Vegetarische Lebensweise

Aus den Schriften von Sri Chinmoy.

Befolgst du im Zusammenhang mit deiner Meditation irgendwelche Ernährungsegeln? Ist es zum Bespiel notwendig, Vegetarier zu sein, wenn man ein spirituelles Leben führen möchte?

Sri Chinmoy: Die vegetarische Ernährung spielt im spirituellen Leben eine sehr wichtige Rolle. Reinheit ist für einen Sucher von größter Bedeutung. Diese Reinheit müssen wir im physischen, vitalen und mentalen Bereich verankern. Wenn wir Fleisch und Fisch essen, dringt das aggressive, tierische Bewusstsein in uns ein. Unsere Nerven werden erregt; sie werden rastlos und aggressiv, und dies kann unsere Meditation behindern. Andererseits helfen uns die milden Eigenschaften von Früchten und Gemüse, sowohl in unser inneres wie in unser äußeres Leben Süße, Milde, Einfachheit und Reinheit zu bringen. Wenn wir vegetarisch leben, hilft das unserem inneren Wesen, seine eigene Existenz zu stärken. Innerlich beten und meditieren wir; äußerlich hilft uns die Nahrung, die wir von der Mutter Erde zu uns nehmen, indem sie uns nicht nur Energie, sondern auch Strebsamkeit schenkt.

Es gibt Länder auf der Erde, wo es außerordentlich kalt ist und wo es für die Menschen unmöglich scheint, nur von Gemüse allein zu leben. Was können sie tun? Sie müssen Fleisch essen. Oder es gibt andere aufrichtig Suchende, deren körperliche Konstitution sehr schwach ist. Seit ihrer Kindheit haben sie Fleisch gegessen, und nun haben sie eine solche Gewohnheit entwickelt – man könnte sagen, solch eine schlechte Gewohnheit – dass sie es ohne Fleisch keinen einzigen Tag lang aushalten würden. Einerseits haben sie ein aufrichtiges inneres Streben, aber andererseits sträubt sich ihr Körper. In solchen seltenen Fällen können auch Sucher Fleisch essen.

Viele spirituelle Sucher sind zu der Erkenntnis gelangt, dass ein Vegetarier im spirituellen Leben schnellen Fortschritt machen kann. Aber zusätzlich zur vegetarischen Ernährung muss man beten und meditieren. Auf der Erde leben Millionen von Menschen vegetarisch, aber es gibt hier keineswegs Millionen von gottverwirklichten Seelen. In Indien ist es Witwen verboten, Fleisch zu essen. Trotz meiner tiefsten Liebe und Hochachtung für die indischen Witwen muss ich leider sagen, dass sie keineswegs gottverwirklichte Seelen sind. Für die Gottverwirklichung braucht man Strebsamkeit, einen inneren Schrei. Wenn man Strebsamkeit besitzt, fördert die vegetarische Ernährung den Fortschritt, da die Reinheit des Körpers dem inneren Streben hilft, intensiver und seelenvoller zu werden. Das heißt wiederum nicht, dass man Gott nicht verwirklichen wird, wenn man nicht vegetarisch lebt. Jesus, Vivekananda und viele andere spirituelle Meister aßen Fleisch und sie verwirklichten Gott.