann auch im Herzen sein. Inspiration kann zum inneren Streben kommen und umgekehrt. Doch es muss eine sehr hohe Art von Inspiration sein, sonst hilft sie dir überhaupt nicht. Wenn du bei deiner Meditation daran denkst, köstliche Kekse zu backen, ist diese Art der Inspiration verschwendete Zeit. Wenn es eine lichtvolle Inspiration ist, dann betrachte diese schöpferischen Ideen als deinen eigenen Fortschritt. Wenn du diese schöpferischen Ideen erhältst, dann solltest du wissen, dass sie Schöpfungen aus anderen Welten sind, die sich auf der physischen Ebene manifestieren möchten. Wenn die Meditation vorbei ist, solltest du diese Ideen aufschreiben. Danach kannst du an ihnen arbeiten.
Ist es falsch, während der Meditation etwas Bestimmtes zu erwarten?
Sri Chinmoy: Versuche während der Meditation einfach, deine innere und äußere Existenz in den Supreme zu werfen. Du brauchst an nichts zu denken; wirf dich einfach in das Meer von Licht, Frieden, Wonne und Kraft. Erwarte jedoch keine bestimmte göttliche Qualität oder ein bestimmtes Ergebnis, da du dich selbst und Gott damit bindest. Der Grund dafür liegt darin, dass die menschliche Erwartung sehr begrenzt ist. Wenn du etwas erwartest, dann ist sofort der menschliche Verstand tätig und deine Empfänglichkeit wird sehr begrenzt. Wenn du jedoch nichts erwartest, dann wird das Problem der Empfänglichkeit Gottes Problem. Es ist dann Seine Aufgabe, dir alles, was Er hat, in grenzenlosem Maße zu geben und gleichzeitig Empfänglichkeit in dir zu schaffen, damit du empfangen kannst, was Er dir anbietet. Die höchste Art der Meditation erfolgt in Stille, mit dem einen Ziel: Gott auf Gottes eigene Weise zu gefallen. Wenn du meditieren und fühlen kannst, dass du Gott auf Gottes eigene Weise zufriedenstellst, dann ist dies die beste Art der Meditation. Wenn du jedoch meditierst, um Freude zu bekommen, wirst du auch Freude bekommen; doch sie wird nicht grenzenlos sein, da du Gott, deinen ewigen Geliebten, nicht auf Seine eigene Weise zufriedengestellt hast. Was Jesus Christus sagte, ist die allerhöchste Wahrheit: "Lass Deinen Willen geschehen." Wenn du, bevor du meditierst, das Ergebnis deiner Meditation deinem Ursprung darbringen kannst und sagst: "Ich möchte Dein vollkommenes Instrument werden, so dass Du Dich in mir und durch mich auf Deine eigene Weise erfüllen kannst," dann ist dies die höchste, vollkommen höchste Art der Meditation.
Ich möchte gerne wissen, wie man während der Meditation das spirituelle Herz erreichen kann.
Sri Chinmoy: Das spirituelle Herz befindet sich inmitten deiner Brust. Wenn du intensiv strebst, kannst du das spirituelle Herz spüren, und du kannst es auch mit dem dritten Auge sehen. Wenn du es schwierig findest, auf das spirituelle Herz zu meditieren, dann kannst du dich auf das physische Herz in der Brust konzentrieren. Doch nachdem du dort ein paar Monate lang oder ein Jahr lang meditiert hast, wirst du spüren, dass innerhalb des gewöhnlichen menschlichen Herzens ein göttliches Herz existiert, und dass sich in diesem göttlichen Herzen die Seele befindet. Wenn du das spürst, dann beginnst du, auf das spirituelle Herz zu meditieren. Um das spirituelle Herz zu erreichen, musst du fühlen, dass du keinen Verstand hast, keine Arme, keine Beine; du hast nur das Herz. Dann musst du fühlen, dass du nicht das Herz hast, sondern dass du das Herz bist. Wenn du fühlen kannst, dass du das Herz bist und nichts anderes, dann wirst du dein spirituelles Herz während deiner Meditation leicht erreichen können.
Ich finde es sehr schwierig, den Verstand zu verlassen und in das Herz einzudringen. Was soll ich tun?
Sri Chinmoy: Wirf deinen Verstand einfach ins Herz. Du denkst vielleicht: "Wie kann ich existieren, wenn ich meinen Verstand wegwerfe? Ich werde ja zu einem Idioten!" Doch der Verstand, den du brauchst, um mit den Leuten zu sprechen, der Verstand, den du brauchst, um Informationen zu erwerben, der Verstand, den du brauchst, um auf der Erde zu existieren, kann dich auch nicht einen Millimeter näher zur Gottverwirklichung bringen. Dieser Verstand ist lahm. Er ist blind. Er ist taub. Versuche einfach zu fühlen, dass deine gesamte Existenz, von den Fußsohlen bis zum Scheitel, die Seele ist. Wiederhole seelenvoll: "Ich bin die Seele, ich bin die Seele." Wenn du dies fünf Minuten lang seelenvoll wiederholen kannst, dann wird der Widerstand des physischen Verstandes schwinden, und für dich wird nur noch die Seele existieren. Wenn du einmal in der Seele lebst und das Licht der Seele zum Vorschein bringst, wird dieses Licht den physischen Verstand in eine höhere Ebene hinaufbringen oder Frieden von oben herabbringen. In beiden Fällen wird der physische Verstand, so wie du ihn kennst, transformiert werden, und du wirst keine Schwierigkeiten mehr haben.
Wenn ich meditiere, fällt es mir manchmal schwer zu unterscheiden, ob ich wirklich mein Herz spüre oder ob ich meinen Verstand erfahre.
Sri Chinmoy: Wenn es wirklich dein Herz ist, wirst du ein Gefühl reiner Erfüllung erhalten. Wenn es der Verstand ist, wirst du vielleicht auch zufrieden sein, doch gleichzeitig werden sich auch Zweifel einstellen. Deine Erfahrung wird von anderen Gedanken angegriffen: "Ich bin so schlecht, so unrein, so unwissend. Heute morgen habe ich eine Lüge erzählt, und auch gestern habe ich etwas Schlechtes getan; wie kann ich dann eine solche Erfahrung haben?" Wenn solche Gedanken kommen, weißt du, dass diese Erfahrung vom Verstand kommt. Wenn du mit dem Verstand eine Erfahrung machst, fühlst du dich vielleicht eine Zeit lang sehr glücklich. Doch die Freude wird nicht anhalten, denn du wirst dich mit dem, was der Verstand gesehen, gefühlt oder erkannt hat, nicht identifizieren können. Wenn du aber eine Erfahrung vom Herzen erhältst, wirst du unmittelbar dein Einssein mit ihr spüren, und deine Freude wird von Dauer sein. Wenn du eine Blume mit deinem Verstand siehst, dann schätzt und bewunderst du sie. Doch wenn du die Blume mit deinem Herzen siehst, dann fühlst du sofort, dass dein Herz in der Blume ist oder dass die Blume in deinem Herzen ist. Wenn du also eine Erfahrung hast und mit dieser Erfahrung eins bist, dann weißt du, dass sie vom Herzen kommt. Wenn du jedoch das Gefühl hast, die Erfahrung sei etwas, das du in der äußeren Welt erreichst, dann kommt sie vom Verstand.
Was ist der Unterschied zwischen einer hohen und einer tiefen Meditation?
Sri Chinmoy: Es gibt große Unterschiede zwischen den verschiedenen Arten der Meditation, obwohl letztlich Höhe und Tiefe eins werden. Wenn wir in der Meditation in die Tiefe gehen wollen, müssen wir unsere Reise von unserem spirituellen Herzen aus beginnen. Wir sollten fühlen, dass wir uns tief in unser Herz graben oder tief hineinreisen. Wir reisen nach innen, nicht nach hinten oder nach unten zu den Füßen. Unterhalb der Knie beginnt die Ebene des Unbewussten. Wenn wir fühlen, dass wir nach unten gehen, dann erhalten wir keine spirituelle Tiefgründigkeit, sondern dringen nur in die unteren Ebenen des Bewusstseins ein. Das spirituelle Herz ist unendlich weit; wir können deshalb unbegrenzt tief gehen. Wir können niemals die Grenzen des spirituellen Herzens berühren, denn das spirituelle Herz birgt das weite Universum, das wir sehen, in sich, und ist gleichzeitig weiter und größer als das Universum. Wenn wir in der Meditation nach Höhe streben, dann müssen wir fühlen, dass wir in unserer Meditation aufwärts gehen. Unsere Strebsamkeit steigt furchtlos zum Höchsten hinauf. Wir müssen durch den tausendblättrigen Lotus am Scheitel unseres Kopfes hindurchgehen. Auch hier ist die Entfernung unendlich weit. Es gibt kein Ende auf unserer Reise nach oben, denn wir reisen in die Unendlichkeit. Wir klettern ins ewig sich transzendierende Jenseits. Ob wir nach innen gehen oder ob wir aufwärts gehen - von der Entfernung her gesehen sind beides unendliche Reisen zum selben Ziel: Gott. Wenn wir jedoch den Verstand gebrauchen, können wir nicht sehr hoch gehen. Wir müssen durch den Verstand hindurch, über den Verstand hinaus und in den Bereich des spirituellen Herzens gehen. Der Bereich des spirituellen Herzens ist unendlich viel höher und weiter als der Bereich des höchsten Verstandes. Das Herz ist in allen Richtungen grenzenlos; im Herzen ist sowohl die höchste Höhe als auch die tiefste Tiefe. Je höher wir gehen können, desto tiefer können wir gehen. Und je tiefer wir gehen können, desto höher können wir gehen. Es geschieht gleichzeitig. Wenn wir sehr kraftvoll meditieren können, werden wir unweigerlich spüren, dass wir sowohl sehr hoch als auch sehr tief gehen. Höhe und Tiefe gehen einher, bewegen sich jedoch in zwei verschiedenen Dimensionen. Doch wenn jemand in seiner Meditation sehr hoch gehen kann, dann hat er auch die Fähigkeit, sehr tief zu gehen. Bevor wir das Höchste verwirklichen, glauben wir, es gebe einen Unterschied zwischen Höhe und Tiefe. Wenn wir hinaufsteigen, fühlen wir, dass wir eine gewisse Höhe erreicht haben, und wenn wir tief in uns hineintauchen, fühlen wir, dass wir eine gewisse Tiefe erreicht haben. Doch Höhe und Tiefe sind alles nur intellektuelle Begriffe. Wenn wir einmal über die Schranken des Verstandes hinausgehen und in das universelle Bewusstsein eintreten, dann sehen wir, dass alles eins und untrennbar ist. Dann singt und tanzt nur noch die Wirklichkeit in uns und wir werden zur Wirklichkeit selbst. Die Wirklichkeit hat weder Höhe noch Tiefe noch Weite. Sie ist eins und gleichzeitig transzendiert sie ständig ihre eigenen Grenzen.
Was geschieht, wenn ich auf das Nabelzentrum meditiere?
Sri Chinmoy: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt deiner spirituellen Entwicklung ist es für dich nicht ratsam, auf das Nabelzentrum zu meditieren. Es ist das Zentrum der Dynamik, der Stärke und der Kraft. Wenn du diese Energie missbrauchst, wird sie zu brutaler Aggression. Das Nabelzentrum ist zugleich das emotionale Zentrum. Mit dieser Emotion kannst du dich selbst ausdehnen und zum Unendlichen werden. Du kannst aber andererseits auch ein Opfer irdischer Genüsse werden, wenn du in deinem Wesen nicht genügend Reinheit besitzt. Du solltest auf das Herzzentrum meditieren, um Friede, Liebe und Freude zu erhalten. Wenn du diese Eigenschaften hast, wirst du fühlen, dass Friede selbst Kraft ist, dass Liebe selbst Kraft ist und dass Freude selbst Kraft ist.
Welche Beziehung besteht zwischen dem dritten Auge und dem Herzzentrum?
Sri Chinmoy: Sagen wir einmal, das Herz sei Bewusstsein und das dritte Auge sei Licht, obwohl es eigentlich zwischen den beiden keinen Unterschied gibt. Das dritte Auge hat unendliches Licht und ist gleichzeitig unendliches Licht. Das spirituelle Herz besitzt unendliches Bewusstsein. Unendliches Licht und unendliches Bewusstsein sind ein und dasselbe. In diesem Augenblick ist das unendliche Licht - das ich "drittes Auge" nenne - ein Gebäude, in dem das Herz wohnt. Doch im nächsten Augenblick kann das unendliche Bewusstsein - das ich "Herz" nenne - zum Gebäude und das dritte Auge zum Bewohner werden. Sie wechseln ständig, da sie nicht wirklich getrennt sind. Manchmal sehen wir Licht, bevor wir Bewusstsein sehen, während wir ein andermal Bewusstsein sehen, bevor wir Licht sehen. Was immer du zuerst siehst, ist für dich die Quelle des anderen. Doch mit der Zeit wirst du erkennen, dass Licht und Bewusstsein untrennbar sind. Das Herz verkörpert gewöhnlich Süße und Liebe, während das dritte Auge Kraft und Erleuchtungs-Licht verkörpert. Wer jedoch weise ist, wird fühlen, dass das dritte Auge auch das Herz ist, denn was ist das Herz anderes als das, was uns Erfüllung schenkt? Und was schenkt uns Erfüllung? Nur Licht! Wenn uns also das Licht des dritten Auges Erfüllung schenkt, dann handelt es sich um eine ganz natürliche Eigenschaft des Herzens. Und was gibt uns ständige Weisheit? Weisheit entsteht nur dann, wenn wir tief in den innersten Winkeln unseres Herzens sind, wo Unendlichkeit, Ewigkeit und Unsterblichkeit miteinander spielen. Unendlichkeit als ganz unser eigen zu besitzen, unendliches Licht und Glückseligkeit ewig als unser eigen zu besitzen: das ist wirkliche Weisheit. Wir können also sagen, dass Weisheit vom Herzen kommt.
Ist es wünschenswert, in der Meditation das dritte Auge zu öffnen?
Sri Chinmoy: Das innere Auge sollte nur dann geöffnet werden, wenn man die innere Reinheit und Reife besitzt, und wenn einen weder die Vergangenheit noch die Zukunft aus der Ruhe bringen kann. Häufig ist das Gefäß nicht bereit; doch durch seine eiserne Entschlossenheit gelingt es dem Sucher manchmal, das dritte Auge zu öffnen. Das Ergebnis ist dann meist sehr entmutigend und schädlich. Stell dir vor, dein drittes Auge öffnet sich zur falschen Zeit, und du bist spirituell nicht reif dafür. Wenn du mit deinem dritten Auge siehst, dass deine Mutter morgen sterben wird, dann wirst du vor lauter Kummer und Bedrücktheit heute schon selbst sterben. Und wenn du gewisser unglücklicher Vorfälle gewahr wirst, die sich in deiner Vergangenheit ereignet haben, wirst du völlig niedergeschlagen sein und allen Mut verlieren, weiterzugehen. Es gibt zwar Leute, die dieses Zentrum zwischen den Augenbrauen geöffnet haben, ohne dass sie das Herzzentrum bereits offen hatten, und die dank der Gnade Gottes keine sogenannten Fehler gemacht haben. Doch meistens wird der Sucher gnadenloser Versuchung zum Opfer fallen, wenn er das dritte Auge öffnet, bevor das Herzzentrum offen und der emotionale Teil seiner Natur völlig gereinigt ist. Er wird versuchen, innerlich etwas zu sehen und sofort alles weitererzählen, oder er wird in jemanden eindringen, um zu sehen, was sich in diesem Menschen abspielt. Es gibt tausend Dinge, die den Sucher mit der Zeit weit, weit weg vom Pfad der Spiritualität führen können. Vor allem für Anfänger ist es immer ratsam, auf das Herzzentrum zu meditieren. Auch wenn du weit fortgeschritten bist, solltest du im Herzen meditieren, denn im Herzzentrum erfährst du Freude und wirst völlig Teil von dem, auf das du meditierst. Wenn du dich auf das dritte Auge konzentrierst, hast du nicht unbedingt ein Gefühl des Einsseins. Du siehst vielleicht Licht, doch du wirst nicht das Gefühl haben, es gehöre dir. Du denkst vielleicht, es sei gar kein Licht, sondern alles nur Einbildung und Halluzination gewesen. Es können sich Zweifel in deinem Verstand breit machen. Doch wenn du das Herz gebrauchst, wirst du unmittelbar fühlen, dass die Freude, die du spürst, dir gehört, der Friede, den du fühlst, dir gehört; alles, was du fühlst, wird dein Eigentum. Das ist die Fähigkeit des Herzens, eins zu sein.
Ich muss mich beim Meditieren so stark konzentrieren, damit mein Verstand ruhig ist, dass ich mit meinem inneren Selbst gar nicht in Kontakt kommen kann.
Sri Chinmoy: Du weißt es zwar nicht, doch du tust genau das Richtige. Wenn du versuchst, deinen Verstand ruhig und still zu machen, dann konzentrierst du dich. In der Konzentration versuchst du, deine Gedanken und Emotionen zu kontrollieren. Konzentration muss den Weg für die Meditation ebnen. Um meditieren zu können, musst du dein emotionales Leben und deinen rastlosen Verstand bereits bis zu einem gewissen Grad diszipliniert haben. Wenn es dir gelingt, alle Gedanken zu vertreiben, die deinen Verstand stören, dann wird das innere Selbst früher oder später hervortreten und unmittelbar vor dir erscheinen. Es wird dir vorkommen, als ob die strahlende Sonne durch den wolkenbedeckten Himmel bricht. Im Augenblick ist die innere Sonne von Wolken umhüllt: Gedanken, Ideen, Zweifel, Ängste und anderes mehr. Wenn du diese Wolken verjagen kannst, wirst du sehen, dass dein inneres Selbst leuchtend, hell und strahlend vor dir erscheint.
Woher weiß man, ob man sich konzentriert oder ob man meditiert?
Sri Chinmoy: In der Konzentration liegt große Intensität. Es ist, wie wenn ein Pfeil in sein Ziel eindringt. Wenn du fühlst, dass du von einer starken Kraft Energie erhältst, dann ist dies das Ergebnis deiner Konzentration. Doch in der Meditation spüren wir überall Frieden, vor allem im Verstand. Wenn du tief in dir ein riesiges Meer voller Frieden, Licht und Wonne spürst, dann kommt das von deiner Meditation. Meditation ist Friede, Ausgeglichenheit und Weite. Intensität ist ebenfalls vorhanden, doch die Intensität ist von Lichtfülle überflutet. In der Konzentration ist sie nicht unbedingt vorhanden, und wenn, dann ist es oft nicht die höchste Art der Lichtfülle. Konzentration will auch immer unmittelbare Ergebnisse. Sie ist bereit, alles zu tun, um ihr Ziel um alles in der Welt zu erreichen. Meditation fühlt, dass ihr die unendliche Zeit zur Verfügung steht. Das bedeutet nicht, dass die Meditation die fließende Zeit vernachlässigt. Nein! Sie schätzt die fließende Zeit, doch in der fließenden Zeit sieht sie endlose Zeit. Deshalb verbirgt sich in der Meditation unendlicher Friede. Gib keiner Erfahrung irgendeinen Vorzug. Wenn sich der Supreme in dir und durch dich konzentrieren möchte, dann wirst du es Ihm erlauben. Wenn Er jedoch in dir und durch dich meditieren möchte, dann wirst du es Ihm ebenfalls erlauben.
Wenn wir einmal gelernt haben, wie man meditiert, sollten wir dann keine Konzentrationsübungen mehr machen?
Sri Chinmoy: Als allgemeine Regel sollten Sucher, die eben erst das spirituelle Leben begonnen haben, mindestens ein paar Monate lang Konzentrationsübungen machen. Wenn du einmal gelernt hast, dich zu konzentrieren, dann wird die Meditation leicht. Doch selbst wenn du meditieren kannst, ist es gut, sich vor der täglichen Meditation ein paar Minuten zu konzentrieren. Wenn du dich konzentrierst, bist du wie ein Sprinter, der erst einmal die Startbahn von Hindernissen befreit, bevor er zu laufen beginnt. Sobald die Bahn frei ist, kannst du sehr schnell laufen. Dann wirst du zu einem inneren Schnellzug, der erst an der Endstation anhält.
Wie verhält es sich mit der Kontemplation, nachdem wir unsere Meditation beendet haben?
Sri Chinmoy: Kontemplation kommt erst nach vielen Jahren, wenn man im spirituellen Leben bereits sehr weit fortgeschritten ist. Kontemplation ist die höchste Sprosse der Leiter. Nur sehr wenige spirituell strebende Menschen haben die Fähigkeit, auch nur begrenzt zu kontemplieren, und sie können es gewiss nicht zu jeder beliebigen Zeit tun. Kontemplation ist erforderlich, um Gott zu verwirklichen. Man darf sie deshalb nicht ignorieren oder umgehen. Doch in deinem Fall besteht noch keine Notwendigkeit zur Kontemplation, denn deine Konzentration und deine Meditation sind noch nicht vollkommen. Sobald deine Konzentration vollkommen ist, sobald deine Meditation vollkommen ist, wirst du auch deine Kontemplation vervollkommnen müssen. Dann wirst du wirklich fähig sein, in das Höchste zu gehen.
Ich möchte gerne wissen, ob ich dafür beten soll, wenn ich etwas möchte, oder ob ich nur dafür beten soll, dass Gottes Wille geschieht?
Sri Chinmoy: Dafür zu beten, dass Gottes Wille geschieht, ist die höchste Form des Gebetes. Aber für einen Anfänger ist es fast unmöglich, aufrichtig zu Gott zu beten, Er möge ihn auf Seine eigene Weise erfüllen. Für einen Sucher, der gerade beginnt, ist es deshalb ratsam, Gott um das zu bitten, von dem er gerade fühlt, dass er es im Moment am meisten benötigt, sei es nun Geduld, Reinheit, Aufrichtigkeit, Demut, Frieden etc. Dann wird Gott dem Sucher ein wenig Frieden, Licht und Wonne geben, welche die Vorboten von etwas Unendlichem sind, das in sein inneres Wesen herabkommen wird. Wenn der Sucher ein wenig Frieden, Licht und Wonne erhalten hat und diese in seinem inneren Wesen einigermaßen gefestigt sind, wird er beträchtliches Vertrauen in die Handlungsweise Gottes und ebenso in sein eigenes Strebsamkeitsleben haben. Wenn jemand sehr schnell Fortschritt macht oder ein wenig fortgeschritten ist, fühlt er, dass es eine gewisse Wirklichkeit in ihm gibt und dass ihn diese Wirklichkeit nicht enttäuschen oder verlassen wird. Dann fühlt er, dass Gott dessen vollkommen gewahr ist, was er unbedingt braucht und mehr als bereit ist, ihn mit diesen Dingen zu versorgen. Wenn ein Sucher diese Art von Vertrauen in sich spürt, ist die Zeit gekommen, um zu beten: "Lass Deinen Willen geschehen." Zu diesem Zeitpunkt kann er aufrichtig sagen: "Gott, ich möchte Dich nur auf Deine eigene Weise zufriedenstellen."
Wie können wir am wirkungsvollsten beten?
Sri Chinmoy: Um besonders wirkungsvoll zu beten, sollte dein Gebet unhörbar sein. Du kannst jedoch einen Satz aus einigen Worten formen, um deinen strebenden Verstand zu überzeugen. Das Herz strebt bereits, aber der Verstand muss noch streben. Es ist deshalb für das Gebet besser, die Form von Worten anzunehmen. Du kannst den Satz formen, indem du ihn auf die Tafel deines Herzens schreibst. Versuche dann, ihn dort zu sehen. Sobald die Worte geschrieben sind, kannst du viele Male zurückkehren, um sie zu sehen. Wenn du den Satz wiederholen willst, ist es gut, doch ist es nicht notwendig. Wenn du dein Gebet wiederholen willst, hast du die Wahl. Entweder schreibst du es einmal auf die Tafel deines Herzens und liest es immer wieder, oder du schreibst fortlaufend das gleiche Gebet - was immer dir mehr Freude schenkt.
Wie können wir am intensivsten beten?
Sri Chinmoy: Du kannst am intensivsten beten, wenn du dein Dankbarkeitsherz benutzt. Während du betest, solltest du fühlen, dass dein Gebet vom Herzen kommt. Du musst das Gebet mit deiner Dankbarkeit nähren. Wenn du das Gebet nicht mit deinem Dankbarkeitsherzen nährst, wird es nicht intensiv sein. Nichts Göttliches wird intensiv sein, solange man dem Supreme nicht dankbar ist. Dein Dankbarkeitsherz muss deinen inneren Schrei jeden Augenblick nähren. Dies wird dein Gebet, deine Strebsamkeit, deine Ergebenheit und all deine spirituellen Eigenschaften intensivieren.
Wie kann man am besten für andere beten?
Sri Chinmoy: Am besten betet man für andere, indem man vor dem Beten erst einmal die Gegenwart des Supreme anruft. Wenn du Ihn anrufst, wird Er zweifellos in Seiner subtilen Form kommen. Du wirst Ihn nicht in einem menschlichen Körper sehen, doch du wirst Seine Anwesenheit fühlen. Versuche in der Anwesenheit Gottes den Menschen, für den du betest, zu sehen und zu fühlen. Wenn du die Anwesenheit des Supreme anrufen kannst und in Seiner Anwesenheit die Menschen fühlst, für die du betest, dann wird dies die wirksamste Weise sein, wie du ihnen durch dein Gebet helfen kannst. Doch bevor du den Supreme durch dein Gebet bittest, jemandem zu helfen, frage Ihn erst, ob du für diesen Menschen beten sollst. Du solltest es nur dann tun, wenn du eine innere Weisung oder ein inneres Gefühl erhältst, dass du für diesen bestimmten Menschen beten sollst. Angenommen, jemand ist sehr krank und du möchtest zu Gott beten, dass Er ihn heilt. Wir müssen uns bewusst sein, dass Gott vielleicht möchte, dass er diese Erfahrung für seine innere Entwicklung jetzt gerade macht. Man muss wissen, dass Gott unendlich viel mehr Liebe für den betreffenden Menschen hat, als wir oder sonst jemand je haben kann. Wenn wir Gott bitten, ihn zu heilen, dann stehen wir Gott möglicherweise nur im Weg. Wenn wir hingegen für das Einssein mit Gottes Willen beten, dann sagt Gott vielleicht: "Du bist mit Meinem Willen eins geworden. Nun werde Ich glücklich sein, wenn du Mich bittest, den betreffenden Menschen zu heilen."
Betest du manchmal?
Sri Chinmoy: Um ganz ehrlich zu sein, ich bete nicht und ich muss auch nicht meditieren, obgleich ich meditiere. Nachdem man die höchste Wahrheit verwirklicht hat und bewusst mit dem Supreme eins geworden ist, muss man weder beten noch meditieren. Aber ich habe eine ganze Reihe von Schülern; darum meditiere ich für sie, wie ich es vor mehr als zwanzig Jahren für mich selbst getan habe. Wenn ich meditiere, dann ist das auch gleichzeitig Gebet. Denn wenn ich versuche, ihnen bei ihrem spirituellen Erwachen zu helfen, rufe ich den Supreme um Seinen unendlichen Segen, Sein Licht und Sein Mitleid an, um es ihnen zu geben.
Du sagst, dass wir unsere Reinheit vergrößern können, indem wir fünfhundertmal am Tag Aum wiederholen. Es fällt mir äußerst schwer, Aum fünfhundertmal zu wiederholen. Kannst du mir sagen, was ich machen soll?
Sri Chinmoy: Wenn es dir sehr schwerfällt, auf ein einziges Mal Aum so oft zu wiederholen, dann kannst du es auf mehrere Male aufteilen. Du kannst Aum zu zehn verschiedenen Zeiten jeweils fünfzigmal wiederholen. Sagen wir, du möchtest während des Tages zehn Gläser Wasser trinken. Wenn du versuchst, alle zehn Gläser Wasser auf einmal zu trinken, wirst du es nicht schaffen. So trinkst du jetzt ein Glas und nach ein oder zwei Stunden je ein weiteres. Auf diese Weise schaffst du es leicht, zehn Gläser Wasser zu trinken. Anstatt Aum fünfhundertmal im Ganzen zu wiederholen, kannst du es früh am Morgen fünfzigmal wiederholen und dann im Abstand von einer Stunde jeweils weitere fünfzigmal. Es kostet dich nicht mehr als ein bis zwei Minuten, wenn du Aum jede Stunde fünfzig Mal wiederholst. Da du Gott mit Leichtigkeit jede Stunde zwei Minuten geben kannst, kannst du dein Japa auf diese Weise durchführen.
Musik und Meditation: Klang und Stille
Kann gewisse Musik auch bewirken, dass wir uns schlecht fühlen und sich unsere spirituelle Verfassung verändert?
Sri Chinmoy: Ja. Es gibt wirklich Musik, die für unser inneres Wesen schädlich ist. Diese Musik kommt vom Grob-Physischen oder vom niederen Vitalen. Ungöttliche Musik versucht, unser niederes vitales Bewusstsein zu erwecken und uns in eine Welt der Erregung zu werfen. Eine spirituelle Person wird von dieser Musik sofort angegriffen. Musik besitzt eine enorme Kraft. Mit Feuer können wir uns verbrennen, wir können aber auch damit kochen und viele nützliche Dinge tun. Mit der Musik verhält es sich genauso. Göttliche Musik erhebt unser Bewusstsein sofort, während ungöttliche Musik unser Bewusstsein sofort sinken lässt und versucht, unseren aufrichtigen inneren Schrei nach einem besseren spirituellen Leben zu zerstören. Vitale Musik senkt unser Bewusstsein. Wir erhalten nur für einige Minuten oder Stunden eine Art Vergnügen, doch dann bringt uns dieses Vergnügen in ein niederes vitales Bewusstsein, wo die Versuchung bedrohlich näherrückt. Von der Welt der Versuchung treten wir in die Welt der Frustration ein, und von dort gehen wir in die Welt der Zerstörung. Wir wissen alle, dass die vitale Musik in der ganzen Welt hoch geschätzt wird. An psychischer Musik finden nicht allzuviele Leute Gefallen, und nur sehr wenige Menschen sind für die Musik der Seele aufgeschlossen. Sie fühlen, dass sie wie ein Fremdling ist, der in ihr Bewusstsein eintritt. Dies geschieht, weil spirituelle Musik den ewigen Bewohner - die Seele - erweckt, die tief im Innern darauf wartet, zum Vorschein zu kommen.
Kann uns Musik im spirituellen Leben helfen?
Sri Chinmoy: Sicher kann uns Musik im spirituellen Leben helfen. Das spirituelle Leben und Musik sind wie Zwillingsbrüder. Wir können sie nicht trennen. Wie können wir zwei Finger oder zwei Augen voneinander trennen? Sie leben Seite an Seite. Wenn ein Auge nicht richtig funktioniert, fühlen wir, dass unsere Sehkraft unvollkommen ist. Das spirituelle Leben und Musik können leicht Hand in Hand gehen; das eine ergänzt das andere. Musik hilft dem spirituellen Sucher, tief nach innen zu gehen und die größte Zufriedenheit vom Leben, von der Wahrheit und der Wirklichkeit zu erhalten. Das spirituelle Leben wiederum hilft der Musik, ihre Fähigkeit und ihre Stärke, die das Licht der Seele sind, der gesamten Welt anzubieten.
Was bedeutet "seelenvoll" in Bezug auf Musik?
Sri Chinmoy: Was meinen wir mit seelenvoller Musik? Wenn du sagst, diese Musik verkörpere die Seele, dann möchte ich sagen, dass du hier einem Irrtum unterliegst. Du musst fühlen, dass seelenvolle Musik das Licht ist, das sich selbst auf eine göttliche Weise ausdrücken möchte. Genauso wie die Dunkelheit ihre Herrschaft auf der Erde manifestieren will, möchte das Licht ebenfalls seine Wirklichkeit und Göttlichkeit auf eine besondere Weise manifestieren. Licht ist die Seele von allem. Licht ist die Seele der Musik, die Seele der Liebe und die Seele der ganzen Kunst. Wenn Licht sich selbst in Form von Musik göttlich manifestiert, ist es die Musik der Seele. Seelenvolle Musik ist die Musik, die unser Bewusstsein unmittelbar zum Höchsten erhebt. Seelenvolle Musik bringt uns in die Welt der Strebsamkeit. Von der Strebsamkeit treten wir in die Welt der Verwirklichung ein, wo unsere innere Existenz von Licht und Wonne überflutet ist. Seelenvolle Musik ist die Musik, die unser Bewusstsein schließlich umwandeln möchte. Sie bringt uns in das universelle Bewusstsein und lässt uns fühlen, dass wir mit dem Höchsten, dem Tiefsten und dem Entferntesten in Einklang sind. Sie lässt uns auch fühlen, dass Gott selbst der Höchste Musiker ist. Wenn wir seelenvolle Musik spielen, erkennen wir, dass nicht wir die Musiker sind; wir sind nur Instrumente. Wir sind wie ein Klavier, eine Geige oder eine Gitarre, und Gott ist es, der ständig auf uns spielt. Wenn wir wirklich seelenvolle Musik spielen, werden wir fühlen, dass wir das Instrument sind und jemand anderer in und durch uns singt und spielt. Dieser Jemand ist unser innerer Pilot, der Supreme. Wenn wir seelenvolle Musik hören oder wenn wir selbst seelenvolle Musik spielen, klettert unsere innere Existenz unmittelbar hoch, höher, am höchsten. Sie klettert hinauf und dringt in das Jenseits ein, das ständig versucht, uns zu helfen, uns zu führen und uns in unser eigenes transzendentales Ebenbild, unsere wirkliche Göttlichkeit umzuformen. Wenn wir seelenvolle Musik hören oder ein seelenvolles Musikstück spielen, fühlen wir ein inneres freudiges Erbeben in unserem gesamten Dasein. Wir fühlen, dass uns von den Fußsohlen bis zum Scheitel unseres Kopfes ein Fluss von lichtvollem Bewusstsein durchströmt. Musik ist in unserem spirituellen Leben von größter Bedeutung. Sie kommt gleich nach tiefer Meditation oder tiefem Gebet. Meditation ist wie ein direkter Weg oder eine Abkürzung zu unserem Ziel. Musik ist eine Straße, die vollkommen klar ist; sie mag zwar etwas länger sein, doch sie ist ziemlich frei von Hindernissen. Wenn man seelenvolle Musik spielen oder hören kann, wächst die Kraft der eigenen Meditation. Musik, seelenvolle Musik, vergrößert unsere Strebsamkeit. Ähnlich ist es auch, wenn ein spiritueller Sucher Musiker werden möchte. Selbst wenn er keinen musikalischen Hintergrund hat, kann er ein guter Musiker werden, da Gebet und Meditation in sich alle Fähigkeiten enthalten. Du hast vielleicht niemals Musik studiert, doch wenn du seelenvoll betest und meditierst, wird in deinem Gebet und in deiner Meditation durch die Gnade des Supreme die Kraft der Musik entstehen.
Wie können wir wissen, ob die Musik spirituell ist und ob der Musiker strebt?
Sri Chinmoy: Ob der Musiker strebt oder nicht, ist nicht deine Angelegenheit. Das geht nur Gott etwas an. Jemand mag spirituell erscheinen, doch wenn seine Musik dein Bewusstsein sinken lässt, dann spielt er keine spirituelle Musik. Wenn du Musik hörst und dein Bewusstsein von ihr emporgehoben wird, dann weißt du, dass es spirituelle Musik ist. Manchmal strebt der Musiker und spielt gleichzeitig spirituelle Musik. In diesem Fall kannst du dich glücklich schätzen, da du Inspiration von der Musik und vom Musiker erhältst.
Wie kann man am besten mit seelenvoller Musik eins werden?
Sri Chinmoy: Der beste Weg, um mit seelenvoller Musik eins zu werden, ist folgender: Während du der Musik lauschst, musst du die feste innere Überzeugung haben, dass beim Einatmen dein Atem direkt in deine Seele fließt. Du solltest dabei fühlen, dass gleichzeitig mit dem Atem auch das universelle Bewusstsein, die göttliche Wirklichkeit und die göttliche Wahrheit in dich einströmen. Wenn du dann ausatmest, musst du fühlen, dass du die ganze Unwissenheit ausatmest, die deine Seele bedeckt. Fühle, dass die Schleier der Unwissenheit nun gelüftet sind und abgelegt wurden. Wenn du das fühlen und dir bewusst vorstellen kannst, dann ist das der beste Weg, sich mit seelenvoller Musik eins zu fühlen.
Empfänglichkeit: Sich dem Licht öffnen
Ich bin in der Meditation nicht so empfänglich, wie ich gerne sein würde. Warum?
Sri Chinmoy: Es geschieht manchmal, dass unsere Hingabe an Gott noch nicht vollständig ist. Manchmal widersetzt sich der Verstand, manchmal lehnt sich das Vitale auf, und manchmal widersetzt sich das Physische oder sogar das subtile Physische. Wenn ein solcher Widerstand auftritt, können die feindlichen Kräfte in uns eindringen. Dann verringert sich unsere Empfänglichkeit. Solange wir uns nicht völlig sicher sind, ob wir das Wunschleben oder das strebende Leben wollen, werden feindliche Kräfte zwischen unseren Wünschen und unserer Strebsamkeit stehen. Die feindlichen Kräfte liegen immer auf der Lauer; sie versuchen, unsere Strebsamkeit von unseren Wünschen zu trennen. Dann versuchen sie, unsere Wünsche zu stärken und unsere Strebsamkeit abzuwürgen. Das gelingt ihnen auch sehr oft. Doch ein spirituell wachsamer Mensch wird sich der Strebsamkeit bedienen und in die Begierden eindringen, um sie zu verwandeln. Wenn Begierde in die Strebsamkeit eintritt, dann wird die Strebsamkeit ruiniert. Wenn Strebsamkeit in die Begierde eintritt, dann wird die Begierde verwandelt. Es kann Zeiten geben, wo du nicht empfänglich bist, weil du zu sicher oder zu selbstzufrieden geworden bist. Du fühlst den inneren Schrei nicht, weil du mit deinen materiellen Besitztümern oder mit den Dingen, die du bereits in deinem inneren Leben erreicht hast, zufrieden bist. Du bist mit dem zufrieden, was du hast, weshalb solltest du nach mehr schreien? Sobald du dieses Gefühl der Selbstzufriedenheit hast, hört dein innerer Schrei auf, und deine Empfänglichkeit findet ein Ende.
Wie kann ich gut meditieren?
Ich finde, dass es mit meiner Meditation oft auf und ab geht. Ich hoffe immer, dass ich nicht wieder falle; dennoch geschieht das ständig.
Sri Chinmoy: Im spirituellen Leben erfährt jeder am Anfang Höhen und Tiefen. Wenn ein Kind laufen lernt, stolpert es zu Beginn und fällt immer wieder hin. Aber nach einer Weile lernt es, wie man richtig geht, und mit der Zeit kann es laufen. Schließlich kann es so schnell laufen, wie es seine Fähigkeit erlaubt. Ein kleines Kind kann jedoch nicht erwarten, dass es so schnell läuft wie sein Vater, da der Vater ganz andere Fähigkeiten hat. In deiner Meditation erfährst du Höhen und Tiefen. Wenn du oben bist, solltest du fühlen, dass du einen flüchtigen Eindruck deiner möglichen Fähigkeiten erhältst. Wenn du unten bist, solltest du einfach fühlen, dass dies nur eine zeitweilige Unfähigkeit ist. Du brauchst nicht entmutigt zu sein, wenn du jene siehst, die im spirituellen Leben fortgeschrittener sind und nun laufen können. Auch sie sind am Anfang gestolpert. Im Moment mag der Himmel voller Wolken sein, doch es wird auch wieder ein Tag kommen, an dem die Sonne wieder mit ihrer ganzen Kraft scheint. Wenn du schlimme Momente der Angst, des Zweifels oder eines Mangels an Strebsamkeit erfährst, dann solltest du fühlen, dass sie nicht für immer andauern. Wie ein Kind, das hingefallen ist, musst du versuchen, wieder aufzustehen. Eines Tages wirst du die Fähigkeit haben zu gehen, ohne hinzufallen, dann zu laufen und schließlich mit höchster Geschwindigkeit zu rennen.
Wenn man meditiert und innerlich Sehnsucht nach etwas hat, soll man sich bemühen, es zu erreichen, oder der Sache einfach ihren Lauf lassen?
Sri Chinmoy: Zu Beginn musst du eine persönliche Anstrengung unternehmen, später geschieht es spontan. Solange es nicht spontan geschieht, musst du persönliche Anstrengungen unternehmen. Wenn ein Sprinter ein Rennen beginnt, macht er mit seiner Hand ganz energische Bewegungen. Am Anfang bewegt er seine Arme und Hände bewusst ganz schnell. Er unternimmt große persönliche Anstrengungen. Aber nach fünfzig oder sechzig Metern, wenn er seine Spitzengeschwindigkeit erreicht hat, wird alles spontan. Dann muss er sich nicht mehr bemühen, um die Arme zu bewegen. Am Start musste er es jedoch tun. Man kann es auch mit dem Segeln in einem Boot vergleichen. Bevor du lossegelst, bewegst du dieses und befestigst jenes. Du musst zu Beginn alle möglichen Dinge erledigen. Während du dich bereit machst, wirst du sehr dynamisch. Aber das ist nur die Vorbereitung. Noch ist das Boot in Ufernähe. Nur wenn alles gut vorbereitet ist, kann das Boot später ohne ständige persönliche Anstrengung segeln. In deiner Meditation ist diese spontane Bewegung ein Akt der Gnade von oben. Wenn du aufrichtig bist, wirst du sagen, dass die Gnade Gottes schon ganz zu Beginn deiner Reise herabkam. Sonst wärst du niemals inspiriert gewesen, in das Boot zu steigen. Anfangs fühlst du, dass du größte persönliche Anstrengungen unternimmst. Es kommt jedoch eine Zeit, wo du erkennst, dass diese persönlichen Anstrengungen nichts anderes als Mitleid von oben waren. Warum stehst du früh am Morgen auf, um zu beten und zu meditieren, während sich deine Freunde noch dem Vergnügen der Lethargie hingeben? Nur weil Gottes Gnade auf dich herabgekommen ist. Je tiefer du gehst, desto klarer wird es, dass Gottes Gnade dir ermöglicht, durch persönliche Anstrengungen Fortschritt zu machen. Entweder ist Gott mit dir zufrieden, oder Er hilft dir aufgrund Seines unendlichen Mitleids. Eigene Anstrengungen sind am Anfang von größter Wichtigkeit, da wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht fühlen, dass Gott unser bedingungsloser Freund ist. Als menschliche Wesen sagen wir immer, wenn ich dir etwas gebe, dann wirst du mir etwas zurückgeben. Doch wenn ich dir nichts gebe, dann stehst du unter keiner Verpflichtung, mir etwas zu geben. Aber Gott ist nicht so. Gott gibt bedingungslos, ganz gleich, ob wir Ihn als unser eigen betrachten oder nicht. In diesem Moment kann ich zu Gott beten, dass Er mir meinen Wunsch erfüllt. Doch sobald Er meinen Wunsch erfüllt hat, werde ich sagen: "Oh, ich brauche Dich nicht. Ich will nicht Dein Kind sein." Aber Gott kann das nicht tun. Gott betrachtet uns immer als Sein eigen, egal, wie schlecht wir sind. Er sieht, dass Er uns in Hunderten, Tausenden oder Millionen von Jahren vollkommen machen wird. Ein Kind kann nach seinem eigenen Willen seine Eltern verlassen, aber können die Eltern das Kind verlassen? Unmöglich! Genauso kann ich mit Gott, meinem ewigen Vater, nichts mehr zu tun haben wollen, weil ich böse auf Ihn bin oder weil Er meine Wünsche nicht erfüllt hat. Er verstößt mich jedoch nie, da ich Sein Kind bin. Persönliche Anstrengung ist deshalb notwendig, weil wir nicht fühlen, dass Gott uns ständig liebt und uns bedingungslos segnet. Wenn wir einmal fühlen können, dass Er alles bedingungslos für uns tut, dann ist persönliche Anstrengung nicht mehr notwendig. Nur weil wir dieses Gefühl nicht haben, ist die sogenannte persönliche Bemühung außerordentlich wichtig. Aber wenn wir aufrichtig werden, wenn wir demütig werden und besonders, wenn wir rein werden, dann werden wir fühlen, dass es Gott ist, der uns inspiriert hat, unsere persönlichen Anstrengungen zu unternehmen. Deshalb steht der ganze Verdienst von Beginn an Gott zu. Am Anfang beanspruchen wir fünfzig Prozent des Verdienstes für uns, weil wir aufgestanden sind und gebetet und meditiert haben, und geben Gott fünfzig Prozent, weil Er unsere Gebete beantwortet und uns während der Meditation inspiriert hat. Doch wenn wir aufrichtig, ergeben und völlig rein sind, werden wir sagen, dass hundert Prozent Gottes Verdienst sind.
Manchmal döse ich während meiner Morgenmeditation - es ist kein tiefer Schlaf, nur ein Dösen. Ist das schlecht?
Sri Chinmoy: Es ist leider nicht gut. Es ist zwar kein Schlaf, doch völlig wach bist du auch nicht. Wenn du meditierst, musst du ganz dynamisch sein. Erlaube der Schläfrigkeit nicht, in dich einzudringen. Wenn du dich hinsetzt und meditieren willst, dann stelle dir vor, dass du ein Schlachtfeld betrittst, wo du gegen Unwissenheit, Unvollkommenheit und Tod kämpfen musst. Viele Sucher erhalten leider nicht soviel Inspiration, um genügend Energie zur Morgenmeditation aufzubringen. An gewissen Tagen erhalten sie die ganze Inspiration auf einmal; an anderen Tagen erhalten sie überhaupt keine Inspiration. Wenn das Feuer bereits in dir brennt, dann musst du nichts tun. Doch was tust du, wenn kein Feuer da ist? Am besten atmest du vor deiner Meditation ein paarmal tief ein. So lädst du deinen ganzen Körper mit neuer Energie auf. Diese dynamische Energie wird dir helfen, in die Meditation zu gehen. Nimm vor der Meditation, wenn möglich, ein wenig heißen Fruchtsaft oder heiße Milch zu dir.
Wie kann ich verhindern, dass ich beim Meditieren nach fünf Minuten einschlafe?
Sri Chinmoy: Versuche vor dem Meditieren zuerst ein paarmal tief einzuatmen. Versuche zu fühlen, dass mit jedem Atemzug ein Strom von Energie in dich einströmt. Anschließend versuche zu fühlen, dass du durch verschiedene Teile deines Körpers einatmest: durch deine Augen, deine Ohren, deine Stirn, deine Schultern, den Scheitel deines Kopfes und so weiter. Fühle, dass sich an all diesen Orten Türen befinden und dass du beim Einatmen diese Türen öffnest. Dann dringt vom universellen Bewusstsein her Energie in dich ein. Versuche danach, den Kraftaspekt des Supreme anzurufen. Rufe nicht nach Frieden oder Licht; versuche nur, göttliche Kraft von innen hervor- oder von oben herabzubringen. Diese göttliche Kraft wird dich fühlen lassen, dein Körper brenne vor Fieber, obwohl du äußerlich natürlich kein Fieber hast. Daraufhin wirst du dich sofort voller Energie fühlen. Du kannst dir auch einen blaugrünen Wald oder ein blaugrünes Feld vorstellen und dabei fühlen, dass du über dieses Feld oder durch diesen Wald gehst. Dann wirst du spüren, wie du von Energie erfüllt wirst, auch wenn du noch so müde bist. Du kannst dich auch so fest wie nur möglich kneifen und dir dabei vorstellen, dass jemand anderes dich kneift. Wenn du dich selbst kneifst, dann musst du dir vorstellen, dass es dein Bewusstsein ist, welches dein Unterbewusstsein kneift. Du musst fühlen, dass es eine dritte Person ist, die dich kneift. Du kannst auch den Namen des Supreme so schnell wie möglich wiederholen. Sei äußerst konzentriert und schau, wieviele Male du das Wort "Supreme" bei jedem Atemzug wiederholen kannst. Wenn du dann die Kraft in der Wiederholung dieses Namens spürst, wird dein gesamtes Wesen von göttlicher Kraft erfüllt, und du wirst unweigerlich einen neuen Lebens- und Energiefluss spüren. Versuche immer, eine dynamische und progressive - nicht jedoch eine aggressive - Bewegung in dir zu spüren. Bei einer dynamischen und progressiven Bewegung kannst du nicht einschlafen. Fühle, dass ein Zug in dir fährt. Fühle dich selbst als Schnellzug mit einem einzigen Ziel. Der Lokomotivführer dieses Zuges wiederholt ständig Gottes Namen, um Energie, Stärke, Ausdauer und alle göttlichen Eigenschaften zu erhalten. Ein Schnellzug hält erst am Ende seiner Reise, der Endstation; unterwegs hält er nie. Dein Ziel wird es sein, eine tiefe Meditation zu erreichen.
Manchmal scheint es, dass ich meine ganze Zeit damit verbringe, mein physisches Bewusstsein wach zu halten, und deshalb nicht wirklich meditieren kann.
Sri Chinmoy: Lethargie und Schlaf kommen während der Meditation, weil das aufrichtige Interesse fehlt. Wo aufrichtiges Interesse vorhanden ist, gibt es keinen Platz für den Schlaf. Wenn ein Schüler der Erste in seiner Klasse sein will und wirklich aufrichtig interessiert ist, dann lernt er, ohne dass ihn seine Eltern zwingen. Doch einige Schüler fühlen, dass es für sie mehr als genug ist, wenn sie gerade so die Prüfung bestehen. Wenn sie das fühlen, fehlt ihnen jeglicher energischer Antrieb für ihre Schularbeit. Was deine Meditation betrifft, so solltest du immer eifrig und enthusiastisch sein. Wenn du das Gefühl hast, dass du nicht eine halbe Stunde lang meditieren kannst, macht das nichts. Meditiere zehn Minuten lang. Dann wirst du fühlen: "Oh, nur zehn Minuten. Das kann ich leicht tun." Wenn dein Ziel begrenzt ist, wirst du alle deine Energie darauf richten. Wenn das Ziel zwei Stunden sind, wirst du sagen: "O Gott! Es ist unmöglich für mich, so lang mit Spitzengeschwindigkeit zu laufen." Doch jeder kann zehn Minuten lang meditieren. Wenn du dreißig Kilometer laufen sollst, fürchtest du dich zu Tode. Doch wenn du siehst, dass das Ziel sehr nah ist, wirst du sagen: "Das kann ich ja leicht erreichen. Ich will so schnell wie möglich hinlaufen."
Wie können wir uns mit Energie aufladen, damit wir nicht einschlafen, wenn wir müde sind und meditieren wollen?
Sri Chinmoy: Wenn du dich müde und erschöpft fühlst, mache bitte einige tiefe, ruhige Atemzüge. Versuche zu fühlen, wie du durch verschiedene Teile deines Körpers atmest. Fühle, dass du durch die Augen, die Ohren, die Stirn, durch den Scheitel deines Kopfes, durch die Schultern und so weiter atmest. Wenn du dir beim Einatmen deines Atems bewusst wirst, wirst du dich nicht schläfrig fühlen. Sich seines Atems bewusst zu sein heißt aber nicht, dass man beim Atmen Geräusche von sich gibt. Du wirst nur einen Energiestrom fühlen, der mit jedem Atemzug in dich hineinfließt. Fühle, dass jeder Körperteil, durch den du atmest, eine Türe ist. Jedesmal, wenn du einatmest, öffnest du hier, da oder anderswo eine Türe. Wenn du die Türe öffnest, wird natürlich Licht hereinscheinen, und Licht ist eine andere Form von Energie. Wenn du sehr gut meditierst, fühlst du vielleicht, dass du spontan folgendes tust: Du atmest nicht nur durch deine Nase Energie ein, sondern auch durch deinen Kopf und andere Stellen. Energie ist überall verfügbar, und diese universelle Energie möchte durch verschiedene Türen in dich eintreten. Deine Meditation wird natürlich um so höher sein, je mehr Energie du in dein Inneres ziehen kannst.
Wenn ich meditieren will, hält mich immer etwas zurück.
Sri Chinmoy: Was dich zurückhält, ist Furcht. Wenn du den Reichtum willst, der sich tief in dir verbirgt, dann musst du tapfer nach innen tauchen. Nur wenn du inneren Mut hast, kannst du den inneren Reichtum empfangen. Die Furcht vor dem Unbekannten und vor dem Unerkennbaren ist es, die dich davon abhält, tief in dich zu tauchen. Doch was heute unerkennbar ist, wird morgen nur noch unbekannt sein, und übermorgen wird es bekannt sein. Die Weite der Wahrheit wird dich nie zerstören. Sie wird dich nur umarmen und erfüllen. Du fürchtest dich vor etwas, weil du dieses Etwas nicht als Teil deiner selbst fühlst. Doch durch Meditation erwirbst du bewusstes Einssein mit der unendlichen Weite. Dann siehst du, dass alles ein Teil deiner selbst ist. Wie kannst du da noch Angst haben?
Wenn ich meditiere, fühle ich einen Druck in meiner Stirn. Was ist die Ursache, und wie kann ich mich von diesem Druck befreien?
Sri Chinmoy: Der Grund für den Druck in deiner Stirn liegt darin, dass du an der falschen Stelle meditierst. Du meditierst viel mehr im Verstand als im Herzen. Du willst ein Spiel spielen, doch leider bist du zum falschen Spielfeld gegangen. Wenn du während deiner Meditation im Kopf oder in der Stirn einen Druck spürst, so bedeutet das, dass dein Verstand über seine Fähigkeit hinaus Licht und Kraft herabgezogen hat. Die Türe zu deinem Bewusstsein ist geschlossen, und deshalb versuchst du, die Decke zu durchbrechen, um Gott in dein Zimmer herabzuziehen. Auf diese Weise tritt Gott in ein unvorbereitetes, unempfängliches und unerleuchtetes Gefäß ein. Das Gefäß sträubt sich natürlich dagegen, und du bekommst Kopfschmerzen. Vielleicht fühlst du auch einen Druck, weil dein Verstandesgefäß voller unreiner Gedanken und Ideen ist. Du versuchst, diese ungöttlichen Gedanken durch reine Willenskraft zu erwürgen. Dabei verursacht der Widerstand des Verstandes deine Schmerzen. Der Druck kann auch bedeuten, dass es ein Hindernis, wie zum Beispiel Furcht, in dir gibt. Wenn dieses Gefäß voll unreiner Gedanken ist und du Frieden, Licht und Seligkeit herabziehst, bekommst du unbewusst Angst. Du hättest nie erwartet, dass diese Dinge so glänzend und göttlich sein würden. Dein Verstand ist mit allen möglichen dunklen Gedanken und Unreinheiten gefüllt, und plötzlich kommen göttlicher Friede, Licht und Seligkeit herein. In dieser Situation scheinen sie dir Fremdlinge zu sein, und so wehren sich deine Gedanken gegen sie. Es ist, als würdest du mit Höchstgeschwindigkeit in einem Auto fahren und plötzlich Angst bekommen und versuchen zu bremsen. Wenn du diese Art Druck spürst, solltest du deine Aufmerksamkeit sofort auf dein Herz richten. Fühle, dass du überhaupt keinen Kopf hast. Du hast nur das sanfte, süße Gefühl des Einsseins mit Gott, deinem inneren Piloten im Herzen. Hier im Herzen gibt es keine Angst und keinen Widerstand. Gleich wie intensiv du im Herzen meditierst, gleich wieviel Frieden, Licht und Seligkeit du in dein Herz herabziehst - du wirst nie eine Verspannung oder einen Druck spüren. Im Herzen gibt es nur Freude, Liebe und ein Gefühl des Einsseins. Im Herzen zu meditieren ist am sichersten. Wenn du jedoch den Verstand gebrauchen willst, musst du versuchen, den Verstand ganz still, ruhig und empfänglich zu machen. Fühle immer, dass es innerhalb deines strebenden Verstandes ein Gefäß gibt, das du mit deinem aufrichtigen Streben vergrößern kannst. Versuche, das Gefäß zu vergrößern, damit es mehr Reinheit und Licht in sich halten kann. Versuche aber nicht, irgendetwas heranzuziehen. Lasse einfach die göttliche Gnade in und durch dich fließen, indem du seelenvoll betest und meditierst. Dann wirst du dich in deinem Kopf nie verspannt fühlen.
Ich glaube nicht, dass ich etwas heranziehe, doch am Morgen bekomme ich trotzdem Kopfschmerzen, wenn ich meditiere.
Sri Chinmoy: Du meditierst auf etwas Falsches. Du meditierst auf göttliche Kraft, doch weil dein inneres Gefäß nicht rein genug ist, kommt statt dieser Kraft eine aggressive Eigenschaft. Diese Aggression spürst du als Kopfschmerzen. Wenn du am Morgen meditierst, solltest du deshalb auf Frieden meditieren. Lasse dein äußeres und inneres Wesen von Frieden überfließen, dann wird sich diese Spannung auflösen. Friede selbst ist Kraft; er kann all deine Probleme lösen.
Manchmal zieht mein Kopf Energie herab, obwohl ich mich auf das Herz konzentriere. Es scheint, dass ich nichts dagegen tun kann, und am Schluss habe ich Kopfschmerzen. Was kann ich tun, um wieder zum Herzen zurückzukehren?
Sri Chinmoy: Deine Kopfschmerzen sind das Ergebnis eines inneren Widerstandes. Der Grund ist, dass dein Herz durch den Verstand empfängt. Es kommt etwas von oben und versucht in dein Herz einzudringen, doch der Verstand hindert das Herz daran, alles aufzunehmen. Der Verstand erlaubt dem Herzen, ein gewisses Maß aufzunehmen; deshalb kommt diese Kraft durch den Verstand. Doch dann wird der Verstand auf das Herz eifersüchtig und fängt an, Widerstand zu leisten. In dieser Situation solltest du in deinem Herzen etwas fühlen, das unendlich viel mächtiger ist als der Verstand. Dieses Etwas ist die Seele, und die Seele hat große Macht. Bringe also die innere Stärke deiner Seele zum Vorschein, und sage zu deinem Verstand: "Du hast mir erlaubt, ein paar Minuten still zu sein, und dafür bin ich dir dankbar. Doch ich bete und meditiere immer noch, ich rufe immer noch nach Frieden, Licht und Seligkeit, und nun erlaubst du mir nicht mehr fortzufahren." Dann ergreifst du einfach den Verstand und ziehst ihn in den Fluss deines Herzens. Der Verstand ist wie ein unfolgsames Kind. Vorher schlief es, so dass die Mutter in Stille zu Gott beten konnte. Doch jetzt ist das Kind wach und will allerlei Unfug anstellen. Es will die Mutter nicht weiterstreben lassen. Was tut die Mutter in diesem Fall? Die Mutter wird dem Kind drohen und sagen: "Ich bete noch, ich meditiere noch. Störe mich nicht, oder ich muss dich bestrafen." Solange der Verstand dich meditieren lässt, brauchst du dich nicht zu sorgen. Doch wenn er beginnt, dich zu belästigen, und Schmerzen verursacht, bedeutet das, dass er Widerstand leistet und dir nicht erlaubt, weiterhin Frieden, Licht und Seligkeit von oben zu empfangen. Du musst deshalb die Kraft der Seele benutzen und ihn ins Herz ziehen.
Während meiner Meditation fühlte ich mich verspannt. Mein Kopf schmerzte, und ich hatte das Gefühl, ich zöge an etwas. Was sollte ich in einem solchen Fall tun?
Sri Chinmoy: Wenn du diese Art Verspannung spürst, dann atme sofort sehr schnell. Sobald sich der Atemrhythmus beschleunigt, verschwindet die Verspannung. Versuche zu fühlen, dass du eine Treppe oder Leiter hinaufkletterst, die mehrere Sprossen hat. Atme beim Hinaufklettern ein. Wenn du diesen Aufstieg spürst, verschwindet die Verspannung. Verspannung entsteht, wenn du an einem bestimmten Ort festsitzt. Doch wenn du hinaufsteigst, dann bist du wie ein Vogel, der in den Himmel fliegt. Wenn sich der Vogel emporschwingt, kann es da irgendeine Verkrampfung geben? Wenn du also hinaufsteigst, wird die Verspannung verschwinden.
Deine Meditation empfinde ich für mich als schwierig. Ich komme in eine wunderbare Stimmung, doch dann fühle ich im Herzen und im Kopf Schmerzen. Wie kommt das?
Sri Chinmoy: Es ist keine negative Kraft, die in dich eintritt. Deine Schwierigkeit liegt darin, dass du weit über deine Kapazität Licht anziehst, wenn du zur Meditation in unserem Center kommst. Wenn ich auf der Bühne bin, ist die ganze Bühne von Licht überflutet. Du versuchst dieses Licht anzuziehen, wenn du dasitzt und mich anschaust. Es ist mit einem Geschäft vergleichbar, in dem du alle möglichen schönen Dinge siehst. Begierig möchtest du alles kaufen, doch du hast nur eine kleine Münze in der Tasche. Wenn du versuchst, über die Kapazität deiner Empfänglichkeit hinaus Licht anzuziehen, bekommst du in deinem Herzen oder in deinem Kopf Schmerzen.
Wenn ich mich während der Meditation in unserem Center auf das Herz konzentriere, wird mein Atem oft sehr schwer und stört mich.
Sri Chinmoy: Du überanstrengst deine Augen beim Meditieren. Deine Augen sind starr und verspannt, und dieser Druck fällt auf dein Herzzentrum. Dies ist für dein Streben äußerst schädlich. Der Druck wird weggehen, wenn du beim Meditieren deine Augen in normaler Stellung halten kannst. Du kannst deine Augen offen oder geschlossen halten, darauf kommt es nicht an. Verkrampfe sie nur nicht auf unnatürliche Weise.
Wenn ich mich über jemanden, der mir etwas angetan hat, ärgere, kann ich nicht so meditieren, wie ich eigentlich möchte. Wie kann ich das überwinden?
Sri Chinmoy: Wenn du dich ärgerst, kannst du natürlich nicht meditieren. Du kannst nicht gleichzeitig einen Freund und einen Feind in deinem Haus willkommen heißen. Dein Feind ist deine Erregung und dein Ärger, und dein Freund ist die Meditation. Angenommen, es hat dir jemand etwas angetan, und du ärgerst dich über ihn. Selbst wenn mehrere Stunden vergangen sind und du deinen Ärger vergessen hast, so kann er dich trotzdem noch herabziehen. Du hast zwar vergessen, aber du hast nicht vergeben. Bevor du vergeben hast, hast du in deinen Zorn kein Licht gebracht. Manchmal streitest du mit deinen Familienangehörigen, und dann gehst du schlafen. Doch am nächsten Morgen bemerkst du, dass du nicht meditieren kannst. Du hast den Vorfall völlig vergessen, doch während des Schlafes ist die Stärke und die Geschwindigkeit deines Ärgers gewachsen. Es ist deshalb immer besser, den Ärger sofort zu erleuchten. Wenn dir jemand Unrecht tut, versuche zu fühlen, dass es ein erweiterter Teil deines eigenen Bewusstseins war, der diesen kläglichen Fehler begangen hat. Mach dein Herz weit und fühle, dass du selbst etwas falsch gemacht hast. Auf diese Weise wirst du dich nicht aufregen. Du musst aufhören, an andere zu denken. Du darfst nur daran denken, dich selbst zu vervollkommnen. Das bedeutet nicht, dass du die Probleme der Welt missachtest. Nein. Deine eigene Vollkommenheit wird anderen helfen. Wenn du etwas erreichst, dann wirst du dasselbe in ganz kleinem Maß auch in anderen sehen. Wenn du also in anderen etwas Falsches siehst, dann wirst du morgen dasselbe in dir selbst sehen. Und wenn du in jemand anderem etwas Gutes bemerkst, dasselbe in dir jedoch noch nicht siehst, dann wird sich diese Eigenschaft bald in dir entwickeln. Wenn du nicht aufrichtig bist und jemanden siehst, der aufrichtig ist, dann wird deine eigene innere Aufrichtigkeit schon dadurch zum Vorschein kommen, indem du bewusst seine Aufrichtigkeit siehst. Dein inneres Wesen wird versuchen, mit der Aufrichtigkeit des betreffenden Menschen Kontakt aufzunehmen, und wie ein Magnet wird es von diesem Menschen oder vom Supreme, der der Ursprung ist, Aufrichtigkeit anziehen. Versuche von nun an, dich selbst zu verbessern, anstatt umherzuschauen und zu beobachten, wer dir im Wege steht, wer dir ein Hindernis ist. Richte all deine Aufmerksamkeit auf deine eigene Selbstentdeckung. Wenn du dich selbst vervollkommnet hast, wirst du sehen, dass alle Menschen auf der Erde durch dich Vollkommenheit erhalten.
Wie weiß ich, ob ich zuviel meditiere?
Sri Chinmoy: Wenn du zuviel meditierst - das heißt mehr, als deiner Fähigkeit entspricht - wirst du im Bereich des dritten Auges eine Art Spannung oder Schmerz spüren. Häufig wirkt es sich auch auf die Einstellung aus: man wird überheblich. Man hat das Gefühl, man selbst sei so göttlich und vollkommen, und alle anderen seien ungöttlich und unvollkommen. Wenn man mehr Frieden, Licht und Seligkeit von oben herabziehen will, als man assimilieren kann, dann verliert man leicht die Freude an seinen irdischen Tätigkeiten. Man ist unzufrieden und bekommt leicht das Gefühl, diese irdische Existenz sei nutzlos und bedeutungslos. Wenn sich solch ein Gefühl des Ekels oder der Depression einstellt oder wenn man sich von der Welt zurückziehen will, dann kann man sicher sein, dass man über seine eigenen Fähigkeiten hinaus zu meditieren versucht.
Wenn ich meditiere, verliere ich meine Energie und werde müde. Meditiere ich zuviel?
Sri Chinmoy: Nein. Wenn du beim Meditieren deine Energie verlierst, dann bedeutet das, dass deine Meditation nicht richtig ist. Wenn du richtig meditierst, dann wirst du Energie gewinnen. Meditation ist der Weg, um unendliche Energie, unendliches Licht und unendliche Seligkeit zu erhalten. Doch wenn du nach einer falschen Methode meditierst, wirst du natürlich Energie verlieren, statt sie zu gewinnen.
Gibt es etwas, das ich tun kann, um immer eine gute Meditation zu haben?
Sri Chinmoy: Es ist Dankbarkeit, Dankbarkeit, die in unserem Herzen ist, und nicht jene, die in unserem Verstand ist, durch welche du eine hervorragende Meditation haben kannst. Denke nur eine Sekunde daran, dass du vor einiger Zeit genauso warst wie deine Freunde und Nachbarn. Schau dir jetzt den Unterschied an. Es ist wie Tag und Nacht. Deine Freunde und Verwandten sind vielleicht auf der äußeren Ebene reich, doch auf der inneren Ebene sind sie bankrott. Wenn du den Unterschied siehst, wird in dir automatisch eine Quelle der Dankbarkeit entspringen. Wenn du nur ein klein wenig Dankbarkeit haben kannst, wird sich in dir eine neue Welt der Schöpfung öffnen. Ein Samenkorn ist gesät worden, es beginnt zu keimen und wächst zur Pflanze heran. Wenn du also keine gute Meditation hast, ist es das beste, daran zu denken, was du warst und was du werden wirst. Vor langer Zeit konntest du nicht einmal krabbeln; jetzt läufst du im spirituellen Leben. Sobald du den Unterschied siehst, wird in dir ganz sicher Dankbarkeit für den Supreme aufkommen, da Er der Handelnde ist. Er ist es, der dich inspiriert hat und der in dir und durch dich handelt. Er hat dich inspiriert, und Er hat dir die Frucht deiner Handlung gegeben. Deshalb wird deine Dankbarkeit spontan zum Vorschein kommen, und du kannst gut meditieren.
Die Freude bewahren
Was sind die wichtigsten Eigenschaften, um Licht aufzunehmen?
Sri Chinmoy: Um Licht aufzunehmen, sind völlige Aufrichtigkeit und Reinheit erforderlich. Jeder, der in seinem spirituellen Leben hundertprozentig aufrichtig und rein ist, kann sofort Licht aufnehmen. Die Aufrichtigkeit, die ich meine, ist keine gewöhnliche menschliche Aufrichtigkeit, sondern spirituelle Aufrichtigkeit, die unendlich subtiler ist. Spirituelle Aufrichtigkeit fragt danach, ob du bereit bist, alle Opfer zu bringen, um Gott zu gefallen. Wenn Gott dich bittet, alles für Ihn aufzugeben, indem Er sagt: "Gib alles auf, gehe mit Mir, laufe mit Mir", und du bereit bist, dies zu tun, dann nennt man das wirkliche spirituelle Aufrichtigkeit. Wenn es im inneren oder äußeren Leben kein Opfer gibt, dann kann Aufrichtigkeit nicht entstehen. Wirkliche Aufrichtigkeit ist ständiges Selbst-Opfer, um das Höchste zu verwirklichen. Wenn jedoch keine Reinheit vorhanden ist, wirst du sofort das Licht verlieren, das du erhalten hast. Reinheit ist das Gefäß in dir, welches das spirituelle Licht, den Frieden, die Wonne und die Kraft in sich hält. Sehr oft erhalten wir Dinge und verlieren sie dann wieder, weil Unreinheit in uns eindringt. Unreinheit ist nicht nur in niederen vitalen Bewegungen. Auch Zweifel, Angst, Eifersucht und Unsicherheit sind Formen der Unreinheit. Eine der ungöttlichen Eigenschaften, die mit der Unreinheit Hand in Hand geht, ist die Selbsttäuschung. Du musst deshalb sehr vorsichtig sein. Wenn du deine spirituelle Reise beschleunigen willst, dann muss Reinheit an erster Stelle kommen. Ansonsten wirst du alles verlieren, egal, wieviel Licht du erhalten hast oder erhalten wirst.
Am Ende der Meditation fühle ich mich immer sehr gut. Sollte ich mit diesem Gefühl irgendetwas tun oder es auf irgendeine Weise gebrauchen?
Sri Chinmoy: Was immer du fühlst, solltest du dir erhalten. Wie kannst du es dir erhalten? Indem du deinem inneren Piloten deine Dankbarkeit anbietest. Du kannst auch versuchen zu fühlen, dass das, was du erreicht hast, noch nicht genug ist. Wenn du ein wenig Frieden erhalten hast, dann kannst du das nächste Mal versuchen, zehnmal mehr Frieden zu erhalten. Und wenn du spürst, dass du einen inneren Muskel entwickelt hast, der dich empfänglich macht, dann kannst du fortfahren, diesen Muskel zu stärken. Auf diese Weise kannst du eine sehr starke innere Aufnahmebereitschaft entwickeln.
Wie können wir das Bewusstseinsniveau, welches wir während der Meditation erreichen, auch nach der Meditation beibehalten?
Sri Chinmoy: Hier in diesem Meditationsraum streben wir alle; deshalb ist unser Bewusstsein hoch. Wenn wir dann nach Hause gehen, wird unser Bewusstsein wieder fallen. Es passiert vielleicht irgendein Unglück, oder wir nehmen unsere gewöhnlichen Aktivitäten auf und verlieren unser inneres Streben. Auch ohne äußere Schwierigkeiten werden wir es schwierig finden, in unserem höchsten Bewusstsein zu verbleiben, denn wir sind es nicht gewohnt, dort zu leben. Wir streben eine halbe Stunde lang mit größter Aufrichtigkeit, und dann setzt die Zerstreuung wieder ein. Wir haben das Gefühl, wir hätten hart gearbeitet und wären nun berechtigt, uns eine oder zwei Stunden lang auszuruhen. Wir schätzen nicht, was wir erreicht haben. Wir haben das Gefühl, dass wir es morgen wieder zurückerhalten werden, sollten wir es verlieren. Und so beginnen wir, Zeitung zu lesen oder fernzusehen, und auf diese Weise gehen wir in die Welt der Zerstreuung. Wenn wir jedoch die Höhe unseres Strebens immer beibehalten wollen, dann sollte unser Streben ständig fließen. Angenommen, wir haben ungefähr eine Stunde meditiert und haben nicht die Fähigkeit, länger zu meditieren. Wir können trotzdem etwas tun, um unsere Meditation zu erhalten. Wir können spirituelle Bücher lesen oder spirituelle Lieder singen oder seelenvolle Musik hören. Außerdem können wir einen spirituellen Freund besuchen, oder wenn das nicht möglich ist, ihn anrufen und am Telefon über etwas Spirituelles sprechen. Wir können auch über unsere Erfahrungen schreiben, nicht mit dem Gedanken, sie einmal zu veröffentlichen, sondern nur, um sie in unserem Bewusstsein zu halten. Während wir unsere Erfahrung niederschreiben, enthüllen wir unser eigenes inneres Licht. Wir werden dann jedesmal neue Inspiration und Strebsamkeit erhalten, wenn wir wieder durchlesen, was wir über unsere Erfahrungen geschrieben haben. Selbst beim Essen können wir die Erfahrungen unserer Morgenmeditation wachhalten. Man kann das mit dem Aufladen einer Batterie vergleichen. Wir laden unser Gedächtnis mit spiritueller Energie auf. Auf diese Weise können wir im spirituellen Fluss bleiben, den wir während unserer Morgenmeditation gespürt haben, und unser Bewusstsein auf hohem Niveau halten, bis es Zeit ist für unsere nächste Meditation. Wenn wir unsere Höhe beibehalten und den größtmöglichen Fortschritt machen wollen, dann müssen wir uns in unserem täglichen Leben jede Sekunde bewusst sein, was wir tun. Die Zeit wird kommen, wo wir unser Leben überhaupt nicht mehr einschränken müssen; unser Leben selbst wird zu einem ständigen Fluss der Strebsamkeit werden. Doch vorläufig müssen wir unseren bewussten Verstand gebrauchen, um streben zu können.
Nach der Meditation verliere ich manchmal die Freude, die ich während der Meditation erhalten habe, und fühle mich niedergeschlagen. Warum verliere ich meine Freude?
Sri Chinmoy: Es gibt zwei Gründe, warum du deine Freude verlierst. Der eine Grund ist, dass dein Verstand kraftvoll und vehement zu arbeiten beginnt. Wenn der Verstand auf diese Weise aktiv ist, erlaubt er dunklen, unreinen und ungöttlichen Gedanken bewusst oder unbewusst hereinzukommen. Wenn die Unreinheit eintritt, dann muss die Freude weichen. Doch wenn die Reinheit im Verstand fest verwurzelt ist, wird die Freude lange Zeit bleiben. Manchmal verlierst du deine Freude auch deshalb, weil dein inneres Gefäß klein ist und du mehr Licht in dir aufgenommen hast, als darin Platz findet, und Licht ist Freude selbst. Die Lichtmenge, die du während deiner Meditation erhalten hast, hat dich zufriedengestellt, doch dein inneres Gefäß ist nicht groß genug, um es zu halten. Wenn du es verlierst, bist du bedrückt.
Manchmal fühle ich mich sehr traurig, wenn ich von der Meditation herabkomme.
Sri Chinmoy: Die Traurigkeit, die du verspürst, ist ganz natürlich, denn du warst in einer höheren Welt und musst wieder auf das irdische Niveau herabkommen. Dann kommen alle Probleme und Sorgen der Welt in dich. Wenn du jedoch ein paar Jahre lang aufrichtig meditierst, werden dir diese Sorgen nicht mehr im Weg stehen. Wenn du dann von deiner Meditation herabkommst, wirst du absoluten Frieden, Ausgeglichenheit, Freude und Liebe für die Menschheit verspüren. Im Moment fühlst du grenzenlose Liebe für dein Kind. Doch wenn du ein paar Jahre lang meditiert hast, wirst du noch viel mehr Liebe für dein Kind fühlen, weil du die Anwesenheit Gottes in ihm spüren wirst. Im Augenblick spürst du nicht ständig die Anwesenheit Gottes in deinem Kind. Wenn sich das Kind schlecht benimmt und etwas zerbricht, denkst du nicht daran, dass Gott in ihm wirkt. Du wirst verzweifelt ausrufen: "Nein, nein, das ist nicht Gott; das ist der Teufel in Person." Doch die Zeit wird kommen, wo du Gott in deinem Sohn ständig sehen wirst, gleichgültig was er tut oder sagt. Sobald du diesen Punkt erreichst, wirst du dich nicht leer fühlen, wenn du von deiner Meditation herabkommst. Im Gegenteil, du wirst fähig sein, dieselbe Freude, dieselbe Wonne, denselben Frieden und dasselbe Gleichgewicht beizubehalten, auch wenn du wieder in das ganz gewöhnliche Leben eintrittst. Wenn du meditierst, musst du fühlen, dass du einen Baum hinaufkletterst. Du gehst sehr hoch hinauf, um Mangos zu pflücken und sie herabzubringen, um sie anschließend zu verteilen. Wenn du jedoch herabkommst und traurig bist, dann bedeutet das, dass du sie alle für dich allein oben auf dem Baum essen möchtest. Du willst sie nicht herabbringen und sie mit anderen teilen. Wenn du also hinaufgehst, gehe immer mit Freude hinauf, und wenn du herabkommst, komme immer mit Freude herab. Wenn du hinaufgehst, gehe mit dem Gefühl hinauf, dass du das Höchste erreichen willst; und wenn du von deiner Meditation herabkommst, fühle, dass du herabkommst, um zu teilen.
Deine tägliche Meditation: Nahrung für die Seele
Wie kann man im Verlauf eines geschäftigen Tages Zeit finden, um zu meditieren?
Sri Chinmoy: Es stehen uns vierundzwanzig Stunden zur Verfügung. Im Laufe des Tages finden wir Zeit, alle möglichen Dinge zu tun. Was hält uns davon ab, fünf oder zehn Minuten am Tag an Gott zu denken? Wir haben Zeit zum Essen; wir haben Zeit zum Schlafen; wir haben Zeit, mit unseren Freunden zusammenzusein, wir lesen die Zeitung oder sehen fern. Wir haben für alles Zeit, was wir für notwendig halten. Doch wenn es um Gott geht, sagen wir, wir hätten keine Zeit. Gott ruft nach uns, damit wir an Ihn denken. Wenn wir Ihm wirklich gefallen möchten, werden wir die Zeit finden, an Ihn zu denken und auf Ihn zu meditieren. Doch wenn Gott in unserem Leben keine bedeutende Rolle spielt, werden wir immer zu beschäftigt sein.
Welche Zeit eignet sich am besten für die Morgenmeditation?
Sri Chinmoy: Die geeignetste Zeit zum Meditieren ist zwischen drei und vier Uhr morgens. Das ist Brahma Muhurta, die Stunde Gottes. Ganz gleich, auf welcher Stufe du stehst, selbst wenn du ein völliger Anfänger bist - du wirst auf sehr wenig Widerstand stoßen, wenn du um diese Zeit meditierst. Vom westlichen Menschen, der um zwölf oder ein Uhr zu Bett geht, kann man nicht erwarten, dass er um drei oder vier Uhr meditiert. Wenn du um vier Uhr meditieren willst, solltest du abends um neun oder zehn Uhr schlafen gehen. Für jemanden, der das spirituelle Leben eben erst begonnen hat, sind sieben oder acht Stunden Schlaf notwendig. Wenn du versuchst, nur drei oder vier Stunden zu schlafen, damit du um vier Uhr morgens aufstehen kannst, wird sich das negativ auf deine Gesundheit auswirken. Wenn du erschöpft bist, wirst du auch in spiritueller Hinsicht nicht davon profitieren, und der Körper wird sich als Hindernis für deinen inneren Fortschritt herausstellen. Wenn du im spirituellen Leben einen gewissen Fortschritt gemacht hast, kannst du deinen Schlaf nach und nach reduzieren. Wenn dein physischer Körper beginnt, Licht von oben zu empfangen, verringert sich dein Schlafbedürfnis. Wenn du nicht so früh meditieren kannst, meditierst du am besten gleich nach dem Aufstehen, bevor du dich deinen täglichen Aktivitäten zuwendest. Wenn möglich, solltest du versuchen, vor sieben Uhr zu meditieren. Bevor die äußere Welt dich angreift oder irgendetwas von dir verlangt, solltest du in die innere Welt eintreten, mit der Absicht, dich selbst zu erfüllen. Auf diese Weise erfüllst du deine innere Pflicht, bevor du beginnst, deinen äußeren Pflichten nachzukommen. Alles wird eine spirituellere Perspektive erhalten, wenn Gott in deinem Leben zuerst kommt. Wenn du Gott - der dir am liebsten ist und dir am nächsten steht - zuerst erfüllen kannst, bevor du deine irdischen Tätigkeiten beginnst, verhältst du dich ganz natürlich und richtig.
Soll ich versuchen, zur Meditation spontan aufzustehen, oder soll ich einen Wecker stellen?
Sri Chinmoy: Du solltest einen Wecker benutzen. Um die besondere Gnade zu erhalten, zu jeder gewünschten Zeit aufzuwachen, musst du ein Yogi sein. Doch zum Meditieren solltest du keine Uhr vor dich hinstellen. Wenn du wirklich seelenvoll meditieren willst, dann tauche einfach tief nach innen. Wenn du meditierst, gefällst du Gott. Er wird dich daran erinnern, dass es Zeit ist, zur Schule oder ins Büro zu gehen. Wenn du wirklich meditierst, wird Er das für dich tun. Doch wenn du dich in der Welt des Schlafes befindest, träumst und deine wertvolle Zeit verschwendest, dann wird Er keine Verantwortung übernehmen.
Ist es besser, länger zu schlafen und später als zur gewohnten Zeit zu meditieren, wenn man sehr spät zu Bett geht und am Morgen sehr müde ist, wenn der Wecker klingelt?
Sri Chinmoy: Es kommt darauf an, wie oft du das machst. Wenn du das jede Woche tust, dann ist es nicht gut. Wenn es jedoch alle Schaltjahre einmal vorkommt, macht das nichts. In der Schule lernst du ein paar Monate lang, und anschließend hast du Ferien. Doch wie willst du Fortschritt erzielen, wenn du jeden Tag Ferien machst? Wenn du monatelang zu einer bestimmten Zeit meditiert hast und dann ausnahmsweise an einem Morgen sehr müde bist, dann macht das nichts. Doch wenn du jeden Tag zu einer anderen Zeit in die Schule gehst, wie soll der Lehrer dann mit dir zufrieden sein? Gelegenheiten kommen in unserem Leben nicht jeden Tag. Spiritualität ist wie eine Gelegenheit. Wenn du eine Meditation verpasst, musst du spüren, dass du wirklich etwas verpasst hast und einen Schritt weniger weit vorangekommen bist. Wenn du nicht regelmäßig meditierst, verliert dein Bewusstsein einen Teil seiner Fähigkeit, und der Weg wird sehr lang. Sobald man sich entspannt, wird man von der Unwissenheit eingehüllt. Wenn du einmal nicht aufstehen kannst, dann hat dich an diesem Tag die Unwissenheit besiegt. Angenommen, du gehst um drei Uhr morgens zu Bett und kannst nicht zur gewohnten Meditationszeit aufstehen. Doch wer hat dich gebeten, um drei Uhr morgens zu Bett zu gehen? Du wirst sagen, es sei unvermeidlich gewesen; du hättest etwas sehr Wichtiges getan. Doch wenn du für so etwas Wichtiges so lange aufbleibst, dann fühle bitte gleichzeitig, dass du um sechs Uhr morgens ebenfalls etwas Unerlässliches machen musst: Du wirst aufstehen müssen, um zu meditieren. Wenn dir die Tätigkeit zu dieser späten Stunde so wichtig war, dass du es nicht vermeiden konntest, so möchte ich sagen, dass deine Meditation unendlich viel wichtiger ist: Nichts kann wichtiger sein als Meditation. Manchmal ist deine Müdigkeit echt; manchmal ist sie nur eingebildet. Auch wenn du zehn Stunden lang schläfst, fühlst du dich manchmal sehr müde. Viele Menschen schlafen viel mehr, als sie wirklich brauchen. Dein Verstand gibt dir oft das Gefühl, du seist sehr müde und erschöpft. Der Verstand ist sehr schlau. Er gibt dir das Gefühl, die ganze Welt gehöre dir, wenn du nur fünf Minuten länger schlafen kannst. Wenn du um sechs Uhr aufstehen sollst, wird dir dein Verstand sagen, dass du hellwach sein wirst, wenn du nur eine Minute länger schlafen kannst. Doch wenn du dem Körper diese eine Minute gibst, wird der Verstand sofort um weitere fünf oder zehn Minuten bitten, und es ist bald sieben oder acht Uhr. Am besten hört man deshalb überhaupt nicht auf den Verstand.
Ist es schlecht, wenn man sich am Morgen nach der Meditation wieder schlafen legt?
Sri Chinmoy: Wenn du schlafen gehst und nicht vor acht oder neun Uhr aufstehst, dann können deine eigenen vitalen Kräfte oder die Aggressionen der Erde, welche zu dieser Zeit in Bewegung sind, in das Ergebnis der Meditation, die du zuvor hattest, eindringen und es zunichte machen. Es ist deshalb viel besser, wenn du andere spirituelle Dinge tun kannst, wie zum Beispiel spirituelle Bücher lesen oder spirituelle Lieder singen.
Sollte man sich an die Meditationszeit halten, die man sich ausgewählt hat, auch wenn man früher aufstehen kann?
Sri Chinmoy: Ja. Wenn du normalerweise morgens um fünf Uhr dreißig meditierst, dann wird zu diesem Zeitpunkt deine Seele zu dir kommen. Darauf solltest du vorbereitet sein. Wähle den Zeitpunkt, den du für dich als den besten betrachtest, und halte dich daran. Wenn du willst, kannst du eine halbe Stunde früher aufstehen, um dich zu duschen und dich vorzubereiten, doch später solltest du zur festgelegten Zeit meditieren.
Hilft es, wenn wir vor dem Meditieren aufstehen und eine volle Stunde wach sind, um dann um sechs Uhr zu meditieren? Werden wir wacher, wenn wir etwas tun?
Sri Chinmoy: Es ist nicht gut, zuviel zu machen. Wenn du einen materiellen Gegenstand berührst, dann wird das Bewusstsein dieses Gegenstandes sofort in dich eindringen. Wenn du ein Buch berührst, wird sofort das Bewusstsein des Autors in dich eindringen. Wenn du dich schläfrig fühlst und du anfängst, im Haushalt zu arbeiten, um wach zu werden, dann wird das Haushaltsbewusstsein in dich eindringen. Wenn du dich schläfrig fühlst, ist es am besten, dich zu duschen. Wasser bedeutet Bewusstsein. Wie kannst du wieder einschlafen, wenn das Bewusstsein einmal in dich eingetreten ist? Unternimm also vor der Meditation möglichst nichts. Dusche dich einfach und meditiere anschließend. Du kannst dich innerlich vorbereiten, indem du ein paar Minuten lang spirituelle Schriften liest oder einige seelenvolle spirituelle Lieder singst. Doch du solltest dich nicht im Haushalt betätigen oder mit der Arbeit beginnen.
Ist es gut, ein paar Körperübungen zu machen, wenn wir uns schläfrig fühlen?
Sri Chinmoy: Sicherlich. Nachdem man einige Übungen gemacht hat, wird man sich wacher fühlen. Es ist gut, vor der Meditation einige Minuten lang Hatha-Yoga-Übungen zu machen.
Was sollen wir tun, wenn wir nicht rechtzeitig meditiert haben? Sollen wir das bei unserer nächsten Meditation ausgleichen und einfach entsprechend länger meditieren?
Sri Chinmoy: Nimm es dir nicht zu sehr zu Herzen, wenn du an einem Tag nicht zu deiner gewohnten Stunde meditieren kannst, weil gewisse unumgängliche Umstände dich daran hindern. Doch lasse deine Meditationsstunde nicht aus Trägheit oder Nachlässigkeit oder aus dem launischen Gefühl verstreichen, dass du dich nun ein wenig ausruhen könntest, weil du ein paar Tage regelmäßig meditiert hast. Du kannst eine verpasste Meditation nicht nachholen, indem du das nächste Mal länger meditierst. Normalerweise essen wir dreimal am Tag. Nehmen wir an, du hattest kein Frühstück und konntest auch mittags nichts zu dir nehmen. Wenn du nun am Abend alles essen willst, was du den Tag hindurch nicht essen konntest, wirst du deinen Magen überfordern. Wenn du zwei oder drei Tage lang nichts isst und dann alles auf einmal essen willst, was du während deiner Fastenzeit nicht gegessen hast, dann wirst du Schwierigkeiten bekommen. Mit der Meditation verhält es sich genauso. Du besitzt die innere Fähigkeit am Morgen, am Mittag, am Abend und in der Nacht für eine gewisse Zeitspanne zu meditieren. Wenn du an einem bestimmten Tag dieser Routine nicht folgen kannst, dann ist es besser, wirklich seelenvoll zu meditieren, wenn du Zeit hast. Wenn du hingegen versuchst die Zeitspanne auszudehnen , wenn du versuchst, statt einer halben Stunde zwei oder drei Stunden lang zu meditieren, dann wird dein physischer Verstand diesem Druck nicht standhalten können. Anstatt deine Fähigkeit zu vergrößern wirst du sie zerstören. Es wird eine ungeheure Spannung in deinem spirituellen Leben erzeugen. Alles muss systematisch und Schritt für Schritt getan werden. Mit der Zeit wirst du die Fähigkeit erlangen, acht oder zehn Stunden hintereinander zu meditieren, doch im Augenblick ist das nicht möglich. Wenn dein inneres Streben wirklich intensiv ist, wenn Gott in deinem Leben wirklich an erster Stelle steht, kannst du dir dein äußeres Leben leicht so einteilen, dass du Zeit zum Meditieren findest. Das innere Streben hat unendlich viel mehr Macht als äußere Hindernisse. Wenn du deine innere Kraft gebrauchst, müssen sich die Umstände deiner Strebsamkeit ergeben. Wenn du wirklich jeden Tag meditieren willst, dann sage ich dir, dass dir deine innere Strebsamkeit die Kraft dazu geben wird. Äußere Hindernisse können leicht überwunden werden, da das innere Leben der lebende Ausdruck der unendlichen Kraft ist. Vor der unendlichen Kraft müssen die äußeren Hindernisse aufgeben.
Wie lange soll ich meditieren? Genügen fünfzehn Minuten oder soll ich versuchen, länger zu meditieren?
Sri Chinmoy: Das hängt von dir ab. Wenn du länger als fünfzehn Minuten meditieren kannst, dann tu es bitte. Doch die Meditation muss völlig aufrichtig und seelenvoll sein. Es ist falsch, eine Stunde lang dazusitzen, nur um sich das Gefühl zu geben, man sei ein fortgeschrittener Sucher. Die Seele wird nicht anwesend sein. Du kannst fünf Stunden lang meditieren, doch die Meditation wird dir keine Freude bereiten. Sie wird überhaupt nicht fruchtbar sein. Du wirst lediglich Kopfschmerzen bekommen. Wenn jemand fünfzehn Minuten lang höchst seelenvoll meditieren kann und das Gefühl hat, er könne fortfahren, so kann er weiter meditieren. Wenn er jedoch die Fähigkeit nicht hat, wird er nur seine Zeit verschwenden. Am besten meditierst du, solange du kannst, ohne dich geistig zu verspannen. Es hängt völlig von deiner Fähigkeit ab. Die spirituelle Fähigkeit zu vergrößern, ist, wie einen Muskel zu entwickeln. Du übst heute vielleicht fünf Minuten lang, und dann bist du müde. Nach zwei Monaten kannst du eine halbe Stunde oder länger trainieren, denn du hast deine Muskeln entwickelt. Es gibt auch einen spirituellen Muskel: deine Strebsamkeit. Es hängt ganz von der Stärke deines inneren Muskels ab, wie lange und wie aufrichtig du nach Gott schreien kannst.
Wenn ich zu wenig meditiere, habe ich den Tag hindurch nicht genügend Energie, und wenn ich zu lange meditiere, dann kann ich meine Strebsamkeit nicht aufrechterhalten. Wie kann ich diesen Energieunterschied ausgleichen?
Sri Chinmoy: Dein Problem ist, dass du in die Extreme gehst. Einmal isst du zuviel und kannst dann das, was du gegessen hast, nicht verdauen; ein andermal isst du überhaupt nichts und fühlst dich dann schwach. Wenn du nicht meditierst, fühlst du dich unwohl, und wenn du über deine Fähigkeit hinaus meditierst, fühlst du dich verausgabt. Du brauchst jedoch weder zu stoßen noch zu ziehen. Du musst dir nur bewusst sein, wozu du fähig bist. Wenn du nur fünf Minuten lang meditierst, wirst du natürlich nicht den ganzen Tag über inspiriert sein; wenn du jedoch eine Stunde oder zwei Stunden meditierst, überforderst du dich, und dein physischer Körper lehnt sich dagegen auf. Meditiere deshalb am besten zwanzig Minuten lang am Morgen und zwanzig Minuten lang am Abend voller Hingabe und mit ganzem Herzen. Wenn du Gelegenheit hast, kannst du auch am Nachmittag noch weitere fünf oder zehn Minuten meditieren. Das wird in deinem speziellen Fall völlig genügen.
Weshalb lehnt sich der physische Körper dagegen auf, wenn wir zuviel meditieren?
Sri Chinmoy: Wenn das physische Bewusstsein nicht kräftig genug ist oder nicht genügend Reinheit besitzt, um den Frieden, das Licht und die Seligkeit in sich zu bewahren, die das psychische Bewusstsein von oben erhält, wird es leiden. Wenn wir über unsere Aufnahmefähigkeit hinaus ziehen, wird unser inneres Gefäß nur zerbrechen. Fähigkeit bedeutet hier Empfänglichkeit. Wenn wir große Empfänglichkeit entwickeln, können wir alles assimilieren, egal wieviel wir von oben herabbringen. Aus diesem Grunde sage ich den Leuten immer, sie sollten weder ziehen noch stoßen. Wir müssen unser Leben so annehmen, wie es ist, und dann versuchen, es zu transformieren - nicht gewaltsam, sondern Schritt für Schritt durch Strebsamkeit.
Kann man länger meditieren, wenn man sich während der Meditation sehr inspiriert fühlt?
Sri Chinmoy: Bleibe am Anfang einfach in einer meditativen Stimmung und lies spirituelle Schriften oder singe spirituelle Lieder. Wenn du eine halbe Stunde lang meditiert hast, dann kannst du diese Zeitspanne nach zwei oder drei Monaten ausdehnen. Dehne sie jedoch nicht zu plötzlich aus. Auch wenn du dich inspiriert fühlst, verlängere deine Meditationszeit bitte nur nach und nach. Sonst dringt leicht ein subtiler Stolz in dich ein, wenn du heute gut meditierst und du auf einmal deine Meditationszeit verdoppelst. Du wirst den ganzen Tag voller Stolz sein, und am nächsten Morgen wird dir dieser Stolz nicht erlauben, überhaupt zu meditieren. Du wirst glauben, du hättest von deiner Meditation alles erhalten und wirst zwei Wochen lang nicht einmal aufstehen. Meditation ist wie Essen oder Turnen. Wenn man an einem Tag zuviel isst, wird man am nächsten Tag Magenschmerzen haben. Oder wenn man die Fähigkeit hat, fünf Liegestützen zu machen und sich eines Tages inspiriert fühlt, diese Übung zwanzigmal zu machen, dann wird man am folgenden Tag zu müde sein, auch nur eine einzige Liegestütze zu machen. Vergrößere deine Fähigkeit deshalb immer langsam; dann wirst du keine Schwierigkeiten haben. Verlängere die Zeitspanne jeweils nur um eine oder zwei Minuten. Nach etwa einem Monat wird deine Meditation zehn oder fünfzehn Minuten länger sein.
Ich versuche täglich fünfzehn Minuten lang zu meditieren, doch manchmal dauert es fast genauso lange, bis ich zur eigentlichen Meditation bereit bin. Was rätst du mir?
Sri Chinmoy: Nimm dir eine halbe Stunde Zeit, wenn du fünfzehn Minuten meditieren willst. Während dieser halben Stunde wirst du einige Zeit damit verbringen, dich vorzubereiten, was notwendig ist, wenn du fünfzehn Minuten lang gut meditieren willst. Manche Leute meinen, dass sie keine zusätzlichen fünfzehn Minuten benötigen. Sobald sie beginnen, fangen sie an zu rennen. Wenn es für dich aber notwendig ist, dann mache ein paar Startübungen. Wenn es nicht notwendig ist, kannst du gleich von Anfang an in deine seelenvolle Meditation gehen.
Ich konnte am Morgen nicht meditieren, doch später am Tag ging es gut. Woher kam das?
Sri Chinmoy: Dafür kann es viele Gründe geben. Als du am Morgen versucht hast zu meditieren, brauchtest oder wolltest du vielleicht mehr Schlaf. Du hast völlig richtig gehandelt, indem du später meditiert hast. Hättest du deine Reise richtig beginnen können, dann hätte dich die Zeit, die du vor deinem Altar verbracht hast, völlig erfüllt. Da du jedoch zu dieser Zeit nicht meditieren konntest, war es das beste, es später noch einmal zu versuchen, und das hast du ja getan.
Ich bin eine Hausfrau mit kleinen Kindern. Welchen Ratschlag gibst du mir?
Sri Chinmoy: Du kannst auch als Hausfrau leicht meditieren, vorausgesetzt, du bist bereit, das Wichtigste zuerst zu tun. Früh am Morgen, bevor deine Familie aufwacht und du ins Treiben des Lebens eintreten musst, kannst du ein paar Minuten Gott widmen. Wenn du weißt, dass deine Kinder zu einer bestimmten Zeit ihr Essen haben möchten und deine Aufmerksamkeit brauchen, dann kannst du leicht zehn Minuten früher aufstehen. Wenn du dich dann während des Tages um deine Kinder kümmerst und deine Hausarbeit machst, dann musst du in ihnen und in allem um sie herum die lebendige Gegenwart Gottes spüren. Leider tun das die meisten Menschen nicht. Sie betrachten ihre Kinder und ihre Verpflichtungen als ihren Besitz und ihre Last und nicht als gottgegebene Gelegenheiten, um Gott zu lieben und Ihm zu dienen. Wenn du spüren kannst, dass du deine Kinder deshalb liebst, weil Gott in ihnen ist, dann wird ein spontaner Fluss göttlicher Liebe fließen. Dann spüren auch die Kinder, dass die Mutter etwas Besonderes anzubieten hat. Versuche bitte zu fühlen, dass es zwischen dir und deinen Liebsten eine Brücke gibt und diese Brücke ist Gott. Du liebst deine Liebsten deshalb, weil Gott der ewig Liebende in ihnen ist. Du hast deshalb mit jemandem Mitleid, weil in dir die ewige mitleidsvolle Mutter ist. Auf diese Weise kannst du in einem seelenvollen und spirituellen Bewusstsein bleiben, selbst wenn du mit deinen Kindern beschäftigt bist.
Wenn ich meditiere, fühle ich manchmal überall um mich herum Frieden und Licht. Dann ruft mich jemand von der Küche oder von irgendwo anders, und ich muss mit der Meditation aufhören. Dann fühle ich mich frustriert.
Sri Chinmoy: Du solltest für deine ernsthafte Meditation zunächst einmal einen Zeitpunkt auswählen, an dem deine Familie nicht unbedingt deine Aufmerksamkeit braucht. Aber wenn dich während der Meditation jemand ruft, rege dich nicht auf. Fühle, dass die Erfahrung, die du während der Meditation hattest, erhebend war. Nun musst du diesen Frieden, diese Liebe oder dieses Licht zu dem Menschen bringen, der dich gerufen hat oder der dich gestört hat. Wenn du das tun kannst, wirst du statt Frustration eine Ausdehnung des Lichtes sehen, das du erhalten hast. Dann wirst du noch mehr Freude spüren, denn deine Errungenschaft hat sich ausgedehnt. Im Moment jedoch trennst du dein Leben der Meditation von der Welt der Wirklichkeit. Versuche stattdessen zu fühlen, dass du die Göttlichkeit deiner Meditation in die neue Situation hineinbringst, die die Störung verursacht. Wenn du deine Meditation auf diese Weise ausdehnst, dann wirst du sie auch in deinen täglichen Aktivitäten sehen. Meditation spielt sich nicht nur in der Stille ab, sondern auch im bunten Treiben der Welt. Du wirst sehen, dass du auch dort ein hohes Bewusstsein behalten kannst.
Wenn wir den ganzen Tag mit unstrebsamen Leuten in der Schule gewesen sind und uns in einer ungöttlichen Stimmung befinden, wie können wir diese Stimmung loswerden, um gut zu meditieren?
Sri Chinmoy: Versuche dir vorzustellen, dass sich unmittelbar vor dir zwei Räume befinden. Während des Tages, als du mit den unstrebsamen Leuten zusammen warst, warst du im unerleuchteten Raum. Fühle, dass du diese ganze Zeit von Gaunern gefangen gehalten wurdest, die versuchten, dich zu erwürgen. Sie versuchten, dein Leben, dein Leben der Strebsamkeit wegzunehmen. Wenn du dich dann zum Meditieren hinsetzt, fühle, dass du nun dieser Welt der Zerstörung entflohen bist. Diese Kräfte hätten dich töten können, doch du bist in einen Raum des Friedens, des Lichtes und der Wonne entflohen, und dieser Raum ist dein wahres Heim. Wenn du dies fühlen kannst, wirst du sehr erleichtert sein, und dein Dasein ist automatisch von der Welt der Unwirklichkeit getrennt. Wenn du dich nicht von dieser Welt der Zerstörung trennst, werden all diese unstrebsamen Kräfte mit dir zum Meditieren kommen. Du wirst die Schwingung, die Atmosphäre und die Gedanken dieser Welt in deinem Verstand mittragen. Es ist, als ob dir jemand eine schwere Last aufgeladen hätte. Du weißt nicht, wer dir diese schwere Last aufgeladen hat; du trägst die Last einfach. Aber sobald du in den anderen Raum eintrittst, wirfst du diese schweren Säcke weg. Gewisse Leute betrachten die Meditation als Teil ihres Tagesablaufes. Sie haben das Gefühl, das eine schließe sich dem anderen in fortlaufender Folge an. Um acht Uhr gehen sie ins Büro; um fünf Uhr kommen sie zurück; um sechs Uhr meditieren sie. Doch es ist falsch, die Meditation einfach als weitere Verpflichtung anzusehen. Versuche nicht, die uninspirierenden Ereignisse in deinem Leben mit den erfüllenden Ereignissen zu vermischen. Trenne sie einfach, und schenke ihnen Beachtung, wo es angemessen ist. Wenn du in den Meditationsraum eintrittst, fühle, dass du nun ins wirkliche Leben eintrittst, während du zuvor ein unwirkliches Leben lebtest. Sobald du das tust, wirst du sehen, dass dich das wirkliche Leben mit all seinem inneren Reichtum willkommen heißt.
Häufig fühle ich mich vor dem Einschlafen voller Liebe und Freude und manchmal bleibe ich wach - ohne irgendwelche bewussten Gedanken außer Dankbarkeit. Doch ich sorge mich darum, ob ich am nächsten Morgen auch aufstehen kann, denn ich möchte ausgeruht sein.
Sri Chinmoy: Wenn du nicht einschlafen kannst und dich keine ungöttlichen Gedanken belästigen, warum versuchst du nicht, noch einmal zu meditieren? Wenn du nicht gerade meditieren möchtest, dann kannst du in spirituellen Büchern lesen. Wenn es deine Schlafenszeit ist, du dich aber nicht schläfrig fühlst, dann ist es das beste, wenn du fühlst, dass Gott dir eine Gelegenheit gegeben hat, mehr zu meditieren. Wenn du dich während des Meditierens schläfrig fühlst, kannst du zu Bett gehen. Wenn dich die Schläfrigkeit jedoch nicht belästigt, solltest du dich glücklich schätzen, dass dir diese Zeit zur freien Verfügung steht.
Könnte man eine Woche lang nur meditieren, um einen gewissen Fortschritt zu erzielen?
Sri Chinmoy: Dann müsste man mehr psychiatrische Kliniken eröffnen. Es ist nicht möglich, eine Woche lang zu meditieren. Nur spirituelle Meister können stunden- und tagelang ununterbrochen meditieren. Gewöhnliche Sucher müssen sprechen, sich unter die Leute mischen und Anregungen von außen erhalten. Sonst erregen sich Verstand und Nerven. Als Folge darauf treten Ärger und auch eine Art subtiler Stolz auf, dass man eine ganze Woche äußerst spirituell war. Und dann wird der Sucher abnormal. Es ist möglich, achtzehn oder zwanzig Stunden am Tag zu meditieren, doch erst wenn man an der Schwelle zur Gottverwirklichung steht oder nachdem man Gott verwirklicht hat. Zu diesem Zeitpunkt hat man diese Fähigkeit erworben. Wenn du es jedoch jetzt versuchst, dann wirst du nur verrückt.
Gib niemals auf!
Was geschieht, wenn wir im spirituellen Leben eine Pause machen und unsere Reise später fortsetzen wollen, nachdem wir bereits ein paar Monate oder ein paar Jahre lang meditiert haben?
Sri Chinmoy: Im gewöhnlichen Leben kann man, nachdem man eine Meile zurückgelegt hat, anhalten und eine Pause machen und dann seine Reise fortsetzen. Im spirituellen Leben ist es jedoch nicht so. Sobald du im spirituellen Leben eine Pause machst, dringen Zweifel, Angst und Misstrauen in dich ein. Es dringen alle Arten von negativen Kräften in dich ein und zerstören deine Möglichkeiten. Deine Entwicklungsmöglichkeit bleibt die gleiche; du wirst schließlich Gott verwirklichen. Doch die goldene Möglichkeit, die du einmal hattest, ist verloren. Du wirst auf deine alten Wege zurückfallen und dich in der Unwissenheit verlieren und der Fortschritt, den du erreicht hast, wird zunichte gemacht. Die Essenz deines Fortschritts verbleibt jedoch in deiner Seele. Die Essenz geht nicht verloren, selbst wenn du sie in deinem äußeren Leben nicht verwenden kannst. Die Quintessenz des Fortschritts, den du gemacht hast, wird in deinem Herzen bleiben. Wenn du nach fünf oder zehn Jahren oder in der nächsten Inkarnation wieder mit Meditation anfangen willst, wird diese Quintessenz erneut hervorkommen. Wenn du dann ganz aufrichtig zu Gott betest, um das spirituelle Leben erneut zu beginnen, dann wird dein früherer Fortschritt in deinem Leben von großer Bedeutung sein.
Wie kann ich meinen Enthusiasmus beibehalten, jeden Tag gut zu meditieren? Manchmal fühle ich mich überhaupt nicht inspiriert zu meditieren.
Sri Chinmoy: An manchen Tagen willst du nicht meditieren, weil du früh am Morgen deine Liebe, deine Hingabe und deine Ergebenheit zu deinem ewigen Piloten in dir nicht erneuerst. Dein ewiger Pilot ist jeden Tag bereit, deinen inneren Hunger zu stillen, doch du schenkst Ihm vielleicht nicht einmal eine Sekunde lang deine Dankbarkeit. Wenn du fühlen kannst, dass in dir eine Flut von Dankbarkeit fließt, kannst du mit Leichtigkeit jeden Tag eine wundervolle Meditation haben. Was ist das beste, wenn du an einem bestimmten Tag keinen Enthusiasmus verspürst oder keine Inspiration hast, um zu meditieren? Erinnere dich kurz daran, was du warst, bevor du mit dem spirituellen Leben begonnen hast. Wenn du den Unterschied zwischen dem, was du warst, und dem, was du jetzt bist, siehst, wird in dir automatisch eine Quelle der Dankbarkeit zum Supreme entspringen, denn Er war es, der dich inspirierte und deinen inneren Schrei erweckte, und Er ist es, der sich in dir und durch dich erfüllt. Du kannst dir auch eine hohe Meditation in Erinnerung rufen, die du einmal gehabt hast, und bewusst in diese Erfahrung eindringen. Denke an das Wichtigste - wie entrückt du warst, wie du vor Freude umhergehüpft bist. Zu Beginn wirst du dir diese Erfahrungen einfach vorstellen, denn du hast diese Meditation ja nicht wirklich. Doch wenn du in die Welt der Vorstellung eintrittst und dich dort zehn oder fünfzehn Minuten lang aufhältst, wird sich deine Meditation von selbst mit Kraft füllen und Früchte tragen. Dann wird es keine Vorstellung mehr sein; du wirst dich wirklich tief in der Welt der Meditation befinden. Du kannst noch etwas anderes tun. Versuche zu fühlen, dass das Liebste in dir - deine Seele, dein Meister oder der Supreme - sehr hungrig ist und dass du in der Lage bist, deinen Geliebten durch deine Meditation zu nähren. Deine Seele, dein Meister und der Supreme sind ewig eins, doch betrachte sie als verschiedene Individuen. Wenn dein Allerliebster hungert und du ihn nähren kannst, wirst du es dann nicht tun? Wenn du wirklich jemanden deinen Allerliebsten nennst, wird dich dein Herz zwingen, ihn zu nähren. Nachdem du ihn genährt hast, wird er dir Erfüllung geben, und in dieser Erfüllung wirst du ewig, unendlich und unsterblich. Wenn das Kind hungrig ist, kommt die Mutter herbeigelaufen, um es zu füttern. Nachdem das Kind gefüttert ist, lächelt es seiner Mutter zu. Die Mutter sieht die ganze Welt, das ganze Universum in diesem Lächeln, denn das Kind ist ihr Universum. Wenn du also deinen Allerliebsten nährst und dieser Allerliebste lächelt, wirst du fühlen, dass die ganze Welt lächelt. Du kannst nicht jeden Tag die schmackhaftesten Gerichte zu dir nehmen. Auch im spirituellen Leben ist es - vor allem am Anfang - fast unmöglich, jeden Tag eine erfolgreiche Meditation zu haben. Sogar spirituelle Meister sind in ihrem inneren Leben durch trockene Perioden hindurchgegangen. Doch auch wenn das Essen nicht inspirierend ist, isst du trotzdem, um deinen Körper gesund zu erhalten. Wenn du meditierst, nährst du dein inneres Wesen, die Seele. Du darfst nicht aufgeben, auch wenn du deiner Seele nicht jeden Tag das beste Essen vorsetzen kannst. Versuche es trotzdem. Es ist besser, der Seele irgendetwas zu geben, als sie hungern zu lassen. Wenn du deine Inspiration aufrechterhalten willst, dann stelle dir bei jeder Morgenmeditation vor, dass du deine bereits begonnene Reise fortsetzt. Du solltest nicht das Gefühl haben, dass du am Anfang stehst und eine neue Reise beginnst. Nein, du solltest fühlen, dass du bereits beträchtlichen Fortschritt gemacht hast und heute weiter vorankommen wirst. Jedesmal, wenn du vorwärts gehst, musst du fühlen, dass du einen kleinen Teil des Ziels berührt hast. Auf diese Weise wirst du spüren, dass du wirklich vorankommst. Noch besser ist es, wenn du fühlen kannst, dass dein Ziel nicht Millionen von Meilen entfernt ist, sondern sich sehr nah, direkt vor deiner Nase befindet. Wenn du ständig fühlen kannst, dass dein Ziel innerhalb deiner Reichweite liegt, du jedoch nicht weißt, wo es sich befindet, dann wirst du verzweifelt nach ihm schreien und nach ihm suchen. Und dabei wird dein inneres Wesen von innerer Dynamik überflutet werden. Wenn du fühlst, dass dein Ziel weit weg ist, dann entspannst du dich und sagst dir, es stehe dir ja die ganze Ewigkeit zur Verfügung. Doch wenn du fühlst, dass alles, zu dem du werden möchtest, in deiner unmittelbaren Nähe ist und dass du nur deine bewusste Aufmerksamkeit gebrauchen musst, um es zu ergreifen und es dir anzueignen, wirst du voller Enthusiasmus in deine Meditation eintreten. Nur ein weit fortgeschrittener Sucher kann jeden Tag dasselbe Niveau der Meditation beibehalten. Am Anfang solltest du dich glücklich schätzen, wenn du gelegentlich eine gute Meditation hast. Sei nicht frustriert, wenn du keine gute Meditation hast, denn das würde deine Fähigkeit beeinträchtigen, auch am nächsten Tag zu meditieren. Du musst dir darüber im klaren sein, dass Gott deine Verwirklichung viel mehr braucht als du selbst, und so liegt deine Verwirklichung in Seiner Hand und ist Sein Problem. Wenn Gott dir heute keine gute Meditation gegeben hat, solltest du nicht etwa verärgert oder entmutigt sein, sondern zu fühlen versuchen, dass Er auf irgendeine andere Weise etwas Wichtiges für dich plant. Wenn du an einem Tag nicht meditieren kannst, dann fühle, dass Gott dir diese Erfahrung geben wollte, und lege Ihm deine gegenwärtige Errungenschaft einfach seelenvoll und ergeben zu Füßen. Sage Ihm: "Dies ist alles, was ich im Moment besitze; es ist alles ungewollter Besitz, und ich gebe ihn Dir. Ich lege Dir alles zu Füßen." Wenn du dein Dasein auf diese Weise dem Supreme anerbieten kannst, wirst du sehen, dass deine täglichen Meditationen äußerst fruchtbar werden.
Werde ich jemals den Punkt erreichen, wo ich immer die notwendige Inspiration und Strebsamkeit besitzen werde, um zu meditieren?
Sri Chinmoy: Gegenwärtig liegt deine Meditation ganz in den Händen deiner Inspiration und deiner Strebsamkeit. Wenn du inspiriert bist, hast du Strebsamkeit und bist bereit zu meditieren. Leider dauert diese Strebsamkeit, diese innere Sehnsucht nur einen Tag oder ein paar Wochen lang an und verschwindet dann. Wenn du jedoch ein Experte wirst, bekommst du deine Meditation in Griff. Wie wirst du ein Experte? Wenn du ein professioneller Sänger, Dichter oder Tänzer werden willst, musst du täglich üben. Mit der Meditation verhält es sich genauso. Wenn du dich täglich in der Meditation übst, wird die Zeit kommen, wo sie spontan wird; du wirst eine Art innere Gewohnheit entwickeln. Nach einer gewissen Zeit wirst du dich zu einer bestimmten Stunde innerlich dazu gedrängt fühlen zu meditieren. Du wirst fühlen, dass Meditation das Bedürfnis deiner Seele ist, und der innere Drang zu meditieren wird dich niemals verlassen können. Früh am Morgen, sobald es Zeit für deine Meditation ist, wird dein inneres Wesen kommen und an die Türe deines Herzens klopfen. Dann wirst du jeden Tag eine wunderbare Meditation haben.
Warum meditieren bestimmte Schüler immer gut?
Sri Chinmoy: Ich bin sicher, dass du an deiner Schule ein ausgezeichneter Schüler bist. Es gibt aber auch einige Schüler, die nicht so gut sind. Du bist ein guter Schüler, weil du zu Hause lernst. Einige deiner Freunde lernen nicht, deshalb sind sie auch weniger gut. Im spirituellen Leben gibt es auch bestimmte Schüler, die jeden Morgen, jeden Mittag und jeden Abend meditieren, ganz gleich, was auch geschieht. Wenn du mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele meditierst, ist Gott mit dir zufrieden und verstärkt deinen inneren Schrei, so dass du fähig wirst, jeden Tag gut zu meditieren. Die aufrichtigen Schüler erhalten von Gott zusätzliche Fähigkeiten, und mit diesen göttlichen Fähigkeiten können sie immer gut meditieren.
Meine Strebsamkeit erscheint mir sehr schwach, und ich befürchte, dass sie auch in Zukunft nicht stärker werden wird.
Sri Chinmoy: Sorgen wir uns nicht um die Zukunft. Wir wollen an die Gegenwart denken. So wie du säst, so erntest du. Vielleicht hast du in der Vergangenheit nicht die richtige Saat gesät. Sagen wir, dein innerer Schrei war früher nicht intensiv, und deshalb ist dein Streben jetzt nicht stark. Im Moment schreist du nicht die ganze Zeit nach Gott. Du hast nicht das Gefühl, dass du ohne Gott nicht existieren kannst. Solange es interessante Dinge auf der Welt gibt, solange du Freunde hast, solange du sorgenfrei bist, glaubst du, dass es so weitergehen kann. Doch wenn du fühlen kannst, dass du ohne Wasser, ohne Luft, ohne alles existieren kannst, aber nicht ohne Gott, dann kannst du sicher sein, dass du deine Erfüllung finden wirst. Wenn du die Saat jetzt säst, wird sie schließlich keimen und zu einer Pflanze heranwachsen. Wenn wir richtig säen, das heißt Strebsamkeit säen, dann wird der Strebsamkeitsbaum jene Frucht tragen, die wir Verwirklichung nennen. Doch wenn wir nicht die richtige Saat in uns säen, wie können wir dann die richtige Frucht ernten? Deshalb sollten wir uns nicht um die Zukunft sorgen. Wir wollen nur heute die richtigen Dinge tun, hier und jetzt. Versuche, heute zu streben, und lasse die Zukunft für sich selbst sorgen.
Wie können wir unsere Morgenmeditation verbessern?
Sri Chinmoy: Du solltest Gott jeden Morgen deine Dankbarkeit dafür anbieten, dass Er dein Bewusstsein erweckt hat, während andere noch schlafen, und dass Er dir Seinen unendlichen Segen gegeben hat. Wenn du Ihm nur einen Hauch deiner Dankbarkeit schenkst, wirst du Gottes Mitleid fühlen. Versuche dann, wenn du Gottes Mitleid spürst, dich selbst zu geben. Sage: "Ich möchte versuchen, Dir auf Deine eigene Weise zu gefallen. Bis jetzt habe ich Dich gebeten, mich auf meine eigene Weise zufriedenzustellen und mir dieses und jenes zu geben, damit ich glücklich bin. Aber heute bitte ich Dich um die Fähigkeit, Dir auf Deine eigene Weise zu gefallen." Wenn du das aufrichtig sagen kannst, dann verbessert sich deine Morgenmeditation von selbst.
Was hältst du von Gruppenmeditation?
Sri Chinmoy: Deine individuelle Meditation solltest du früh am Morgen verrichten, wenn du allein zu Hause bist. Doch du musst auch mit anderen meditieren. Wenn du ins spirituelle Leben eintrittst, versuchst du dein Bewusstsein auszuweiten. Wenn du dich als Mitglied einer größeren spirituellen Familie fühlen willst, ist es deine Pflicht, anderen zu dienen. Wenn du mit anderen meditierst, kannst du ihnen wirklich helfen, und die anderen können dir wirklich helfen. Niemand meditiert jeden Tag gut. Nehmen wir an, du befindest dich heute in einem sehr hohen Bewusstsein, während die Person, die neben dir sitzt, nicht in ihrem höchsten Bewusstsein ist. Wenn ihr beide zusammen meditiert, wird deine Strebsamkeit, ja schon deine Anwesenheit sie inspirieren und emporheben. Morgen bist du vielleicht nicht inspiriert, sehr hoch zu gehen, während die andere Person in einem hohen Bewusstsein ist. Dann wird sie dich emporheben. Das Ziel der gemeinsamen Meditation ist es, sich gegenseitig zu helfen. Betrachte die gemeinsame Meditation als ein Tauziehen. Nehmen wir an, du bist in einem sehr hohen Bewusstsein, und der Sucher neben dir ist ebenfalls in einem sehr hohen Bewusstsein. Wenn zehn Personen miteinander meditieren und sie sich alle in einem hohen Bewusstsein befinden, dann ziehen zehn Personen auf der einen Seite des Seils gegen die Unwissenheit auf der anderen Seite. Da die Unwissenheit nur eine Person ist, wird sie das Tauziehen natürlich verlieren. Wenn du zu Hause allein meditierst und allein gegen die Unwissenheit kämpfst, bist du schnell erschöpft und gibst auf. Doch wenn du mit anderen meditieren kannst, wird es viel leichter. Wenn du in einer Gruppe meditierst, musst du dein Einssein mit den anderen fühlen. Du solltest nicht das Gefühl haben, dass du mit jemandem im Wettkampf stehst oder dass du stärker oder schwächer als andere bist. Jeder Einzelne muss fühlen, dass er nur durch sein Einssein mit den anderen stark ist. Er muss fühlen, dass er stark ist, weil er mit dem Streben seiner Brüder und Schwestern eins geworden ist. Versuche, während der gemeinsamen Meditation zu fühlen, dass die anderen Schüler keine von dir abgetrennten Individuen sind. Fühle, dass du die einzige meditierende Person bist und dass allein du für die Meditation verantwortlich bist. Wenn alle in dir sind, wenn alle in dir und durch dich fließen, wirst du den größten Vorteil aus deiner gemeinsamen Meditation ziehen. Wenn zwanzig Personen zusammensitzen, müssen sie sich als ein einziges Gefäß fühlen. Sie sind keine einzelnen Menschen; sie sind zu einem Gefäß geworden und sind eins in ihrer Empfänglichkeit. Doch jeder Einzelne muss fühlen, dass es seine Verpflichtung und Verantwortung ist, seinen Teil zu tun. Wir können nicht denken: "Wir sind ja alle eins. Soll er doch für mich meditieren." Während der gemeinsamen Meditation solltest du ein gutes Gefühl für jene haben, die mit dir meditieren, jedoch nicht speziell an sie denken. Wenn du an jemand Bestimmten denkst und diese Person nicht strebt, dann wirst du auf diese unstrebsame Person meditieren und nicht auf Gott. Du musst das Gefühl haben, dass das höchste Bewusstsein dein Ziel ist und dass du deinen Strebsamkeitspfeil auf das Ziel richtest. Wenn auf der äußeren Ebene ein Mitglied des Teams ein Tor schießt, dann ist das genug. Doch in der Meditation muss jeder einzelne Tore schießen. Nur wenn zehn Torschützen zusammen am Werk sind, erzielt die Gruppe ein gutes Ergebnis.
Ist irgendetwas dagegen einzuwenden, wenn Schüler verschiedener Meister miteinander meditieren?
Sri Chinmoy: Für Schüler eines bestimmten Pfades ist es nicht ratsam, mit Schülern eines anderen Pfades zusammen zu meditieren. Wenn du einem Pfad folgst und derjenige neben dir einen anderen Pfad geht, dann wird es trotz eurer besten Absicht einen inneren Konflikt zwischen seiner und deiner Strebsamkeit geben. Wenn du bereit bist zu fliegen, wird dich die Person, die neben dir sitzt, zurückhalten. Unbewusst wird jeder von euch den Drang haben, den anderen zu übertreffen. Er wird versuchen, dich zu übertreffen, und du wirst versuchen, ihn zu übertreffen. Selbst wenn du bewusst sagst: "Wir stehen nicht in einem Wettkampf", hilft das nichts. Es findet ein unbewusster Wettkampf statt. Du hast das Gefühl, dein Pfad sei besser als sein Pfad, und er hat das Gefühl, sein Pfad sei besser als der deine. Es ist für die Schüler eines spirituellen Meisters immer ratsam, nur mit Schülern ihres eigenen Pfades zu meditieren oder mit Leuten, die sich noch nicht für einen Weg entschieden haben. Nicht, dass du auf irgendeine Weise gemein wärst; doch du musst fühlen, dass du in deinem Haus lebst, und jemand anderes lebt in seinem eigenen Haus. Wenn du jedoch mit spirituellen Suchern anderer Wege sprichst, um euch gegenseitig zu inspirieren, dann kannst du das tun. Ihr alle versucht, Gott zu erreichen. Das bedeutet, dass alle, du und die anderen Sucher, Inspiration besitzen. Folglich werdet ihr alle Inspiration erhalten, wenn ihr miteinander sprecht.
Was geschieht, wenn wir neben jemandem sitzen, der weltlichen Gedanken nachhängt?
Sri Chinmoy: Wenn deine Meditation sehr hoch und sehr kraftvoll ist, dann strömt von dir inneres Feuer aus. Wenn dich jemand anschaut, der weltliche Gedanken hegt, wird er gezwungen sein, diese Gedanken aufzugeben. Ich habe dies viele Male beobachtet, wenn drei oder vier Sucher zusammen meditierten. Wenn einer von ihnen sich in einer sehr hohen Meditation befindet, dann müssen jene, die weltlichen Gedanken nachhängen, entweder den Ort verlassen, oder sie werden von innen her gezwungen, seelenvoll zu meditieren.
Wie kann ich den Frieden, den ich während der Gruppenmeditation fühle, behalten, wenn ich nach Hause gehe?
Sri Chinmoy: Wenn du jeden Tag zu Hause meditierst, fällt es dir nicht schwer, den Frieden aufrechtzuerhalten. Es ist sehr wichtig, dass man ohne Ausnahme jeden Tag meditiert. Die beste Zeit dazu ist früh am Morgen, bevor der Tag dämmert. Jeder Tag beginnt mit neuer Inspiration und neuer Hoffnung. Jeden Morgen tritt neues Leben in uns ein. Deshalb ist die Morgenmeditation für alle, die dem spirituellen Leben folgen wollen, ganz unerlässlich. Wenn du die Möglichkeit hast, solltest du mit spirituellen Leuten verkehren, denn diese können dir auch helfen. Du wirst andere keineswegs ignorieren oder hassen. Spirituelle Leute hassen die Menschheit nicht, aber sie müssen vorsichtig sein. Du musst dir bewusst sein, dass deine Kraft, deine Fähigkeit sehr begrenzt ist. Solange deine Fähigkeiten begrenzt sind, kannst du nicht mit allen x-beliebigen Menschen frei verkehren. Versuche deshalb, mit spirituellen Leuten zusammen zu sein und regelmäßig zu meditieren. Wenn du genügend innere Stärke hast, verlierst du nichts, egal, was du machst. Was immer du von der Gruppenmeditation erhältst, was immer du von deiner eigenen Meditation erhältst, du hast die Fähigkeit, es zu bewahren.
Wie kann man die Stärke erhalten, auf dem spirituellen Weg vorwärts zu gehen?
Sri Chinmoy: Du musst dir ständig eine Frage stellen: Will ich Gott, oder will ich die Unwissenheit? Beide stehen ständig vor dir, und du musst die Wahl treffen. Jeder weiß, dass man nicht zwei Meistern gleichzeitig dienen kann. Wenn also diese zwei Meister vor dir stehen, musst du dich sofort entscheiden, welchen du möchtest. Wenn du Gott möchtest, musst du zu Ihm kommen und in Ihn eintreten. Sobald du bemerkst, dass du aus dem göttlichen Bewusstsein herausgefallen bist, musst du wieder dorthin zurückgehen. Wenn du jedesmal wieder schnell und vertrauensvoll in das göttliche Bewusstsein gehst, wirst du schließlich den Punkt erreichen, wo du nicht mehr aus dem göttlichen Bewusstsein herausfällst und nicht mehr in die Unwissenheit eintrittst. Der Tag wird kommen, an dem deine bewusste Wahl Gottes dauerhaft sein wird und an dem du für immer völlig mit Gott verschmolzen sein wirst. Wenn du deine spirituelle Reise beginnst, versuche dir stets vorzustellen, du seiest Gottes Kind. Früh am Morgen kannst du seelenvoll wiederholen: "Ich bin Gottes Kind. Ich bin Gottes Kind." Du wirst sofort spüren, dass alles in dir verschwindet, was dunkel, unrein und hässlich ist. Später am Tag, wenn die Unwissenheit dich in Versuchung führt, solltest du fühlen: "Ich bin Gottes Kind. Wie kann ich so etwas tun? Ich kann nicht in die Unwissenheit eintreten." Indem du "Ich bin Gottes Kind" wiederholst, erhältst du reichlich innere Stärke und Willenskraft.
Wie kann ich immer eine starke und intensive Strebsamkeit haben?
Sri Chinmoy: Du und andere begehen den Fehler, dass ihr immer ein festgelegtes Ziel habt. Sobald du während deiner Meditation ein gewisses Niveau erreichst, hast du das Gefühl, dass du am Ziel angelangt bist. Auch wenn du in deinem inneren Leben ein wenig Freude spürst, dann erhältst du sofort ein selbstnachgiebiges Gefühl. Du willst dich auf deinen Lorbeeren von gestern ausruhen. Doch unser Ziel ist ein ewig sich transzendierendes Ziel. Gestern hast du einen Funken Freude gespürt, und heute sehnst du dich danach, den gleichen Funken Freude wieder zu erhalten. Aber woher willst du wissen, ob der Supreme möchte, dass du diesen Funken Freude erhältst, oder ob Er nicht möchte, dass du weiter, höher und tiefer gehst? Du versuchst immer, das gleiche Ziel zu erreichen. Du weißt, wie man fünfzig Meter läuft, und sobald du fünfzig Meter gelaufen bist, glaubst du, dein Teil der Aufgabe sei vorbei. Aber der Supreme möchte nicht, dass du mit fünfzig Metern zufrieden bist. Er möchte, dass du einundfünfzig, zweiundfünfzig, dreiundfünfzig, vierundfünfzig Meter läufst. Wenn du ein höheres Ziel hast, wird dein Streben von selbst zunehmen. Wenn du immer das gleiche Ziel anstrebst, wirst du keinen Fortschritt machen, und es wird eintönig werden. Wenn du immer zur gleichen Stelle gehst, wird es dir nach einer gewissen Zeit widerstreben, dorthin zu gehen. Wenn du jedoch fühlst, dass dein Ziel ständig weiter, höher, tiefer ist, dass es ständig wächst, sich immer transzendiert, dann ist auch immer Enthusiasmus vorhanden. Freude liegt im Fortschritt, nicht im Erfolg. Erfolg beendet unsere Reise; Fortschritt hat jedoch kein Ende. Wenn du ein bestimmtes Ziel hast und dieses erreichst, dann ist dies dein Erfolg. Wenn du es erreicht hast, bist du am Ende angelangt. Wenn du aber kein festgesetztes Ziel hast, wenn dein Ziel jedesmal höher geht, dann wirst du ständig Fortschritt machen und die größte Zufriedenheit erlangen. Sei deshalb nicht mit Erfolg zufrieden. Strebe nur nach Fortschritt. Jedesmal, wenn du Fortschritt gemacht hast, ist das dein wirklicher Erfolg. Fühle jeden Tag beim Meditieren, dass du noch tiefer gehen und noch höher fliegen wirst. Das gibt dir die Fähigkeit, deinen Enthusiasmus und dein inneres Streben zu bewahren.
Wie kann ich immer einen guten Standard beibehalten, anstatt ständigen Schwankungen zu unterliegen?
Sri Chinmoy: Fühle bitte, dass jeder Tag gleichbedeutend ist. Deine Schwierigkeit besteht darin, dass du glaubst, du hättest eine Erholung verdient, sobald du etwas gut gemacht hast. Heute hast du eine wundervolle Meditation und fühlst dann: "Oh, nachdem ich heute eine so schöne Meditation erlebte, kann ich mich morgen etwas ausruhen." Du glaubst, dass deine Meditation die gleiche Geschwindigkeit beibehalten wird. Aber sie tut es nicht. Du solltest bei jeder Meditation fühlen, dass dies deine letzte Chance ist. Fühle, dass du morgen sterben kannst, und wenn du heute versagst, dann erhältst du keine Note. Wenn der Lehrer dir heute die Prüfungsunterlagen gibt, glaube bitte nicht, dass er dir morgen die gleichen Prüfungsunterlagen nochmals gibt. Die Vergangenheit ist vorbei. Die Zukunft existiert noch nicht. Es gibt nur die Gegenwart. Entweder du wirst hier in der Gegenwart göttlich, oder du bleibst so ungöttlich, wie du es gestern warst. Da du göttlich werden willst, solltest du das Richtige hier und jetzt tun. Das sollte deine Haltung sein. Du solltest dir selbst glaubhaft machen, dass heute der letzte Tag ist, um das zu erreichen, was du erreichen solltest. Wenn du heute versagst, dann solltest du morgen wieder fühlen, dass dies dein letzter Tag ist. Egal, wieviele Male du versagst, du solltest fühlen, dass jeder Tag dein letzter ist. Wenn du fühlst, dass die Gelegenheit zurückkommt und morgen an deine Türe klopft, dann wirst du es heute nicht versuchen. Du wirst meinen, heute nicht streben zu müssen, da ja soviele "morgen" vor dir liegen. Doch bevor diese "morgen" kommen, kann die Strebsamkeit, die du hast, bereits verloren sein.
Meditation: Die Lösung für praktische Probleme
Können wir unsere eigenen Fragen durch unsere täglichen Meditationen beantworten? Wenn ja, wie können wir wissen, ob die Antwort wirklich vom Herzen oder von der Seele kommt und nicht vom Verstand?
Sri Chinmoy: Jede Frage, die du hast, kann während oder am Ende deiner Meditation beantwortet werden. Wenn du tief in dich gehst, dann findest du zweifellos die Antwort. Doch wenn du eine Antwort erhältst, musst du herausfinden, ob sie von der Seele oder vom Verstand kommt. Wenn sie vom Herzen oder von der Seele kommt, dann wirst du ein Gefühl der Erleichterung, ein Gefühl des Friedens erhalten. Es werden keine widersprüchlichen Gedanken mehr kommen und der Antwort widersprechen. Aber wenn die Antwort nicht von deinem Herzen oder von der Seele kommt, dann wird der Verstand zum Vorschein kommen und der Botschaft, die du erhalten hast, widersprechen. Botschaften, die vom Verstand kommen, tragen keine Gewissheit in sich. In diesem Augenblick sagt dir der Verstand etwas, im nächsten Augenblick sagt er etwas anderes. In diesem Augenblick wird dein Verstand dir sagen, ich sei ein sehr guter Mensch; im nächsten Augenblick wird er sagen: "Nein, er ist sehr schlecht." Aber das Herz gibt dir immer dieselbe Botschaft. Wenn du dich am Morgen hinsetzt, um zu meditieren, gibt es dir eine Botschaft. Wenn du am Abend meditierst, wirst du von deinem Herzen dieselbe Botschaft erhalten. Wenn du die innere Botschaft erhältst, jemanden zu besuchen - zum Beispiel deinen Chef - wirst du einfach gehen und diesen Menschen besuchen. Doch wenn die Botschaft von deinem Verstand kommt, dann werden viele Fragen in deinem Verstand auftauchen, bevor du ihn besuchen gehst. Wenn du dann schließlich zu ihm gehst und das Ergebnis nicht so ist, wie du es dir erhofft hast, dann wirst du dich verwünschen und sagen: "Nein, ich habe doch nicht das Richtige getan. Ich habe eine falsche Botschaft erhalten." Wenn die Botschaft jedoch von der Seele kommt, wirst du völlig überzeugt sein und Erfolg wie Misserfolg mit derselben Zufriedenheit hinnehmen. Und wenn du die Botschaft in die Tat umsetzt, wirst du nichts auf deine eigene Weise erwarten; du wirst nicht erwarten, dass dein Chef mit dir zufrieden ist oder etwas für dich tut. Du wirst die innere Botschaft einfach ausführen, und egal, ob das Ergebnis in Form von Erfolg oder Misserfolg kommt, du wirst fühlen, dass du das Richtige getan hast.
Wie können wir herausfinden, ob die Antwort eher vom emotionalen Vitalen als von der Seele kommt?
Sri Chinmoy: Betrachte das Vitale als einen Läufer und die Seele als einen anderen Läufer. Der vitale Läufer läuft am Anfang sehr, sehr schnell, ist voller Aufregung und Enthusiasmus, aber er erreicht das Ziel nicht. Er rennt vielleicht dreißig von hundert Metern, und dann ist er erschöpft. Der andere Läufer rennt am Anfang ebenfalls sehr schnell. Doch wenn der Startschuss einmal gefallen ist, hält er nicht an, bis er sein Ziel erreicht hat. Die Seele kennt ihre Fähigkeiten und wird mit dem größten Vertrauen zu ihrem Ziel laufen. Wenn du eine Stimme hörst, versuche sogleich zu sehen, welche Art Läufer diese Stimme darstellt. Ist es der Läufer, der erst dann aufhört, wenn das Ziel erreicht ist, oder ist es der Läufer, der dreißig Meter läuft und dann all seine Energie verliert? Wenn die Stimme vom emotionalen Vitalen kommt, wirst du spüren, dass die erhaltene Antwort dich nicht an dein Ziel bringen wird. Aber wenn die Antwort von der Seele kommt, kannst du darauf vertrauen, dass sie dich an dein Ziel bringen wird. Hier noch eine weitere Methode: Wenn du eine Stimme hörst, die dir die Lösung zu einem Problem bringt, dann stell dir vor, dass sich ein Gefäß füllt. Wenn du das Gefühl erhältst, dass sich das Gefäß langsam und stetig, Tropfen um Tropfen und mit größter innerer Sicherheit füllt, dann weißt du, dass es die Stimme der Seele ist. Andernfalls wirst du das Gefühl haben, das Gefäß werde mit einem Becher oder einem Glas hastig gefüllt. Das Gefäß wird sehr schnell voll, doch schon bald wird es überlaufen. Die Seele wird das Gefäß jedoch mit größtem Vertrauen und innerem Gleichmut füllen. Wenn du diese Art von geduldigem Gefühl erhältst, dann weißt du, dass es die Stimme der Seele ist. Ein dritter Weg besteht darin, sich eine Flamme im Herzen vorzustellen. Es gibt zwei Arten von Flammen: die eine ist ruhig und still, die andere flackert. Die ruhige Flamme in deinem Herzen wird von keinem inneren Wind gestört. Doch die flackernde Flamme wird von Angst, Zweifel, Furcht und Sorgen gestört. Wenn du fühlst, dass deine Antwort eine flackernde Flamme ist, dann ist es die Stimme des emotionalen Vitalen. Aber wenn es eine sehr ruhige Flamme ist, die dem Höchsten zustrebt, dann weißt du, dass es die Stimme deiner Seele ist. Wenn du einmal weißt, dass es die Stimme deiner Seele ist, dann kann ich dir versichern, dass deine Probleme gelöst sein werden, denn die Stimme der Seele hat grenzenlose Kraft, während die Stimme des Vitalen überhaupt keine Kraft besitzt.
Kann man durch Meditation lernen, wie man seine Angst überwindet?
Sri Chinmoy: Durch Meditation muss uns die äußere und innere Angst verlassen. Momentan bist du ein Opfer der Angst, weil du nicht weißt, wie du dein Bewusstsein ausdehnen kannst. Wenn du jedoch mit Hilfe der Meditation im Göttlichen Zuflucht nimmst, dann muss dich die Angst verlassen, da sie fühlt, dass sie an die falsche Türe klopft. Im Moment bist du hilflos, aber die Angst wird in dem Augenblick hilflos werden, wo sie sieht, dass du mit etwas sehr Mächtigem in Verbindung stehst. Der eigentliche Sinn der Meditation besteht darin, unser Bewusstsein zu vereinen, auszudehnen, zu erleuchten und unsterblich zu machen. Wenn wir meditieren, treten wir in unsere eigene Göttlichkeit ein. Das Göttliche fürchtet sich nicht vor der Menschheit, denn Es besitzt unendliche Kraft. Wenn wir freien Zugang zum Göttlichen haben, wenn unsere gesamte innere und äußere Existenz von der grenzenlosen unendlichen Kraft des Göttlichen erfüllt ist, wie können wir uns dann vor der Menschheit fürchten? Es ist unmöglich.
Kann uns die Meditation vor der Ungerechtigkeit schützen, die wir im Leben erfahren?
Sri Chinmoy: Wenn du dich verteidigen oder schützen musst, solltest du immer versuchen, eine höhere Waffe zu benutzen. Wenn die Leute etwas sagen und du auf der gleichen Ebene zurückschlägst, dann wird es kein Ende geben. Wenn du aber andererseits deinen Ärger einfach hinunterschluckst, werden die Leute fortfahren, dich auszunutzen. Doch wenn die Leute in dir einen starken Frieden, den man durch die Meditation erhalten kann, sehen und fühlen können, dann werden sie in dir etwas erkennen, das niemals überwunden werden kann. Sie werden in dir eine Veränderung sehen, und diese Veränderung wird sie nicht nur verwirren, sondern ihnen auch drohen und sie einschüchtern. Die Leute werden fühlen, dass ihre Waffen nutzlos sind. Friede ist die wirksamste Waffe, mit der man Ungerechtigkeit überwinden kann. Wenn du betest und meditierst, wird dein gesamtes Wesen von Frieden durchdrungen werden. Das ist nicht nur Einbildung. Du kannst den Frieden fühlen; du kannst im Ozean des Friedens schwimmen. Ganz gleich, was die anderen Menschen tun, du wirst fühlen, dass sie nur Kinder sind, die vor dir spielen. Du wirst sagen: "Das sind doch nur Kinder. Was kann ich sonst von ihnen erwarten?" Im Augenblick bist du noch aufgebracht und wütend, weil du die Menschen aufgrund ihres Alters als erwachsen betrachtest. Wenn du regelmäßig betest und meditierst, wirst du bald fühlen, dass dein Frieden unendlich stärker, erfüllender und kraftgeladener ist als die unglücklichen Situationen, die andere schaffen.
Gibt es einen spirituellen Weg, um schlechte Gewohnheiten aufzugeben?
Sri Chinmoy: Sicherlich! Meditiere immer eine Minute oder zumindest einige Sekunden, bevor du irgendetwas tust. Die Kraft der Meditation wird wie ein Pfeil in die schlechte Gewohnheit eindringen. Meditation - der Krieger - wird seine göttlichen Pfeile gegen die schlechten Angewohnheiten abschießen. Das ist der absolut beste Weg.
Kann Meditation uns helfen, unsere physischen Krankheiten, wie zum Beispiel hohen Blutdruck, zu heilen?
Sri Chinmoy: Meditation bedeutet bewusstes Gewahrsein unseres Ursprungs. Wenn wir meditieren, versuchen wir, bewusst zu unserem Ursprung zu gehen, der vollkommene Vollkommenheit ist. Unser Ursprung ist Gott, unser Ursprung ist Wahrheit, unser Ursprung ist Licht. Meditation bringt uns zur Quelle, wo es keine Unvollkommenheiten, keine Krankheiten gibt. Und wo ist die Quelle? Sie ist in uns. Welches Ergebnis erhalten wir durch unsere Meditation in unserem äußeren Leben? Wir machen unseren Verstand still und ruhig. Für die meisten Menschen ist es fast unmöglich, inneren Frieden zu haben. Derjenige, der keinen Frieden im Verstand hat, ist ein wirklicher Bettler; er ist wie ein Affe in einem menschlichen Körper. Er kennt keine Zufriedenheit. Doch wenn wir auch nur eine flüchtige Sekunde lang Frieden im Verstand erhalten, fühlen wir, dass wir in unserem Leben viel erreicht haben. Wenn wir in unserem Verstand Frieden haben, werden unser Vitales und unser Körper friedvoll, und wo es Frieden gibt, dort kann es keine Disharmonie geben. Disharmonie kommt nur in der Welt der Angst, der Unzufriedenheit, der Spannung und der Verwirrung vor. Ansonsten würde es keine Krankheiten geben. Bluthochdruck, Herzfehler und all die Krankheiten, die wir in Gottes Schöpfung bemerken, sind der Gegenwart von negativen Kräften zuzuschreiben. Diese negativen Kräfte können nur überwunden werden, wenn wir uns der positiven Kraft hingeben. Wenn wir meditieren, versuchen wir, ein vollkommener Kanal für die positive Kraft zu werden. Die positive Kraft ist Licht, und die negative Kraft ist Dunkelheit. Die positive Kraft ist Liebe, nicht Hass. Die positive Kraft ist Glaube, nicht Zweifel. Die positive Kraft hilft uns in jedem Moment unseres Lebens, da sie uns bewusst zu unserem Ziel bringt - der Vollkommenheit. Wenn unser Verstand ruhig und still ist, wenn unser Vitales dynamisch ist, wenn unser Körper sich dessen bewusst ist, was er tut, dann befinden wir uns im Palast der Zufriedenheit, wo es keine Krankheit, kein Leiden, keine Unvollkommenheit, keine Hindernisse für unseren bleibenden Frieden gibt, sondern ständiges Licht und ständige Zufriedenheit. Meditation ist ein Mittelweg; sie ist ein Weg; sie ist ein Pfad. Wenn wir diesen Pfad entlanggehen, erreichen wir unser Ziel, das vollkommene Vollkommenheit ist.
Wie kann uns Meditation helfen, wenn wir durcheinander und nervös sind?
Sri Chinmoy: Wenn in der physischen Welt jemand Kopfweh oder Magenschmerzen hat, geht er zum Arzt, und der Arzt heilt ihn. Wenn jemand krank ist, können wir dann sagen, dass es ihm niemals wieder gutgehen wird? Wenn er die Medizin nimmt, dann besteht jede Möglichkeit, dass er geheilt wird. Bei einem kranken Menschen ist Medizin die Antwort. Wenn jemand von Ängsten, Sorgen und Verwirrung angegriffen wird, ist Meditation das Gegenmittel. Nur weil er ein Opfer ist, können wir nicht sagen, dass es keinen Retter gibt. Der Retter ist da, vorausgesetzt, der Betroffene möchte geheilt werden. Angenommen, jemand wird von Verwirrung und anderen negativen Kräften angegriffen, die ihm all seine Energie entziehen und seine ganze Freude rauben. Er ist niedergeschlagen und hat sich der Frustration über die zahlreichen Probleme, die er in seinem Leben hat, hingegeben. Betrachten wir ihn einfach als Patienten: er braucht einen Doktor, er braucht eine Behandlung. Wenn jemand an einigen Krankheiten der mentalen Welt erkrankt ist, muss er zu einer Person gehen, die ihm ein wenig inneren Frieden, inneres Licht und innere Sicherheit anbieten kann. Dies ist ein spiritueller Lehrer. Ein spiritueller Lehrer ist wie ein Doktor, der ihn anweisen wird, wie er sich von Angst, Zweifel, Verwirrung und all den negativen Kräften, die ihn quälen, selbst befreien kann.
Ist es wirklich notwendig, Hilfe anzunehmen, wenn wir an mentalen Problemen leiden? Können wir nicht für uns selbst meditieren und die Antwort finden?
Sri Chinmoy: Angenommen, du sagst: "Ich leide an bestimmten mentalen Schwierigkeiten, aber ich weiß, dass die Antwort innen ist. Im Moment ist es überall dunkel, doch ich fühle, dass es in meinem Herzen Licht gibt." Wenn du das fühlst, es dir aber schwerfällt, nach innen zu gehen und das Licht zu entdecken, dann musst du zu jemandem gehen, der das Licht, das du in dir trägst, zum Vorschein bringen kann. Es ist, als ob du den Schlüssel für dein eigenes Haus verlegt hast und nicht weißt, wie du die Türe öffnen sollst. Aber ein Freund von dir kommt mit einem Licht und hilft dir, den Schlüssel zu suchen. Nachdem du den Schlüssel mit seiner Hilfe gefunden hast, öffnest du die Türe und der Freund geht wieder. Wenn du im Dunkeln nach dem verlorenen Schlüssel suchen willst, dann kannst du es versuchen. Wenn du jedoch einen Freund hast, der ein Licht bringt, dann kannst du zuversichtlicher sein, dass du den Schlüssel findest. Der Lehrer ist ein Helfer, ein ewiger Freund, der dir bei deiner Suche hilft. Wenn er dir hilft, den Schlüssel zu finden, wird er ihn nicht behalten. Er wird nicht sagen, es sei sein Schlüssel. Nein! Es ist dein Schlüssel, dein Haus, dein Licht. Dann wirst du das Haus betreten und alles bekommen, was du brauchst und möchtest.
Wenn wir nervös oder aus der Fassung geraten sind, wie können wir dann Frieden herabbringen?
Sri Chinmoy: Es gibt zwei Methoden. Eine Methode ist, ruhig einzuatmen und dreimal ganz langsam "Supreme" zu wiederholen. Wenn dir das schwerfällt, kannst du den Supreme so schnell wie möglich anrufen. Furcht und Angst haben ihre eigene Geschwindigkeit. Wenn dein Feind gerade dabei ist, dich anzugreifen, dann versuche, "Supreme" so schnell wie möglich zu wiederholen. Versuche, den Namen des Supreme mit größerer Geschwindigkeit zu wiederholen, als der Angriff hat, der von Ärger oder Angst ausgeht. Wenn du das tun kannst, wird der Supreme sofort deinen Ärger, deine Frustration oder deine Angst überwinden.
Wie kann man im Verstand ruhig bleiben, wenn man so viele Dinge in so kurzer Zeit erledigen soll?
Sri Chinmoy: Zuerst einmal, glaubst du, dass die Dinge, die du erledigen musst, schneller erledigt werden, wenn du nicht friedvoll bist? Nein! Wenn du unruhig und aufgewühlt bist, wenn du voller Ängste und Sorgen bist, fügst du deinen Problemen und Schwierigkeiten nur noch neue hinzu. Angenommen, du hast ein Reiseziel, das du so schnell wie möglich erreichen möchtest. Wenn du ungöttliche Elemente wie Angst, Zweifel und Unsicherheit in dir trägst, bedeutet das, dass du zusätzliches Gewicht schleppst und deine Fähigkeit verringerst. Wie willst du so dein Ziel zur frühestmöglichen Stunde erreichen? Dein festgesetzter Zeitpunkt wird sich hinausschieben. Ein Läufer weiß, dass ihn seine Gegner schlagen werden, wenn er zusätzliches Gewicht trägt. Du musst die Notwendigkeit verspüren, deinen Verstand die ganze Zeit leer zu machen. Wenn Zweifel, Angst, Unsicherheit oder irgendwelche anderen negativen Kräfte in deinen Verstand eindringen, leere sie einfach aus, lasse sie fallen, damit du so schnell wie möglich rennen kannst. Zweifel und Ängste werden uns niemals helfen. Im Gegenteil, durch sie verspäten wir uns nur. Wenn wir jedoch in unserem Verstand Frieden haben können, dann können wir unserem Ziel am schnellsten entgegenlaufen.
Wie können wir unsere Meditation dazu benutzen, uns von Schmerzen zu befreien?
Sri Chinmoy: Du solltest versuchen, Licht anzurufen, um Schmerzen zu heilen. Schmerzen sind nichts anderes als eine Art von Dunkelheit in uns. Wenn das innere Licht oder das Licht von oben beginnt, im Schmerz selbst zu wirken, dann wird der Schmerz beseitigt oder in Freude verwandelt. Wirklich fortgeschrittene Sucher können tatsächlich im Schmerz Freude spüren. Doch dafür muss man wirklich sehr hochentwickelt sein. In deinem Fall solltest du versuchen, in deinem Gebet oder in deiner Meditation Licht von oben herabzubringen. Fühle, dass der Schmerz eine Dunkelheit in dir ist. Wenn du Licht herabbringst, wird der Schmerz entweder erleuchtet und transformiert, oder er wird aus deinem Körper entfernt.
Als ich einmal meditierte, dachte ich plötzlich an ein paar Freunde, die Hilfe brauchten. Ich könnte die Kraft niemals beschreiben, die ich zu diesem Zeitpunkt verspürte, doch ich nahm diese Freunde und hob sie empor. Zwei oder drei Tage später wurde diesen Freunden geholfen. Der eine brauchte Arbeit und erhielt sie, der andere war krank, und es ging ihm besser. War dies reiner Zufall, oder hat das etwas mit meiner Erfahrung zu tun?
Sri Chinmoy: Es war kein bloßer Zufall, ganz im Gegenteil. Es war dein eigenes inneres Wesen, das deinen Freunden half. Du wurdest zu diesem Zeitpunkt zum Instrument des inneren Piloten, zum Instrument des Supreme. Der Supreme wollte, dass du diesen Leuten hilfst, und machte dich wirklich zu Seinem Instrument, um ihnen zu helfen. Es war kein Zufall. Wenn du meditierst und in dein höchstes Bewusstsein gehst, versucht deine Seele automatisch, deinen Freunden zu helfen. Wenn du ein ausgesprochen hohes Bewusstseinsniveau erreichst, dann wird diese Kraft automatisch von innen her zum Vorschein kommen, und du kannst anderen helfen. Manchmal wissen deine Freunde nicht, wer ihnen geholfen hat. Doch deine Seele und ihre Seelen wissen genau, dass die Hilfe direkt von dir gekommen ist. Es war weder eine Halluzination noch dein Ego.
Meditation in der Praxis: Der Dienst an anderen
Sollte sich ein Mensch in die Einsamkeit zurückziehen und die Menschheit von sich weisen, um zu meditieren?
Sri Chinmoy: Die Menschheit ist ein Teil Gottes. Wie wollen wir das Göttliche erreichen, wenn wir die Menschheit beiseiteschieben? Wir müssen die Welt so annehmen, wie sie jetzt ist. Wie können wir etwas umwandeln, wenn wir es nicht annehmen? Wenn der Töpfer den Tonklumpen nicht berührt, wie kann er ihn dann zu einem Topf umformen? Wer meditiert, muss wie ein göttlicher Held inmitten der Menschheit handeln. Die Menschheit ist zur Zeit sehr weit von der Vollkommenheit entfernt. Doch wir sind ebenfalls Teile dieser Menschheit. Wie können wir unsere Brüder und Schwestern, die unsere eigenen Glieder sind, verwerfen? Wenn wir das tun, werden wir nur unsere eigene Fähigkeit begrenzen, in der Welt wirksam zu handeln. Wir müssen die Menschheit ganz als unser eigen annehmen. Sobald wir einen Schritt weiter gekommen sind und andere inspirieren können, haben wir die Möglichkeit, dem Göttlichen in denjenigen zu dienen, die uns folgen. Wir müssen der Welt ins Gesicht sehen und das Höchste in der Welt erkennen. Wir wollen nicht das Leben eines Menschen führen, der der Wirklichkeit zu entfliehen versucht. Wer entflieht? Derjenige, der sich fürchtet oder derjenige, der fühlt, dass er einen schwerwiegenden Fehler begangen hat. Wir haben nichts Falsches getan, und wir müssen uns nicht vor der Welt um uns fürchten. Wenn wir uns vor der Welt fürchten, dann werden wir uns vor allem fürchten. Gegenwärtig sehen wir eine riesige Welt der Unvollkommenheit um uns herum. Wir versuchen zu entfliehen, um uns selbst zu schützen. Dazu möchte ich sagen, dass unser eigener Verstand ein weit gefährlicherer Feind ist als unsere heutige Welt. Selbst wenn wir weggehen und in einer Höhle leben, können wir unserem Verstand nicht entkommen. Wir tragen unseren Verstand mit uns - einen Verstand, der voller Ängste, Eifersucht, Verwirrung, Zweifel, Furcht und anderer ungöttlicher Eigenschaften ist. Unser Verstand zwingt uns, im Schlachtfeld des Lebens zu bleiben. Wenn wir unseren Verstand nicht bezwingen, während wir auf der Erde leben, welchen Sinn hat es, nur unseren Körper aus der Alltagswelt herauszunehmen? Wir müssen nicht in die Höhlen des Himalayas gehen, um zu meditieren. Wir müssen versuchen, das Gesicht der Welt durch die Hingabe an das Göttliche in der Menschheit zu verwandeln. Meditation ist keine Flucht. Meditation ist die Annahme des Lebens in seiner Ganzheit, in der Absicht, es für die höchste Manifestation der göttlichen Wahrheit hier auf der Erde umzuwandeln. Es gibt Leute, die nur meditieren wollen. Sie wollen der Welt nichts geben. Das ist Egoismus. Dann gibt es auch Leute, die nur geben, aber nicht meditieren wollen. Das ist Dummheit. Wie wollen wir etwas geben, wenn wir nicht meditieren, wenn wir nichts besitzen? Es gibt viele Menschen auf der Welt, die bereit sind zu geben, doch was haben sie? Wir müssen zuerst unsere Rolle spielen. Zuerst müssen wir etwas erreichen, dann können wir es weitergeben. Auf diese Weise können wir Gott gefallen und die Menschheit erfüllen.
Ist es möglich, den inneren Frieden, den wir während unserer Morgenmeditation spüren, den ganzen Tag aufrechtzuerhalten, vor allem, wenn wir eine sehr hektische Arbeit haben und uns manchmal in verwirrenden Situationen befinden?
Sri Chinmoy: Fühle am Morgen beim Beten und Meditieren, dass du wirklichen Reichtum in Form von Frieden, Licht und Seligkeit erworben hast. Und so wie du dein Geld in deiner Brieftasche mit dir trägst, so kannst du Frieden, Licht und Seligkeit in deinem Herzen mittragen. Geld ist Macht. Mit Geld kannst du alles kaufen, was du willst. So ist auch die spirituelle Kraft, die du vom Gebet und von der Meditation erhältst, wirkliche Macht. Wenn die Leute rufen, schreien und sich ungöttlich benehmen, dann bringst du einfach deine innere Kraft zum Vorschein, die du in deinem Herzen bewahrst. Friede ist Macht, Licht ist Macht, Seligkeit ist Macht, genau wie Geld Macht ist. Bringe sie einfach zum Vorschein. Die Macht inneren Friedens ist unendlich viel stärker und konkreter als jede äußere Störung, die irgendjemand auf der Erde bewirken kann. Dein innerer Friede kann den Ärger, den andere verursachen, leicht verschlingen.
Wenn wir bei einer guten Morgenmeditation ein wenig Frieden, Licht und Seligkeit erlangen und dies den Tag hindurch mit uns tragen können, werden andere Leute es dann bemerken?
Sri Chinmoy: Wenn du in deiner Meditation etwas erreicht hast, dann werden deine Freunde und Kollegen zweifellos etwas Angenehmes, Mildes, Schönes, Lichtvolles und Erleuchtetes in dir sehen. Frieden, Licht und Wonne sind durch deine Seele in dein physisches Bewusstsein eingedrungen. Je höher und tiefer deine Meditation war und je mehr du empfangen hast, desto mehr wird dein Gesicht und dein äußeres Wesen leuchten und strahlen. Schau dich einfach im Spiegel an, nachdem du meditiert hast, und du wirst den Unterschied zwischen dem, was du eine Stunde vorher warst und dem, was du jetzt bist, bemerken. Dieser offensichtliche physische Unterschied ist der Tatsache zu verdanken, dass dein physisches Bewusstsein das Licht deiner Seele manifestiert. Selbst wenn du auf der Straße gehst, wirst du dieses Licht verbreiten. Es ist wie ein Parfum, das du in dir selbst hast. Du verwendest es nicht eigentlich. Du hältst es einfach in dir, und es bietet selbst seinen Duft an. Dann wird die Welt der Strebsamkeit und sogar die Welt des Leidens, der Depression und der Verzweiflung unweigerlich etwas in dir sehen. Und sie werden versuchen, dir zu folgen - manchmal widerwillig, manchmal mit Freude, manchmal mit Begierde; doch sie werden auf die eine oder andere Weise versuchen, dir zu folgen. Du brauchst anderen nicht unzählige Male zu erzählen, wie die Meditation dein Leben verändert hat. Zeige dich ihnen einfach an einem Tag, an dem du eine gute Meditation gehabt hast, und an einem anderen Tag, an dem du keine gute Meditation gehabt hast. An dem Tag, an dem du gut meditiert hast, werden sie eine große Änderung an dir bemerken. Schon allein deine Anwesenheit wird sie inspirieren.
Wie kann ich die Kluft überbrücken, die ich zwischen meinem Leben der Meditation - einem Leben voller Freude - und meinem Leben im Büro sehe, das völlig unstrebsam ist?
Sri Chinmoy: Meditation bedeutet nicht, dass du ständig mit geschlossenen Augen zu Hause sitzt. Wenn du etwas in der äußeren Welt tust, dann führt dich alles, was du tust, letztlich zu deinem Ziel, falls du fühlen kannst, dass du es für Gott tust. Sonst hast du das Gefühl, du tust das Richtige, wenn du in einer Ecke deines Raumes meditierst und die restliche Zeit wirst du dich unglücklich fühlen. Hingebungsvolles Arbeiten ist auch eine Form der Meditation. Der Supreme möchte, dass du am Morgen in dein Höchstes gehst und Ihm deine Liebe und deine Hingabe anbietest und Seinen Frieden, Sein Licht und Seinen Segen empfängst. Dann möchte Er, dass du in dein Büro gehst und hingebungsvoll deine Arbeit verrichtest. Du wirst in beiden Fällen die größte Freude verspüren, wenn du fühlen kannst, dass du es deshalb tust, weil du von innen her darum gebeten wurdest. Du bist nicht der Handelnde; du bist nur ein ergebenes Instrument, das einer höheren Wirklichkeit dient. Wenn du das fühlen kannst, wird dir alles Freude bereiten, ganz egal was du tust. Selbst wenn du etwas Mechanisches tust, etwas Intellektuelles oder etwas völlig Uninspirierendes, wird es dir die größte Freude bereiten, weil du einem höheren Zweck dienst. Du musst dir bewusst sein, dass du Gottes Anwesenheit in allem, was du tust, fühlen kannst. Wenn du an Gott denken kannst, während du etwas tust - ob es Saubermachen, Kochen oder Arbeiten ist - wirst du fühlen, dass Gott in deine Tätigkeit eingetreten ist. Wenn du während deiner Tätigkeit Gottes Anwesenheit fühlen kannst, dann ist alles, was du tust, mit Gott und für Gott. Wenn du während der Arbeit ein hohes Bewusstsein beibehalten und Frieden im Verstand haben kannst, dann wird die Arbeit selbst zu einer wahren Form der Meditation.
Wenn Leute versuchen, der Menschheit zu helfen, geschieht es dann nicht teilweise wegen des Egos?
Sri Chinmoy: Für einen gewöhnlichen Menschen, der nicht bewusst strebt, ist der Versuch, der Menschheit zu helfen, ein positives und progressives Ideal, selbst wenn es teilweise durch das Ego inspiriert wurde. Doch jene, die bewusst danach streben, Gott zu erreichen, haben ein anderes Ziel. Ihr Ziel ist es nicht, der Menschheit zu helfen, sondern der Menschheit zu dienen - natürlich auf Gottes eigene Weise. Als spirituell Strebende müssen wir wissen, warum wir etwas tun. Wurden wir von Gott inspiriert? Bekamen wir den Auftrag von Gott? Wenn unsere Taten nicht von Gott inspiriert wurden, wenn wir nicht Gottes Willen erfüllen, dann wird der Dienst, den wir der Welt darbringen, voller Dunkelheit und Unvollkommenheit sein. Wenn wir versuchen, der Menschheit auf unsere eigene Weise zu helfen, glauben wir vielleicht, Gott zu dienen, doch in Wirklichkeit vergrößern wir nur unser eigenes Ego. Diese Art von Hingabe ist für einen wirklichen spirituell Strebenden überhaupt keine Hingabe.
Was kann ich tun, wenn ich mich manchmal ärgere und keine Lust habe zu meditieren? Ist es richtig, stattdessen selbstlosen Dienst zu tun?
Sri Chinmoy: Sicher. Wenn dein aufgewühlter Verstand zu diesem Zeitpunkt den physischen Körper noch nicht beeinflusst hat und du fühlst, dass du hingebungsvoll arbeiten kannst, dann solltest du das tun. Wenn du für den Supreme arbeitest, dann meditierst du im Physischen. Du hast einen Körper, ein Vitales, einen Verstand und ein Herz. Wenn du nicht in allen Teilen deines Wesens meditieren kannst, dann versuche, wenigstens in einem Teil zu meditieren. Doch wenn alle Teile deines Wesens - das Physische, das Vitale, das Mentale und das Psychische - voller Hingabe zusammenarbeiten, wird daraus die beste Form der Meditation.
Wenn wir all unsere Wünsche aufgeben und die ganze Zeit in der inneren Welt leben, wie kann es dann in der äußeren Welt Fortschritt geben?
Sri Chinmoy: Wenn du glaubst, dass wir nicht die ganze Zeit im Licht leben können, dass wir zwölf Stunden in der Dunkelheit und zwölf Stunden im Licht leben müssen, dann ist diese Philosophie - entsprechend dem Standard bestimmter Personen - vollkommen richtig. Jemand meditiert eine Stunde lang, geht dann hinaus und tritt in das normale Leben ein. Ein anderer kann mehrere Stunden meditieren, während es einige Leute gibt, die Tag und Nacht meditieren können. Es ist alles eine Frage des Bedürfnisses. Das innere Bedürfnis zwingt jemanden, eine Stunde lang am Tag zu meditieren, und jemand anderen, zwölf oder vierundzwanzig Stunden lang zu meditieren. Wenn jemand eine Stunde lang meditiert, erlangt er eine gewisse Zufriedenheit. Während dieser Stunde hätte er etwas ganz anderes machen können, aber er hat es nicht getan. Er hat die Meditation vorgezogen. Er spürte, dass die Zufriedenheit, die er durch Meditation erhält, mehr wert sein würde als die Zufriedenheit, die er durch Arbeit, Schlafen oder was immer er während dieser Stunde hätte tun können, erhalten würde. Nach dieser Stunde Meditation geht er vielleicht in das weltliche Leben und dessen Art der Zufriedenheit zurück. Es ist immer eine Frage, welche Art der Zufriedenheit ein Mensch will und braucht. Es gibt zwei Räume. Ein Raum ist im Moment unerleuchtet und dunkel; der andere Raum ist ganz hell. Jemand, der beide Räume gleich gern hat, sagt vielleicht: "Ich möchte sowohl im dunklen Raum als auch im hell erleuchteten Raum zwölf Stunden lang bleiben." Er kann das gerne tun. Doch jemand anderes verspürt vielleicht überhaupt kein Bedürfnis, im unerleuchteten Raum zu bleiben. Er sagt: "Ich möchte nur im erleuchteten Raum bleiben." Dann gibt es noch jemand anderen, der sagt: "Ich bin vierundzwanzig Stunden lang im erleuchteten Raum geblieben und habe die Erleuchtung erhalten. Ich möchte nun in den anderen Raum gehen, der noch dunkel ist und ihn mit meinem Licht erleuchten." Diese Person hat ein großes Herz. Deshalb tritt sie in den dunklen Raum ein, um ihre Brüder und Schwestern, die noch in der Dunkelheit sind, zu erleuchten. Sie hat im erleuchteten Raum Zufriedenheit, bleibende Zufriedenheit erlangt. Aber das war nicht genug. Sie wird nur vollkommen zufrieden sein, wenn sie in den dunklen Raum geht und ihn mit ihrem Licht verwandelt. Es gibt einige Leute auf der Erde, die in die Welt der Leiden zurückgekommen sind, obwohl sie die wirkliche Fähigkeit hatten, ewig in der Welt des Lichts und der Wonne zu bleiben. Wenn wir den Reichtum der inneren Welt in die äußere Welt bringen können, dann können wir leicht die Welt erleuchten, und diese Erleuchtung ist nichts anderes als Fortschritt. Doch zuerst müssen wir in die innere Welt gehen - in die Welt des Lichts - und etwas für uns selbst erhalten, bevor wir es der Welt anbieten können. Wenn wir das tun können, werden die innere und die äußere Welt vereinigt, und die äußere Welt wird völlig bereit für die innere Botschaft. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist die äußere Welt noch nicht bereit, doch der Tag wird kommen, an dem die äußere Welt und die innere Welt zusammen vollkommenen Fortschritt machen werden.
Bildet beides, Aktivität und Meditation, die Essenz deiner Lehre?
Sri Chinmoy: Unsere Philosophie verneint weder das äußere Leben noch das innere Leben. Die meisten Menschen verneinen das innere Leben. Solange das äußere Leben erfreulich ist, glauben sie, dass das innere Leben nicht wichtig sei. Es gibt aber auch einige wenige, die glauben, dass das äußere Leben nicht notwendig sei. Sie fühlen, dass es das beste sei, in die Höhlen des Himalaya zu gehen und ein zurückgezogenes Leben zu führen, da das äußere Leben so schmerzhaft und uninspirierend sei. Wir glauben weder an ein zurückgezogenes Leben noch an das gewöhnliche menschliche Leben - das sogenannte moderne Leben, das von Maschinen abhängt und nicht von der inneren Wirklichkeit, der Seele. Wir versuchen, das äußere und das innere Leben zu verbinden und in Einklang zu bringen. Das äußere Leben ist wie eine schöne Blume, und das innere Leben ist wie ihr Duft. Ohne Duft schätzen wir die Blume nicht. Umgekehrt kann es ohne Blume keinen Duft geben. Deshalb müssen das innere und das äußere Leben Hand in Hand gehen.
Der Guru: Dein Privatlehrer
Hat jeder Einzelne einen besonderen Weg oder sind alle Wege ziemlich gleich?
Sri Chinmoy: Es sind nicht alle Wege gleich, obwohl das letztendliche Ziel das gleiche ist. Es gibt verschiedene Straßen, doch alle Straßen führen zum gleichen Ziel. Jeder einzelne braucht die Führung eines Meisters, und jeder einzelne muss seinen eigenen Weg entdecken. Dann darf er nur dem einen Weg folgen und dem einen Meister, der der Leiter oder Führer auf diesem Weg ist. Es ist notwendig, dass jeder einzelne seinen eigenen Weg hat. Das bedeutet nicht, dass es auf diesem Weg keine anderen Sucher gibt. Es wird andere geben, die dem gleichen Weg folgen wollen, doch jeder Sucher wird es auf seine eigene Weise tun, entsprechend seiner eigenen Inspiration, Strebsamkeit und spirituellen Entwicklung.
Ist es möglich, mehr als einem Weg zu folgen?
Sri Chinmoy: Wenn du unter der Führung eines Meisters spirituelle Disziplin übst, dann ist es immer ratsam, andere Wege aufzugeben. Wenn du mit einem Meister zufrieden bist und dich immer noch nach einem anderen Meister umschaust, dann begehst du einen ernsthaften Fehler. Du wirst nicht empfangen können, was dir dein Meister geben will, und dein spiritueller Fortschritt wird sehr langsam sein. Spiritualität ist nicht wie eine Schule, wo du in jedem Unterrichtsfach - Geschichte, Geographie etc. - einen anderen Lehrer hast. Nein. Gottverwirklichung ist ein Fach, und für dieses Fach braucht man nur einen Lehrer. Wenn man den schnellsten Fortschritt machen will, ist es deshalb immer ratsam, zu einem Meister zu gehen, in den man höchstes Vertrauen hat. Dann solltest du nur in seinem Boot bleiben. Denn wenn du ein Bein in seinem Boot und das andere Bein in irgendeinem anderen Boot hast, wirst du schließlich ins Wasser fallen.
Woher weiß man, ob man für einen spirituellen Weg bereit ist oder nicht?
Sri Chinmoy: Wenn du hungrig bist, weißt du, dass du essen musst. Dein Hunger zwingt dich, etwas zu essen. Im inneren Leben ist es genauso. Wenn du einen Hunger nach Frieden, Licht und Wonne verspürst, dann weißt du, dass du bereit bist. Wenn du eine innere Sehnsucht verspürst, dann bist du für den spirituellen Weg bereit. Wenn du diesen Mangel spürst, bist du bereit. Wenn du keinen Mangel spürst, dann bist du nicht bereit. Manchmal geschieht es, dass der Sucher bereit ist und der Meister verfügbar ist, doch die Bindungen an das gewöhnliche Leben halten den Sucher davon ab, aufrichtig genug Ausschau zu halten. Erst kürzlich erzählte mir eine Frau, dass sie seit neunzehn oder zwanzig Jahren nach einem Meister suche. Ich war sehr überrascht, da ich mir sicher war, dass ihr Meister noch lebt. Wenn sie wirklich aufrichtig gesucht und nach ihrem Meister gerufen hätte, dann hätte sie ihn gefunden. Wenn sich der Strebende wirklich aufrichtig nach einem Weg sehnt, dann wird sein Weg vor ihm erscheinen. Wenn er sich wirklich nach einem Meister sehnt, dann wird der Meister zu ihm kommen, oder er bekommt die Möglichkeit, zu dem Meister zu gehen. Keine aufrichtige Bemühung endet fruchtlos. Wenn sich jemand aufrichtig bemüht, wird sein inneres und äußeres Leben von Erfolg gekrönt sein.
Meditation als Schüler Sri Chinmoys
Eines deiner Bilder macht mir Angst.
Sri Chinmoy: Ein spiritueller Meister ist kein Röntgenapparat. Sobald du vor einem Röntgenapparat stehst, bist du völlig bloßgestellt. Wenn du vor mir stehst, kann ich ebenfalls alles sehen. Doch ich bin der letzte, der dich vor jemandem bloßstellen oder sich beim Supreme über dich beklagen würde. Wenn jemand etwas sehr Schlimmes getan hat, dann hat er vielleicht Angst, ich würde alle seine inneren Fehler und geheimen Missetaten ans Tageslicht bringen. Doch ich werde dich nicht bloßstellen. Im Gegenteil, mein Mitleid wird wie eine Mutter deine Unvollkommenheiten verstecken. Wenn ich jemanden als meinen Schüler annehme, wie ich dich angenommen habe, dann nehme ich all seine Unvollkommenheiten als meine eigenen an. Du solltest dich darum nie vor mir fürchten. Ich bin weder ein Tiger noch ein Löwe. Ich werde dich nicht verschlingen. Nie! Auch wenn du das Gefühl hast, ich sei die Sonne und du seiest die Dunkelheit selbst, besteht kein Grund zur Furcht. Die Sonne, die in mir scheint, ist die innere Sonne, die nur erleuchtet. Sie stellt nicht bloß. Wenn sie in die Dunkelheit scheint, dann wandelt sie diese in Göttlichkeit um und bietet dann diese Göttlichkeit der ganzen Welt an. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen. Ich sage dir noch einmal: Bitte, bitte fürchte dich niemals vor mir. Du kannst dich vor allem auf der Erde fürchten, doch fürchte dich nicht vor mir. Ich werde dir nie in irgendeiner Weise Schaden zufügen. Im Gegenteil, es ist meine Aufgabe, deine Unvollkommenheiten umzuwandeln und dich so zu formen und zu gestalten, dass du zu deiner eigenen Göttlichkeit wirst.
Meine Freundin ist keine Schülerin von dir, doch sie hat begonnen, auf dein Bild zu meditieren, und jetzt hat sie große Angst.
Sri Chinmoy: Die Leute sagen sehr oft, dass sie sich vor meinem Bild fürchten. Doch es ist nicht mein Bild, vor dem sie Angst haben. Die Frage ist nur, ob sie bereit sind, gewisse Dinge aufzugeben? Sie sträuben sich innerlich dagegen, ihre alten Gewohnheiten und ihr altes Leben aufzugeben. Sie schauen mein Bild an und sehen einen Ozean von Unsicherheit. Doch es ist nicht eigentlich ein Ozean der Unsicherheit. Sie sind sich nur selbst nicht sicher, ob sie wirklich das spirituelle Leben wollen, und sie fürchten sich vor dem, was geschehen wird, wenn sie ihre alten Gewohnheiten aufgeben. Auf diese Weise kann man auch die Erfahrungen deiner Freundin interpretieren. Wenn man die Vergangenheit vergessen kann und bereit ist, von ganzem Herzen bewusst und seelenvoll in das Neue, das ewig Neue einzudringen, dann wird man sehen, dass auch das Neue seine eigene Wirklichkeit besitzt - eine erfüllendere Wirklichkeit als die Vergangenheit. Dann gibt es keine Furcht mehr. Furcht kommt nur, wenn man nicht willens ist, sein altes Leben aufzugeben ,oder wenn man vom neuen Leben noch nicht überzeugt ist. Doch normalerweise sind sich die Leute nicht bewusst, dass sie ihr altes Leben nicht aufgeben wollen. Sie wollen einerseits spirituell sein und schämen sich, dass sie unbewusst immer noch an weltlichen Dingen hängen, und wollen es nicht zugeben - nicht einmal sich selber.
Wenn du mich während der Meditation direkt anschaust oder wenn du uns bittest, nach vorne zu kommen und vor dir zu meditieren, dann werde ich manchmal etwas nervös oder ängstlich. Ich bin nicht sicher, was du tust. Kannst du das erklären?
Sri Chinmoy: Wenn ich dir mein Gesicht zuwende und dich während der Meditation anschaue oder wenn ich dich bitte, vor mir zu stehen und zu meditieren, dann trete ich in dich ein, um zu beobachten, was dein inneres und äußeres Wesen will. Ich dringe ins Physische, ins Vitale, in den Verstand, in das Herz und in die Seele ein. Wenn ich sehe, dass ein bestimmter Sucher nach Frieden strebt, dann bringe ich sofort Frieden von oben herab. Wenn ich sehe, dass jemand Licht will, dann bringe ich Licht herab. Je nach Strebsamkeit, Notwendigkeit und Empfänglichkeit jedes einzelnen Suchers bringe ich verschiedene spirituelle Eigenschaften von oben herab. Manchmal sehe ich, dass ein Sucher überhaupt nichts will; es ist gerade keine Strebsamkeit vorhanden. Nicht, dass der Strebende alles hätte - nein, er hat einfach keine Inspiration und keine Strebsamkeit, entweder etwas von oben herabzuziehen oder etwas von mir anzunehmen. In diesen Suchern versuche ich einfach, die Flamme der Strebsamkeit zu entzünden. In gewissen Fällen meditiert ihr vielleicht besser, wenn ich auf jemand anderen schaue, als wenn ich auf euch schaue. Wenn ihr in einem hohen Bewusstsein seid und auf mich schaut, während ich auf jemand anderes schaue, dann könnt ihr wie ein Magnet mein Licht zu euch ziehen. Obwohl ich auf jemand anderen schaue, kann mehr Licht zu euch gehen als zu ihm. Wenn ich mich andererseits auf euch konzentriere und ihr daran denkt, dass alle anderen Schüler auf euch schauen, oder wenn euer Verstand zählt, wieviele Sekunden ich euch anschaue und ihr dies damit vergleicht, wie lange ich andere anschaue, dann werdet ihr sehr wenig von mir erhalten. Wenn ich jemanden segne und das unendliche Mitleid des Supreme herabbringe, dann ist der Betreffende manchmal völlig unempfänglich. Doch jemand anderes, der woanders sitzt, dessen inneres Wesen völlig wach ist und der voller Hingabe auf den Supreme meditiert, empfängt gleichzeitig sehr viel. Er nimmt all das Licht, das ich der anderen Person geben wollte. Ich bin dann natürlich überhaupt nicht aufgebracht über denjenigen, der mein Licht nimmt. Wenn derjenige, dem ich mein Licht anbieten will, überhaupt nicht empfänglich ist, dann sollte es natürlich jemand anderes nehmen, wenn er die Fähigkeit hat. Wenn ich dann zu ihm komme, um auf ihn zu meditieren, dann gebe ich ihm noch mehr Licht, falls er die Fähigkeit besitzt, noch mehr zu empfangen. Es kommt jedoch auch vor, dass der Betreffende nervös wird, sobald ich zu ihm komme, ihn anschaue und auf ihn meditiere. Dann empfängt er nichts. Manchmal glaubt ihr, ihr könntet nicht richtig meditieren, wenn ich in eure Augen schaue oder wenn ich euch bitte, vor mir zu stehen. Ihr fürchtet euch zu Tode. Doch warum solltet ihr euch vor mir fürchten? Ich bin weder eine Schlange noch ein Tiger. Doch ihr fürchtet euch vor mir, weil ihr glaubt, ich würde euch bloßstellen. Ihr denkt unbewusst vielleicht: "Heute morgen habe ich gelogen oder sonst etwas Falsches gemacht, und nun wird mich Guru ertappen." Oder plötzlich greifen euch falsche Kräfte an. Bevor ihr mich gesehen habt, habt ihr euch gut gefühlt. Doch sobald ihr vor mir steht, kommen alle schlechten Gedanken der Welt in euch zum Vorschein. Ihr müsst euch jedoch bewusst sein, dass ihr diese Feinde schon immer hattet, nur wart ihr euch dessen nicht bewusst. Jetzt kommen sie hervor, damit sie umgewandelt werden können. Denkt an mich nicht als einen Röntgenapparat, der all eure inneren Unvollkommenheiten vor der ganzen Welt bloßstellen wird. Denkt stattdessen an mich als einen Spiegel, der euch zeigt, was ihr in eurem spirituellen Leben macht. Wenn ihr vor mir steht, könnt ihr euer eigenes inneres Spiegelbild sehen. Alles, womit ihr gekommen seid, wird sichtbar. Gute wie schlechte Gedanken werden sofort reflektiert. Doch wenn ihr Angst habt und versucht, etwas zu verbergen, oder wenn ihr mich fühlen lassen wollt, dass ihr dies oder jenes seid, dann macht ihr einen ernsthaften Fehler. Ich weiß, was ihr wirklich seid; ich kenne die Note, die ihr erhalten werdet. Doch wenn ihr versucht, mir mit eurer Strebsamkeit Eindruck zu machen, dann verliert ihr nur die Aufrichtigkeit, die ihr bereits habt. Auch wenn ihr nur mit ganz wenig Strebsamkeit zu mir kommt, gebt mir dieses Wenige mit größter Aufrichtigkeit. Wenn ihr mit falschen Gedanken kommt, betrachtet sie als eure Feinde und trennt euer Dasein von ihnen. Weist sie entweder zurück und sagt: "Sie gehören mir nicht", oder sagt: "Ja, sie gehören mir, doch ich gebe sie dir. Dies ist mein Besitz, und ich gebe dir meinen ganzen Besitz." Dann kann ich diese Kräfte von euch nehmen. Doch wenn ihr Angst habt, bloßgestellt zu werden, und wenn ihr euch vor dem fürchtet, was ich euch gebe, dann empfangt ihr überhaupt nichts. Ich bin nicht in die Welt gekommen, um euch bloßzustellen und zu richten. Ich bin nur gekommen, um euch zu lieben und euch zu vervollkommnen. Wenn ich euch während der Meditation anschaue und mich auf euch konzentriere, kümmert euch nicht darum, was ich über euch denke. Ich denke überhaupt nichts über euch. Ich biete euch nur meine spirituelle Liebe, mein Licht und meine Anteilnahme an. Wenn ein Kind sieht, dass seine Mutter zu ihm kommt, dann hat es keine Angst, auch wenn es voller Schmutz ist. Es weiß, dass seine Mutter es nicht ausschimpfen oder schlagen wird. Sie wird es nur wieder sauber machen. Sobald ihr glaubt, in eurem Verstand oder in euren Handlungen etwas falsch gemacht zu haben, fühlt, dass ich mich viel mehr um eure Vollkommenheit kümmere, als ihr euch selbst um eure Vollkommenheit kümmert. Furcht kommt, weil ihr glaubt, ihr werdet durch mein Licht bloßgestellt. Doch wenn ihr fühlen könnt, dass euch mein Licht nur erleuchten und vervollkommnen wird, dann kann es keine Furcht geben, gleich wie nah und wie durchdringend das Licht ist. Wenn meine Schüler vor mir meditieren, werden sie manchmal auch deshalb nervös, weil sie in die Nervosität und die Unsicherheit der anderen um sie herum eindringen. Es ist, als ob ihr alle vor einer Klausur stehen würdet. Statt auf eure eigene innere Weisheit zu achten, schaut ihr umher, um zu sehen, welche Seite des Lehrbuches der andere studiert. Ihr glaubt, dass die Frage aus derjenigen Seite kommen wird, die er liest und wollt ebenfalls diese Seite lesen. Und dann werdet ihr nervös, nicht, weil ihr dieselbe Seite zu lesen versucht, die er liest, sondern weil der andere selbst nervös ist. Er liest eine bestimmte Stelle, doch auch er hat das Gefühl, dass das vielleicht nicht die richtige Stelle ist. Wenn ihr seine Stelle zu lesen beginnt, dann tretet ihr in sein Bewusstsein ein und nehmt seine Unsicherheit und Furcht in euch auf.
Würdest du deinen Schülern empfehlen, mit gefalteten Händen zu meditieren?
Sri Chinmoy: Ja, das würde ich. Wenn du deine Hände seelenvoll faltest, wird es dir zweifellos helfen, besser zu meditieren. Wenn du deine Hingabe vergrößern möchtest, dann solltest du immer versuchen, auf der physischen Ebene etwas zu tun, was deinen physischen Verstand überzeugt. Wenn du mit gefalteten Händen betest und meditierst, dann wird dein widerwilliger, unwilliger und trotzköpfiger physischer Verstand und deine ganze physische Existenz hingebungsvoller. Alles in dir wird zielgerichtet. Wenn es euch körperlich ermüdet und ihr Schmerzen habt, dann wird euch dieser Schmerz natürlich keine Erfüllung bringen. Auch ohne eure Hände zu falten, könnt ihr beten und meditieren und auch so in ein sehr hohes Bewusstsein kommen. Doch wenn ihr eure Hände seelenvoll faltet, trägt das zweifellos zu eurer Strebsamkeit bei. Manche Leute haben das Gefühl, sie erhielten neunundneunzig Prozent von ihrer inneren Strebsamkeit, bräuchten jedoch ein Prozent mehr, um ihr Ziel zu erreichen. Sie wissen, dass sie das letzte Prozent erhalten können, indem sie die Hände falten. Wenn sie irgendetwas auf der äußeren Ebene tun können, das ihnen das fehlende Prozent sofort geben kann, dann werden sie das tun. Andere haben das Gefühl, sie bräuchten ihre Hände nicht zu falten. Sie fühlen, dass sie das letzte Prozent automatisch erhalten werden, wenn sie ihre Strebsamkeit vergrößern. Auch sie haben recht. Es gibt jedoch keinen Grund, die Hände zu falten, nur weil X seine Hände faltet oder weil es dich beschäftigt, was wohl Y über dich denkt. Ihr solltet eure Hände nur dann falten, wenn ihr spürt, dass euer Streben und eure Empfänglichkeit verstärkt werden. Aber wenn ihr eure Hände ohne spontanen inneren Drang faltet, nur um auf andere Eindruck zu machen, dann begeht ihr einen großen Fehler. Nach ein paar Tagen oder ein paar Monaten wird eure eigene Aufrichtigkeit zum Vorschein kommen und euch Einhalt gebieten. Ihr müsst jedoch nicht unbedingt aufhören, die Hände zu falten, nur weil ihr die Hände einmal gefaltet habt, um andere zu täuschen, und weil ihr eure Dummheit nun erkannt habt. Händefalten ist wie Neugier. Manche Leute beginnen das spirituelle Leben aus Neugier. Sie besitzen keine aufrichtige Inspiration oder Strebsamkeit, doch sie kommen aus Neugier zu unseren Treffen und machen bei unseren Aktivitäten mit. Schließlich sehen sie, dass ihre Neugier sie nirgendwo hinführt. Dann wollen sie ihr Leben der Neugier beenden und beginnen, aufrichtig zu streben. Es gibt also keine feste Regel.
Warum bittest du mich manchmal, dich beim Meditieren anzuschauen?
Sri Chinmoy: Du schaust auf deine Hände, doch deine Hände werden dir keine Verwirklichung geben. Ich bin ein Meister. Gottverwirklichungs-Bewusstsein steht auf meinem Gesicht und in meinen Augen geschrieben, nicht auf deinen Fingerspitzen. Du kannst sehr viel mehr Inspiration bekommen, wenn du mich anblickst, als wenn du anderswohin schaust. Wenn du bewussten Kontakt mit meiner Seele herstellen kannst, dann kann ich dir versichern, dass meine Existenz hier auf der Erde sich als dein Sklave benehmen wird. Wenn jemand einmal wirklich mit meiner Seele Kontakt aufnimmt und aufrichtig meine Hilfe erbittet, dann bin ich ihm oder ihr für immer zu Diensten. Doch dieser Kontakt muss in Identifikation umgewandelt werden und Identifikation zu Einssein. Wenn die Seele eines Suchers mit meiner Seele eins werden kann, dann werde ich für diesen betreffenden Menschen immer verantwortlich sein. Dies ist die Zusicherung meiner Seele.
Selbst wenn ich mit dir meditiere, will ich manchmal meine Augen schließen. Sollte man das nie tun?
Sri Chinmoy: Wenn ich vor meinen Schülern meditiere, bitte ich sie immer, ihre Augen halb offen zu halten, denn durch meine Augen zu empfangen ist eine Art, etwas von mir zu empfangen. Manchmal bringe ich unendlichen Frieden, unendliches Licht und unendliche Glückseligkeit herab und verteile es durch meine Augen. Wenn meine Schüler diese göttlichen Eigenschaften mit ihren eigenen Augen in meinem Gesicht und in meinen Augen sehen können, wird ihr äußerer Verstand überzeugt werden, und sie werden empfänglicher. Was ich herabbringe, ist nicht nur in meinen Augen sichtbar, sondern in meinem ganzen Gesicht. Es ist wie ein Leuchten, das um meinen Körper herum strahlt. Wenn eure Augen offen sind, dann seht ihr unweigerlich etwas.
Wenn ein Meister mehr Licht oder Frieden herabbringt, als diejenigen aufnehmen können, die mit ihm meditieren, was geschieht dann mit diesem Licht und diesem Frieden? Geht alles verloren?
Sri Chinmoy: Es geht nicht alles verloren. Es dringt in die Erdatmosphäre ein und wird zum Besitz der Erde. Wenn spirituelle Meister göttliche Eigenschaften von oben herabbringen, assimiliert sie Mutter Erde, und sie werden ihr eigen. Wenn dann jemand strebt, wird er diesen Frieden und dieses Licht vom Erdbewusstsein erhalten. Er weiß jedoch nicht, woher es kommt.
Seit ich mit dir zu meditieren begonnen habe, spüre ich, dass sich mein Bewusstsein an einem anderen Ort befindet, und ich möchte dich einfach fragen, ob du etwas darüber sagen kannst.
Sri Chinmoy: Seit du hierher gekommen bist, um mit uns zu meditieren, hat dein Bewusstsein begonnen, mehr von deinem Herzen als von deinem Verstand aus zu wirken. Vorher befand sich dein Bewusstsein im Verstand. Im Verstand erscheint das ganze Leben wie ein Stück trockenes Holz. Doch wenn du im Herzen bleibst, verwandelt sich das Leben in ein Meer reinster Liebe und Glückseligkeit. Wenn du dort bleiben kannst, wirst du nach und nach ein spontanes Gefühl von Liebe und Einssein mit Gott und Gottes Schöpfung erfahren.
Das Verstehen der inneren Erfahrungen
Erinnern wir uns bewusst an all unsere inneren Erfahrungen?
Sri Chinmoy: Wenn ein gewöhnlicher Sucher innere Erfahrungen hat, dann behält er sie nicht immer bewusst, obwohl die Essenz in seinem inneren Leben bleibt. Auch wenn es eine sehr hohe Erfahrung ist, vergisst er sie vielleicht nach vier Jahren wieder, weil die Unwissenheit seines Lebens sie verschluckt. Dann sagt er: "Wie konnte ich eine solche Erfahrung haben? Hätte ich eine solche Erfahrung gehabt, dann hätte ich nachher nicht so vieles falsch machen können. Warum habe ich nicht meditiert und gebetet? Es deutet alles darauf hin, dass diese Erfahrung nicht so bedeutsam gewesen ist." Sein Zweifel verschlingt also die Erfahrung, und schließlich vergisst er sie. Ein verwirklichter Mensch weiß jedoch, dass alles, was er gesehen oder gefühlt hat, völlig wahr gewesen ist. Dank seiner inneren Schau kann er sich auch an Erfahrungen vergangener Inkarnationen erinnern. Doch ein gewöhnlicher Sucher erinnert sich nicht unbedingt an seine Erfahrungen, selbst wenn er nur zwei oder drei größere Erfahrungen gehabt hat.
Wie können wir herausfinden, auf welcher Bewusstseinsebene wir uns während der Meditation befinden?
Sri Chinmoy: Nur ein Sucher, der an der Schwelle der Verwirklichung steht, kann sich der Bewusstseinsebenen bewusst sein. Ein gewöhnlicher Sucher kann es nicht, und es ist für ihn auch nicht notwendig. Es gibt sieben höhere Welten und sieben niedere Welten. Ein spiritueller Meister kann leicht in allen vierzehn Welten gleichzeitig sein und Dinge sehen, die sich in all diesen Welten ereignen. Auch ein Sucher kann gleichzeitig in mehr als einer Welt sein, doch er wird nicht wissen, welche Welten das sind. Nur jemand, der im spirituellen Leben weit fortgeschritten ist, jemand, der dabei ist, auf die letzte Sprosse der spirituellen Leiter zu steigen, wird sehen können, auf welcher Bewusstseinsebene er sich während seiner Meditation befindet. Für verwirklichte Seelen ist das sehr einfach. Dein spiritueller Meister kann dir sagen, von welcher Ebene eine bestimmte Erfahrung kommt. Wenn er dir sagt, dass eine bestimmte Erfahrung aus der vitalen oder mentalen Welt kommt, dann weißt du in Zukunft, wenn du eine ähnliche Erfahrung machst, dass sie aus dieser Welt kommt.
Ist es möglich, in der Meditation etwas zu erhalten und sich dieser Erfahrung nicht bewusst zu sein?
Sri Chinmoy: Wenn wir Licht, Frieden oder Glückseligkeit auf einem höheren Bewusstseinsniveau empfangen, ist der äußere Verstand manchmal nicht überzeugt, dass er überhaupt etwas erhalten hat. Doch es ist für das physische Bewusstsein überhaupt nicht notwendig, sich dessen bewusst zu sein, was es empfangen hat. Das Licht kann durch einen höheren Teil des emotionalen Wesens eindringen und ein paar Minuten, ein paar Tage oder noch länger wirken. Es wird dort einen neuen Boden schaffen und schließlich eine reiche Ernte innerer Erfahrung herbeiführen. Doch manchmal dauert es einige Zeit, bis diese inneren Erfahrungen in das grobphysische Bewusstsein eintreten. Wenn eine Erfahrung im physischen Bewusstsein stattfindet, können wir sie mit unseren Sinnen sehen und fühlen. In diesem Fall können wir uns natürlich auf unsere eigene Wahrnehmung verlassen. Doch wenn die Erfahrung sehr subtil ist und sich auf einem höheren Bewusstseinsniveau abspielt, sind wir uns ihrer vielleicht überhaupt nicht bewusst. Wir versuchen, dem physischen Verstand bewusst zu machen, was sich in anderen Teilen des Wesens abspielt. Wenn das Physische und das Spirituelle in uns sich gleichzeitig bewusst sind, was wir tun, dann werden wir es in unserem physischen Bewusstsein spüren, gleich auf welchem Niveau die Erfahrung stattfindet. Wir werden dann freien Zugang zu allen Bewusstseinsebenen haben, und das Physische wird die Wirklichkeit dieser subtilen Erfahrungen nicht anzweifeln können. Sonst kann es geschehen, dass das Höchste an die Türe des Physischen klopft und das Physische es einfach nicht beachtet.
Wenn ich meditiere, habe ich manchmal das Gefühl, ich hätte eine Erfahrung, doch nichts geschieht. Was ist der Grund dafür?
Sri Chinmoy: Du hast die Höhe nicht erreicht; deshalb ist nichts geschehen. Du befindest dich sehr nahe daran, doch du hast sie nicht ganz erreicht. Es ist, als ob man einen Ofen anheizen würde. Wenn du das Gas andrehst, musst du den Griff bis zu einem bestimmten Punkt drehen, damit die Flamme kommt. Du erreichst diesen Punkt beinahe, doch dann hörst du zu früh auf. Wenn du den Griff nur ein wenig weitergedreht hättest, wäre die Flamme entzündet worden. Genauso verhält es sich mit deiner Meditation. Wenn du nur ein wenig höher oder tiefer gegangen wärst, hättest du deine Erfahrung erhalten. Doch du wurdest abgelenkt oder durch irgendetwas veranlasst, dich zurückzuziehen, anstatt vorwärts zu gehen. Es ist dir nicht gelungen, dein inneres Streben beizubehalten, und dein Bewusstsein sank. Wenn das Bewusstsein sinkt, so ist es, als ob du auf den höchsten Ast eines Baumes geklettert bist und dich plötzlich jemand von unten ruft und du die saftigen Früchte auf dem Gipfel des Baumes vergisst und wieder hinuntersteigst. Wenn du jedoch deine Höhe beibehalten kannst und dem Ruf von unten keine Beachtung schenkst, wirst du das Höchste erreichen und dort deine Erfahrungen erhalten. Stell dir beim Beten und Meditieren vor, dass du Fahrrad fährst. Wenn du Fahrrad fährst, müssen sich die Räder ständig drehen. Du kannst nicht bewegungslos auf einem Punkt balancieren. Während du meditierst, musst du ständig streben, sonst fällst du. Im spirituellen Leben muss die Bewegung stetig sein. Entweder du bewegst dich vorwärts, oder du bewegst dich rückwärts. Wenn du versuchst, bewegungslos an einem Punkt zu verharren, wird dich die Unwissenheit der Welt an deinen Ausgangspunkt zurückziehen. Was du in deinem Leben der Strebsamkeit brauchst, ist nicht Erfolg, sondern Fortschritt. Fortschritt selbst ist die aktive Form des Erfolges. Wenn du früh am Morgen meditierst und denkst: "Heute muss ich die höchste Erfahrung erhalten, sonst fühle ich mich elend", dann gibt dir Gott vielleicht diese Erfahrung, die du Erfolg nennst. Doch Er wird dich nicht als Sein Instrument verwenden, weil du bereits versuchst, etwas von Ihm zu erhalten. Du verlangst, dass Er dir eine innere Erfahrung gibt. Du solltest Ihn jedoch nur um die Gelegenheit und das Privileg bitten, Sein Instrument zu sein und Ihm auf Seine eigene Weise zu dienen. Wenn du dich nur danach sehnst, Gott auf Seine eigene Weise zu gefallen, wenn du dich nur nach deinem inneren Fortschritt sehnst, wirst du unweigerlich alle Erfahrungen, die Gott für dich bereithält, zu Gottes eigener Stunde erhalten. Im Moment versuchst du, sehr hoch zu klettern, um eine Erfahrung zu erhalten. Bei deinem jetzigen spirituellen Entwicklungsstadium ist es äußerst schwierig für dich, zu dieser Höhe vorzudringen. Doch für Gott ist es sehr leicht, die Frucht herabzubringen und sie dir zu geben. Er ist ein ausgezeichneter Kletterer; Er kann hinaufklettern und hinabklettern. Wenn Gott mit dir zufrieden ist, kannst du am Fuße des Baumes bleiben, denn Gott wird für dich hinaufklettern und für dich die Erfahrung herabbringen, wenn es Sein Wille ist, dass du sie haben sollst.
Ich habe häufig das Gefühl, Licht zu sehen, doch mein Verstand bezweifelt das sehr. Ich frage mich, ob das Licht, das ich sehe, wirklich ist, oder ob ich es mir nur einbilde.
Sri Chinmoy: Wenn es wirkliches Licht ist, wenn es reines, göttliches Licht ist, dann kannst du sicher sein, dass dein Verstand nicht bezweifeln kann, was du siehst. Der Verstand hat nicht die Fähigkeit, göttliches Licht zu bezweifeln, während du es siehst. Die Helligkeit des Lichtes ist so stark, dass es keinem mentalen Verdacht oder Zweifel erlauben wird, hereinzukommen. Wenn das wirkliche göttliche Licht erscheint, dann wird der Verstand beiseitegeschoben; er funktioniert überhaupt nicht mehr. Das gesamte Wesen wird eins mit der Seele. Der Verstand hat jedoch die Fähigkeit, das göttliche Licht im nachhinein zu bezweifeln. Während du das Licht siehst, ist der Verstand göttlich. Wenn später dein Bewusstsein herabkommt und du dir des Lichtes physisch nicht mehr bewusst bist, kann der Verstand Stärke sammeln und versuchen, Misstrauen in deine Erfahrungen zu werfen. Dann bezweifelst du vielleicht das Licht, das du gesehen hast. Wenn Gott genau jetzt vor dir steht, dann wirst du das nicht bezweifeln. Doch sobald Gott deinem äußeren Blickfeld entschwindet, kannst du Gott anzweifeln. Aufgrund deines Einsseins mit deinem Körper zweifelst du weder an deinen Augen noch an deiner Nase. Du weißt, dass sie Teil deines Körpers sind und dass dein Körper Teil deines Lebens ist. Auf die gleiche Weise ist das göttliche Licht Teil deiner wirklichen Existenz. Wie kannst du deine eigene Existenz verneinen oder bezweifeln? Doch wenn die Erfahrung vorüber ist und du das Licht nicht länger als dein eigenes Licht spürst, dann ist es möglich, dass Zweifel in dich eintreten.
Ich hatte einmal eine Erfahrung, bei der ich die Reinheit, die Kraft und die Ewigkeit Gottes spürte, doch dann verließ mich dieses Gefühl.
Sri Chinmoy: Dies war ein Akt reiner Gnade. Der Supreme hat dir aus Seiner unendlichen Güte heraus bedingungslos Seine Gnade geschenkt. Deshalb war diese Erfahrung möglich. Solche Erfahrungen sind keine Halluzinationen. Spirituelle Meister haben freien Zugang zu ihnen, doch auch Sucher können sie haben, wenn sie aufrichtig beten und meditieren. Du hast diese Erfahrung durch Gottes Gnade erhalten, doch die Unreinheit erlaubte es dir nicht, sie zu behalten. Jeglicher spiritueller Reichtum, den du hast, wird durch Unreinheit zerstört. Viele Leute machen an einem Tag gute Erfahrungen, und am nächsten Tag geben sie sich dem niederen Vitalen hin. Dann werden alle ihre höheren Erfahrungen zerstört. Wenn du jedoch nicht im vitalen und emotionalen Leben schwelgst, dann wachsen die höheren Erfahrungen. Sie wachsen und werden groß und stark wie ein Banyan-Baum. Du musst also sehr darauf achten, dass du dich nicht dem vitalen Leben hingibst, wenn du die Kraft deiner höchsten Erfahrungen zurückbekommen möchtest.
In meiner Meditation hatte ich die Erfahrung, dass ich vollkommen frei war. Doch dann musste ich zu meinem gewöhnlichen Leben zurückkehren, und ich fühlte mich sehr müde und erschöpft.
Sri Chinmoy: Wenn du eine höhere Erfahrung machst, wird sie dich nähren und stärken. Wenn du erschöpft bist und dich am Ende deiner Kräfte befindest, bedeutet das, dass du über deine Aufnahmefähigkeit hinaus etwas herabgezogen hast. Sonst hättest du nach der Meditation die Kraft eines Löwen.
Wenn ich gut meditiere und versuche, tief in mich zu gehen, fühle ich mich nach ein paar Minuten schläfrig, und mein ganzer Körper wird beinahe gefühllos.
Sri Chinmoy: Was du hier erfährst, ist die Stille. Während deiner Meditation hat sich dein Verstand deinem Herzen völlig hingegeben, und beide, Herz und Verstand, haben sich der Seele hingegeben. In diesem Augenblick bekommst du ein Gefühl der statischen Stille. Im Verstand hast du das Gefühl, dass du nicht in dieser Welt bist und dass du zurückkommen und sehr dynamisch sein musst. Doch das ist falsch. Zu diesem Zeitpunkt wirkt die Seele mit voller Kraft, und du musst für keine Bewegung sorgen. Diese Welt der Stille ist nicht wie gewöhnlicher Schlaf, wo man völlig unbewusst wird. Im Gegenteil, sie ist ein sehr guter Zustand. In der Stille selbst liegt spontane Kreativität, spontane Bewegung und spontanes Leben - das Leben spirituellen Erwachens und spiritueller Enthüllung. Versuche, dort zu bleiben und mit größter Aufrichtigkeit, Demut und Hingabe in diesen Zustand hineinzuwachsen. Du kannst ohne Furcht ein paar Tage oder sogar einen Monat lang dort bleiben. Dann wirst du sehen, dass die statische Stille zu einer dynamischen Stille wird. Wenn du dich schon bei der Vorbereitung zur Meditation schläfrig fühlst, bedeutet das, dass Trägheit und Müßigkeit vorherrschen. Doch wenn dieses Gefühl während einer guten Meditation kommt, ist es nicht Schlaf. Du trittst in die Welt der Stille ein und hältst sie fälschlicherweise für Schlaf.
Als ich zu meditieren begann, hatte ich das Gefühl, dass durch jede Zelle meines Körpers Reinheit und Göttlichkeit fließt. Doch wenn ich jetzt meditiere, fühle ich das nicht, obwohl ich glaube, dass ich meine Fähigkeit zu meditieren vergrößert habe. Wie kommt das?
Sri Chinmoy: Wenn man anfängt, so schnell wie möglich zu laufen, ist man zunächst völlig konzentriert. Nach dreißig Metern ist die Koordination deiner Glieder noch besser, du fühlst dich ganz entspannt und hast nicht einmal das Gefühl zu laufen. Du machst keine besondere Anstrengung, und doch verringert sich deine Geschwindigkeit nicht. Zu Anfang muss dein Verstand deinen Körper davon überzeugen, dass er sich bewegen soll. Doch wenn du einmal deinen natürlichen Rhythmus gefunden hast, muss dein Verstand deinen Körper nicht länger überzeugen, schnell zu laufen. Du kannst automatisch mit größter Geschwindigkeit laufen.
In meiner Meditation habe ich bei verschiedenen Gelegenheiten rotes, weißes und blaues Licht gesehen. Kannst du mir die Bedeutung dieser Farben erklären?
Sri Chinmoy: Rot ist der dynamische Aspekt Gottes; es stellt die göttliche Kraft dar, die du in dir selbst siehst. Wenn die Kraft des Göttlichen in dich eintritt, fühlst du dich voller Energie. Weiß ist die Farbe der Reinheit; es stellt das Bewusstsein der göttlichen Mutter dar. Wenn du überall um dich und über dir Weiß siehst, dann fühlst du, dass deine gesamte Existenz von den Fußsohlen bis zum Scheitel des Kopfes von Reinheit erfüllt ist. Wenn du eine hellblaue Farbe siehst, bedeutet das, dass Unendlichkeit in dein strebendes Bewusstsein eintritt. Mit deinem Verstand kannst du die Unendlichkeit nicht begreifen. Der Verstand wird sich eine große Distanz vorstellen, sie etwas weiter ausdehnen und dann aufhören. Doch die Unendlichkeit dehnt sich ständig aus. Wenn du Blau siehst, versuche zu fühlen, dass sich dein Bewusstsein in die Unendlichkeit ausdehnt und dass die Unendlichkeit in dein strebendes Bewusstsein kommt.
Früher fühlte und sah ich immer ein goldenes Licht um mein Herz, doch jetzt sehe ich es nicht mehr. Wie kann ich diese wundervolle Gegenwart wieder erlangen?
Sri Chinmoy: Wenn dieses goldene Licht, das Licht der göttlichen Manifestation, die Erde berührt, kann es manchmal nicht lange verweilen. Wenn es das Gefühl hat, es könne nicht im Herzen bleiben, weil das Herz nicht rein genug ist, dann wird es sich zurückziehen. Doch wenn das Herz rein ist, wirkt dieses Licht zuerst in der Gegend des Herzens, dann kommt es ins Vitale und ins Physische. Es ist nicht notwendig, die sichtbare Gegenwart des Lichtes wiederzugewinnen. Wenn du auf dem spirituellen Pfad vorwärtsgehst, willst du nicht in erster Linie Licht, sondern Gottes ständige Anteilnahme für dich, Gottes wirkliche Liebe, Gottes wirklichen Segen. Wenn du Gottes Anteilnahme erhältst, kann sie die Form von Licht, Frieden, Kraft oder von irgendetwas anderem annehmen. Wenn ein Anfänger Licht sieht, hat er das Gefühl, er mache außerordentlich viel Fortschritt. Bis zu einem gewissen Grad ist das wahr. Wenn Gott dir Licht zeigt, wirst du natürlich inspiriert sein, tief in das Meer der Spiritualität zu tauchen. Doch wenn Gott fühlt, dass du Frieden und nicht Licht brauchst, dann wird Er auf eine andere Art durch dich wirken. Du versuchst, die wunderschöne Anwesenheit dieses Lichtes wiederzugewinnen. Doch wenn du dieses Licht siehst, wird es dich nicht völlig erfüllen, weil du Gott nicht auf Seine eigene Art und Weise erfüllst. Dein höchstes Ziel besteht darin, Gott auf Seine eigene Art und Weise zu gefallen. Wenn Gott dir eine Erfahrung gibt, solltest du Ihm zutiefst dankbar sein. Und wenn Er dir keine Erfahrung gibt, solltest du ebenfalls dankbar sein, denn Er weiß, was für dich am besten ist. Es ist deine Aufgabe, seelenvoll zu meditieren, und es ist Gottes Aufgabe, dir Licht, Frieden oder Kraft zu geben. Gott wird dir geben, was Er hat und was Er ist, wenn du Ihm gibst, was du hast und was du bist. Was du hast, ist Unwissenheit, und was du bist, ist Strebsamkeit. Meine Bitte an dich ist also, Gott auf Seine eigene Art und Weise zu gefallen und dir nicht über das, was du einst hattest und was dir nun fehlt, Gedanken zu machen.
Könntest du bitte über die Aura sprechen, die man in der Meditation sieht?
Sri Chinmoy: Jeder einzelne Mensch besitzt eine Aura. Manchmal kann man diese Aura während der Meditation sehen, manchmal sieht man sie aber auch, wenn man sich konzentriert oder sogar, wenn man schläft. Es gibt keine direkte Beziehung zwischen der Meditation und der Aura, außer dass du dich während des Meditierens in völligem Frieden befindest und es für dich dann leichter wird, eine Aura zu sehen.
Kürzlich habe ich ganz deutlich eine Kraft gespürt, welche die Menschen um sich aufbauen, wenn sie sich schützen oder zu niemandem sprechen wollen. Diese Kraft ist wie ein fester Gegenstand, wie eine Mauer. Bildet man sie bewusst oder unbewusst?
Sri Chinmoy: Gewöhnlich baut man sie bewusst auf. Einige Sucher haben das Gefühl, dass sie Schutz brauchen, um ihr hohes Bewusstsein beizubehalten, wenn sie mit unstrebsamen Leuten zusammen sind. Sie haben Angst, das Bewusstsein der unstrebsamen Leute würde wie ein Pfeil in sie eindringen und ihr inneres Streben zerstören. Deshalb bauen sie bewusst eine Mauer um sich auf. Gewöhnliche Menschen, die nicht streben, sind manchmal sehr unsicher und bauen ebenfalls eine Mauer um sich auf. Sie befürchten, die anderen nähmen den kleinen Reichtum weg, den sie besitzen. Spirituelle Meister bauen diese Mauer manchmal auf, um sich vor den Angriffen der Welt um sie herum zu schützen. Es gibt Leute, die zu einem spirituellen Meister kommen und nichts annehmen wollen. Sobald der Meister ihnen Frieden oder Licht geben will, greifen sie ihn innerlich an. Oder es kommen Leute zu einem Meister, die nicht wissen, was sie wollen. Wenn ihnen dann zum Beispiel Frieden, Licht oder Glückseligkeit angeboten wird, haben sie das Gefühl, es sei etwas Unbekanntes, etwas Fremdes, und so weisen sie es heftig zurück. Oder sie kommen mit enormen Erwartungen und Forderungen zu dem Meister und sagen: "Gib mir, gib mir, gib mir!" Doch wenn der Meister ihnen gibt, was sie brauchen, sind sie nicht zufrieden und greifen ihn innerlich an. Aus diesem Grund schafft sich der Meister eine Art Schutzschild als Selbstschutz. Jeder Mensch besitzt eine besondere Aura, derer er sich nicht bewusst ist. Diese Aura umhüllt den Menschen von Kopf bis Fuß und schützt ihn bewusst. Wenn wir meditieren, können wir sehen, dass es eine Aura gibt, die sich ständig um uns dreht. Vielleicht sehen wir auch andere Auren, zum Beispiel hinter Bildern von Buddha oder Jesus. Gewöhnlich bewegen oder drehen sich diese Auren nicht. Doch die Aura, die wir alle haben, dreht sich ständig um uns. Diese Aura ist ein starker Schutz auf der physischen, vitalen und mentalen Ebene, aber sie schützt nicht das ganze Wesen. Erst durch Gebet und Meditation wird diese Aura kraftvoll. Mit jedem Tag, an dem wir beten und meditieren, wird diese Aura stärker; sie bewegt sich dann sehr schnell. Wenn die Bewegung sehr schnell wird, gewinnt die Aura gewaltige Stärke, mit welcher sie das ganze Wesen schützen kann.
Beim Meditieren fühle ich oft eine Spaltung in meinem Bewusstsein. Ein Teil meines Bewusstseins befindet sich in tiefer Meditation, während ein anderer Teil meines Bewusstseins beobachtet und das Geschehen kommentiert. Was bedeutet das?
Sri Chinmoy: Es sollte keine Spaltung in deinem Bewusstsein geben. Wenn du richtig meditierst, wird dein Bewusstsein zu einer Einheit. Wenn du das Gefühl hast, dass ein laufender Kommentar sich ständig in dir abspult, so ist entweder dein Verstand, dein Vitales oder dein Physisches nicht vollständig eins mit deiner Meditation. Dein Herz und deine Seele meditieren voller Hingabe, doch dein Verstand ist vielleicht woanders. Auf unserem Pfad schenken wir dem Herzen mehr Aufmerksamkeit als dem Verstand. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir den Verstand nicht beachten oder vernachlässigen. Der Verstand muss mit dem Herzen eins werden, damit die Seele beide zusammen tragen kann. Wenn du meditierst, will dein Verstand manchmal nicht neben dem Herzen sitzen oder eins mit ihm werden. Das ist der Grund, weshalb du dir einer Spaltung in deinem Bewusstsein gewahr wirst. Sie kommt von deinem Verstand. In deinem Fall kommt sie sehr selten vom Vitalen. Eine unserer Upanishaden führt drei verschiedene Arten der Meditation auf: 'grobe' Meditation, 'subtile' Meditation und 'transzendentale' Meditation. Deine Erfahrung spielt sich auf der ersten Stufe ab. Obwohl du eine sehr hohe Meditation hast, fühlst du, dass nicht dein ganzes Wesen dabei ist. Obwohl du in deinem psychischen Bewusstsein eine sehr hohe Meditation hast, kann sie nicht wirklich Früchte tragen, weil nicht alle Mitglieder deiner inneren Familie daran teilnehmen. Auf der zweiten Stufe der Meditation wirst du sehen, dass du dir deines Bewusstseins ganz gewahr und eins mit ihm geworden bist. In diesem Stadium wirst du sehen und fühlen können, was Bewusstsein ist, während du vorläufig bloß den Ausdruck 'Bewusstsein' verwendest. Jeden Augenblick wirst du den göttlichen Lichtstrahl, das alldurchdringende Licht, das dich mit dem Höchsten vereint hat, in dir sehen können. Auf dieser Stufe der Meditation wirst du zum Bindeglied zwischen Erde und Himmel. Es gibt noch eine dritte Stufe, die höchste Stufe der Meditation. Auf dieser Stufe wirst du dich sowohl als Meditierender als auch als Meditation sehen und fühlen können. Hier treffen sich Schauender und Geschautes. Dies geschieht nur im höchsten transzendentalen Bewusstsein, wenn man über den Tanz der Natur hinausgeht. Der Tanz der Natur bedeutet hier Versuchung, Frustration, Bedrückung, Angst, Furcht, Eifersucht, Misserfolg und so weiter. Das heißt jedoch nicht, dass man in seiner groben Meditation nicht in seine tiefste Meditation gehen kann. Man kann das wohl, doch nur ein Teil - dein Herz und deine Seele - werden sich dieser tiefsten Meditation erfreuen; das Physische, das Vitale und der Verstand können zu diesem Zeitpunkt nicht in die tiefste Meditation gehen. Deshalb nennt man diese Meditation 'grobe' Meditation.
Ich spürte einmal während meiner Meditation, dass meine Seele den Körper verließ.
Sri Chinmoy: Während der Meditation kann die Seele aus dem Körper austreten. In gewissen Fällen kommt die Seele so kraftvoll zum Vorschein, dass das physische Bewusstsein den Körper entweder ganz verlässt, zur Seite geschoben oder durch das Licht der Seele völlig erleuchtet und transformiert wird.
Wenn ich meditiere, habe ich manchmal das Gefühl, mein Körper bewege sich rhythmisch, doch wenn ich meine Augen öffne, sehe ich, dass ich mich überhaupt nicht bewege.
Sri Chinmoy: Die Bewegung, die du hier fühlst, ist eine Bewegung in der inneren Welt, in deinem subtilen Körper. Diese Wirklichkeit hat sich noch nicht auf der physischen Ebene manifestiert und braucht das auch nicht zu tun. Wenn du während des Meditierens das Gefühl hast zu fliegen, dann musst du diese Bewegung nicht auf der physischen Ebene manifestieren. Wenn du jedoch tiefen Frieden in dir fühlst, dann solltest du sofort versuchen, diesen Frieden in deinen Augen, in deinem physischen Bewusstsein zu manifestieren. Hier auf der Erde gibt es sehr wenige Leute, die Frieden besitzen. Wenn du Frieden in die äußere Welt bringst und ihn hier manifestierst, löst du die Probleme der gesamten Welt. Die Welt braucht Frieden, die Welt braucht Liebe, die Welt braucht alle göttlichen Eigenschaften. Dein Ziel ist es, Frieden, Licht und Glückseligkeit zu sehen, zu fühlen und sie in deinem äußeren Leben hervortreten zu lassen. Indem du diese göttlichen Eigenschaften manifestierst, kannst du der Menschheit dienen und Gott erfüllen.
Wenn ich meditiere, fühle ich mich innerlich sehr stark und äußerlich sehr weich. Doch sobald ich tiefer komme, beginne ich mich auszudehnen. Was bedeutet das?
Sri Chinmoy: Das ist ausgezeichnet. Du fühlst dich innerlich stark, weil du göttlichen Frieden, göttliche Glückseligkeit und Licht in dein System herabbringst. Je mehr du diese göttlichen Kräfte bewusst und voller Hingabe von oben herabbringst, um so stärker wirst du innerlich. Und diese Segnungen von oben helfen dir, dein Bewusstsein auszudehnen. Äußerlich fühlst du dich weich. Doch es ist nicht eigentlich Weichheit. Es ist innerer Friede und inneres Vertrauen, die in deinem äußeren Wesen wachsen. Wenn du grenzenlose innere Stärke hast, musst du sie nicht äußerlich zur Schau stellen. Du brauchst deine Fäuste nicht zu ballen. Du bist entspannt, weil dir deine innere Stärke inneres Vertrauen gegeben hat. Du benimmst dich wie ein göttlicher Held. In jedem Augenblick weißt du, dass du deinen Feind besiegen oder jedes Hindernis überwinden kannst; deshalb bist du äußerlich entspannt.
Manchmal berühre ich nach der Meditation Gegenstände und habe das Gefühl, sie seien nicht fest, sondern flüssig. Sie verlieren ihren festen Zustand. Was bedeutet das?
Sri Chinmoy: In Wirklichkeit verlieren sie ihre Festigkeit nicht. Wenn du nach einer tiefen Meditation eine Mauer oder irgendeinen festen Gegenstand berührst und du das Gefühl hast, er sei weich und du könntest durch ihn hindurchdringen, dann solltest du wissen, dass sich dein Bewusstsein mit den Gegenständen um dich herum identifiziert hat. Wenn du aus einer tiefen Meditation herauskommst und etwas berührst, kannst du dein eigenes Bewusstsein in diesem Gegenstand spüren. Der feste Gegenstand hat dich angenommen und dich umarmt, er hat die Türe seines Herzens geöffnet, um mit dir eins zu werden. Wenn ich jemanden aus meinem höchsten Bewusstsein heraus berühre, ist dieser Mensch vielleicht nicht in seinem höchsten Bewusstsein. Sein Verstand bewegt sich vielleicht hierhin und dorthin. Doch wenn ich mich bewusst mit diesem Menschen identifiziere, kann ich sofort in ihn eintreten und eins mit dem Bewusstsein dieses Menschen werden.
Wenn ich meditiere, dringe ich in die innere Welt ein und sehe manchmal Dinge, die sich ein paar Monate später in der äußeren Welt materialisieren. Sollte ich versuchen, das zu transzendieren?
Sri Chinmoy: Du gehst in deiner Meditation in die Welt der Seele. Es besteht keine Notwendigkeit, das zu transzendieren. Du solltest dir jedoch bewusst sein, ob du nach diesen Dingen verlangst. Wenn du meditierst, um herauszufinden, was in der Zukunft geschieht, dann musst du diesen Wunsch überwinden. Wenn du während der Meditation sagst: "O Gott, sag mir, was meinem Mann oder meinem Sohn zustoßen wird", dann ist das ein Fehler. Doch wenn du einfach versuchst, tief in dich zu gehen und eine tiefe Meditation zu erfahren, dann kann ich dir versichern, dass Gott dir diese Dinge für einen göttlichen Zweck zeigen will. Du solltest nicht versuchen, diese Erfahrungen zu transzendieren, weil du in diesem Fall Gottes Willen erfüllst und nicht deinen eigenen Wunsch.
Wenn ich meditiere, sehe ich innen und außen, dass alles lebt und Millionen von Formen hat. Ich sehe etwas wie eine lebendige Anwesenheit in allem. Kannst du mir das erklären?
Sri Chinmoy: Gott ist in allem. Und wo Gott ist, da ist unweigerlich Leben. Wo Leben ist, ist Gott, und wo Gott ist, da ist Leben. Hier drückt sich das Eine durch viele Formen und Gestalten aus. Schau eine Lotosblume an. Es ist eine Blume, doch sie zeigt sich uns mit vielen Blütenblättern und Blättern, mit Blütenstengeln und Blütenstaub. In einer Lotosblume siehst du die Manifestation des Einsseins durch verschiedene Formen. Du kannst einen Teil dieser Lotosblume - zum Beispiel das Blatt - berühren und sagen: "Dies ist der Lotos." Dann berührst du einen anderen Teil, zum Beispiel den Blütenstengel und sagst wieder: "Dies ist der Lotos." Gott ist in allen Teilen der Blume; deshalb fühlst du, dass jeder Teil das Ganze ist. Wo auch immer Leben ist, da ist Gott. Gott ist grenzenlos in Seinem Ausdruck. Er ist grenzenlos in Seiner Manifestation.
Während meiner Meditation habe ich manchmal das Gefühl, mein physisches Herz höre für ein paar Sekunden auf zu schlagen. Das beängstigt mich.
Sri Chinmoy: Wenn du fühlst, dass das physische Herz aufhört zu schlagen, ist das eine sehr gute Erfahrung. Du brauchst dich nicht zu fürchten, du wirst nicht sterben. Es bedeutet bloß, dass sich das Physische in dir dem Spirituellen in dir völlig hingegeben hat. Viele spirituelle Meister haben bewusst ihren Herzschlag angehalten, um während ihrer Meditation in die höheren Welten eindringen zu können. Doch nur Yogis und spirituelle Meister können das aus eigenem Willen tun. Aus Seinem unendlichen Mitleid heraus hat Gott dir einen Einblick in diese Erfahrung gegeben. Du solltest sehr glücklich sein. Wenn du einmal ein Yogi wirst, kannst du selbst entscheiden, ob du deinen Herzschlag während der Meditation anhalten willst oder nicht. Diese Erfahrung bedeutet bei dir, dass das Physische völlig aufgehört hat zu wirken und das Spirituelle vorherrscht. In einem solchen Augenblick braucht man das Physische nicht.
Wenn ich meditiere, habe ich das Gefühl, mein Kopf dehne sich aus und etwas drücke ihn.
Sri Chinmoy: Es ereignen sich zwei scheinbar gegensätzliche Dinge. Einerseits sagst du, dein Kopf dehne sich aus. Das ist das gereinigte Bewusstsein, welches sich in deinem Verstand ausdehnt. Andererseits versucht dein unreines Bewusstsein, mit Gewalt Licht von oben herabzuziehen. Dabei spürst du einen schweren Druck.Wenn die reinen Kräfte in uns etwas von oben herabziehen wollen, dann gibt es keinen Druck. Wenn unsere kleine Göttlichkeit hinaufschaut und die höchste Göttlichkeit einlädt, herabzukommen, erkennt sie ihr Einssein mit dem Höchsten. Sie ist wie ein Kind, das seinen Vater sieht. Das Kind hat keine Angst, weil es seinen eigenen Vater kennt. Es ruft seinen Vater, und sein Vater kommt zu ihm. Doch wenn es den Vater einer anderen Familie ruft, hat es vielleicht Angst vor ihm. Es fürchtet vielleicht, dass dieser Mann ärgerlich wird, und fragt: "Warum hast du mich gerufen?" Weil es diesen Mann nicht kennt, fühlt das Kind sich unwohl und hat Angst. Die höchste Göttlichkeit kommt in ganz ähnlicher Weise bereitwillig herab, wenn der unreine Verstand Sie einlädt, doch die unreinen Gedanken haben Angst. Sie glauben, sie würden zerdrückt. Es entsteht kein vertrautes Gefühl. Doch das Göttliche in uns bekommt ein vertrautes Gefühl, wenn es sieht, dass die höchste Göttlichkeit herabkommt. Das Ungöttliche in uns fürchtet sich jedoch immer vor dem Göttlichen, auch wenn es manchmal das Göttliche sehen will. Es fühlt sich unwohl, und das erzeugt einen starken Druck im Kopf.
Samadhi: Die Höhe des göttlichen Bewusstseins
Welche Art Bewusstsein fühlst du in anderen Menschen, wenn du sie im höchsten Samadhi anschaust?
Sri Chinmoy: Wenn man sich im höchsten transzendentalen Samadhi befindet, dann verschwindet die physische Persönlichkeit der anderen. Wir sehen die anderen nicht als Menschen. Wir sehen nur einen Bewusstseins-Strom, der wie ein Fluss in den Ozean mündet. Wer in höchster Trance ist, wird zum Ozean, und wer sich in einem niederen Bewusstseins-Stadium befindet, stellt den Fluss dar. Der Fluss fließt ins Meer und wird eins mit dem Meer. Wer sich des höchsten Samadhis erfreut, bemerkt in anderen keine Individualität oder Persönlichkeit mehr. Ein Mensch, der sich nicht im Stadium dieses Samadhis befindet, ist ein Bewusstseins-Strom, während derjenige, der sich im Samadhi befindet, zum Meer von Frieden und Licht geworden ist.
Lehrst du deine Schüler irgendeine besondere Technik, um das Samadhi zu erreichen?
Sri Chinmoy: Nein. Samadhi ist ein sehr hohes Bewusstseinsniveau. Wenn ein Anfänger in den Kindergarten kommt und den Lehrer fragt, wie er sich auf seinen Doktortitel vorbereiten solle, dann wird der Lehrer lachen. Er wird sagen: "Wie kann ich dir das erklären?" Bevor wir bereit sind zu versuchen, das Samadhi zu erreichen, müssen wir durch viele, viele, viele innere spirituelle Erfahrungen gehen. Dann kommt die Zeit, wo der Meister sieht, dass der Schüler bereit ist, ins Savikalpa Samadhi einzutreten. Nirvikalpa Samadhi steht für die Sucher gegenwärtig ganz außer Frage. Man muss ein sehr weit fortgeschrittener Sucher sein, bevor man nur daran denken kann, das Savikalpa Samadhi zu erreichen. Nirvikalpa Samadhi erhält man nur in den höchsten Stufen der Strebsamkeit. Ich habe leider keinen einzigen Schüler, dem ich helfen könnte, in dieses Bewusstsein zu kommen. Ich bin sehr stolz auf meine Schüler. Einige sind sehr aufrichtig und ergeben, und machen sehr schnellen Fortschritt; doch es ist noch nicht an der Zeit, dass sie daran denken können, in Samadhi einzutreten. Ich möchte allen Suchern sagen, dass die spirituelle Leiter eine ganze Anzahl Sprossen hat. Wir müssen Sprosse um Sprosse hinaufklettern. Samadhi liegt für meine Schüler und die große Mehrheit der spirituellen Sucher auf der Erde gegenwärtig in weiter Ferne.
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